"In den drei Stunden am Sonntag stecken viel Arbeit und Blut", sagt Sebastian Vollmer. Wenn am Wochenende wieder tausende deutsche Football-Fans (und Millionen auf der ganzen Welt) den ersten "verdammten Sonntag" der neuen NFL-Saison verfolgen, sollten sie an die Worte des Ex-NFL-Stars denken. Der Rheinländer weiß wohl am besten wie hart die schillernde Liga ist. Er ist mit zwei Super-Bowl-Titeln der erfolgreichste deutsche Spieler in der Geschichte der NFL.
Pünktlich zum Saisonstart veröffentlicht der ehemalige Offensive Tackle und "Bodyguard" von Superstar Tom Brady seine Biographie (beim Riva-Verlag am 10.09.2018). In dem Buch erzählt er seinen Weg von den Düsseldorf Panther bis zu seinem Karrierende nach. Das Vorwort schrieb kein geringer als der GOAT ("Greatest of all Time") und sein guter Freund Tom Brady, der besonders Vollmers Persönlichkeit in den Vordergrund stellt.
Vollmer bei dem, was er am besten konnte: Er schützt seinen Quarterback Tom Brady.Bild: imago sportfotodienst
Mit watson sprach der 34-Jährige über das härteste, was die NFL von ihm forderte, die schweren Entscheidungen gegen seinen Körper und er erklärt, wie deutsche Talente es am besten in die NFL schaffen können. Und er gab noch einen MVP-Tipp ab, der Brady nicht freuen dürfte.
Wie fühlt es sich an, wenn der Tom Brady, der GOAT der NFL, so warme Worte über einen
findet? Sebastian Vollmer: Die Beziehung zwischen
mir und Tom ist eine sehr gute Freundschaft. Wir kennen uns seit zehn Jahren
und ich habe ihn mehr gesehen als meine eigene Frau. Wir haben täglich
zusammengearbeitet. Aber natürlich ist das schön so warme Zeilen über sich zu
lesen, gerade wenn man als Footballer sonst viel über den Sport gesprochen hat.
Es bedeutet mir sehr viel, dass er sich die Zeit genommen hat.
"Ich habe Tom Brady mehr gesehen als meine eigene Frau."
Fast alle Menschen, die
Tom Brady erlebt haben, sprechen nur in den höchsten Tönen über ihn. Wieso?
Auf der einen Seite ist
es sein Können auf dem Footballfeld seit 20 Jahren als Profi und die Fähigkeit,
dass er andere Sportler immer besser macht. Er hat mich besser gemacht, weil er
den Ball schnell weggeworfen hat und die Receiver, weil seine Würfe so genau
bei ihnen landen.
Und persönlich?
Selbst seine Gegner
finden ihn toll, weil er so schwer zu schlagen ist. Und, weil Tom nie schlecht
über andere Menschen redet. Tom ist einer der wenigen Menschen, die sehr
ehrlich sind und nie schlecht hinter dem Rücken anderer sprechen. Deshalb haben
alle so einen unglaublichen Respekt.
Alles andere in deiner
Football-Karriere war härter als seine Worte: Abgesplitterte Knochen,
Gegenspieler, die dich bewusst verletzen wollen und die Patriots, die
dich einfach fallen lassen. War es so schlimm?
Football ist wie in
jedem Beruf: Es gibt Schattenseiten. Wenn ich jetzt zurückblicke, ist nicht
alles so gelaufen, wie ich es mir vorgestellt hätte. Aber ich habe keinen
Argwohn gegen die Patriots oder gegen jemand anderes. Ich habe meinen Traum
gelebt. Ich wollte mit den kritischen Passagen auch zeigen, dass die Welt der
NFL mehr ist, als nur drei schöne Stunden am Sonntag. Die NFL ist nicht nur der
Gewinn des Super-Bowls, sondern kann richtig hart sein. In den drei Stunden stecken
viel Arbeit und Blut.
Das ist Sebastian Vollmer
Vollmer wurde 1984 in Düsseldorf geboren und machte 2003 sein Abitur in Neuss. Er kam über die Düsseldorfer Panther, die deutsche Nationalmannschaft und das Collegeteam Houston Cougars in die US-amerikanische Profiliga NFL.
In seinen sieben Jahren bei den New England Patriots wurde er zweimal Superbowl-Champion (2014 und 2016) und zum All Pro, einem der besten Spieler auf seiner Position. Seit seinem Karriereende 2017 ist er NFL-Experte bei "ran".
Was war das härteste,
was dir in deiner NFL-Karriere passiert ist?
Alle Verletzungen.
Dieser ständige und unausweichliche Schmerz, der dich die ganze Zeit begleitet.
Ich konnte nie schlafen und bin im 30-Minuten-Takt aufgewacht, weil ich mich
wieder auf die Schulter gedreht habe. Reha, Operation, aufs Feld, dann alles
von vorne. Das härteste war meine persönliche Gesundheit für den Sport ständig
aufs Spiel zu setzen.
Wirst du dein Leben lang
weiterhin Schmerzen haben?
Ich hab als 150
Kilo-Mann gespielt und mittlerweile 35 Kilo verloren. Das hilft beim Treppensteigen und es ist nicht ganz so schmerzhaft in den Knien. Ich lebe auch
deutlich gesünder. Ich stehe wie als Profi schon jeden Tag um 5 Uhr auf und
gehe trainieren. Diese anderthalb Stunden am Morgen und diese Routine tut mir
gut.
Aber ich trainiere nicht mehr so hart wie früher, sondern eher um
fit und gesund zu sein. Das hilft. Aber ja, ich werde mein Leben lang Schmerzen
haben. Doch das ist in Ordnung, das war mir bewusst und die Ärzte haben mir oft
genug eine Karriereende ans Herz gelegt. Und ich war damals mit dem Risiko
einverstanden, also muss ich es heute auch sein.
Kein seltenes Bild: Vollmer wird verletzt abtransportiert.Bild: imago sportfotodienst
Wie schwer ist diese
Entscheidung, dem Erfolg das eigene körperliche Wohl und auch die Familie
unterzuordnen?
Das ist eine sehr
berechtigte Frage. Das sind schwierige Entscheidungen und oft ein Zwiespalt,
der nicht einfach zu lösen ist. Aber viele Dinge entscheidet man, wenn man noch
jung ist. Man wächst da ja irgendwie rein mit 16 oder 17, wo man noch nicht an
Familie denkt und auch körperlich fit ist. So einfach ist das nicht zu erklären
und es ist eine sehr persönliche Entscheidung. Das ist mein Körper und meine
Spätfolgen, die ich tragen muss. Und diese Entscheidung habe ich so getroffen
und würde sie immer wieder so treffen.
Du beschreibst in deinem Buch immer wieder, wie wichtig harte Arbeit ist.
Vergessen das junge Talente oft?
Harte Arbeit und
Verzicht können einen sehr, sehr weit tragen. Mich hat die Einstellung jeden Tag
besser werden zu wollen bis zu meinem höchsten Ziel gebracht. Ich hatte sehr
viele Dinge, die ich Football untergeordnet habe und auch musste: Alkohol,
Partys, Urlaub. Das ist eine harte Entscheidung und das vergessen viele Fans
oder junge Talente.
SO sieht das ab kommender Woche erhältliche Buch aus.bild: riva
Du wurdest in den USA entdeckt, als du mit der deutschen
Jugendnationalmannschaft unterwegs warst und bist dann aufs College gekommen.
Haben es deutsche Talente heute leichter als du damals?
Vielleicht. Ich glaube
Talent setzt sich immer durch, egal woher man kommt. Die Deutschen stehen den
Amerikanern in nichts nach im Physischen. Das Einzige ist die
Football-Ausbildung. Bei uns fangen viele erst als Teenager an, in den USA
schon als Kinder. Deswegen ist die Football-Ausbildung auf einem College sehr
wichtig. Ich war damals noch einer der einzigen, heute gibt es viele Deutsche,
die den Sprung wagen.
Der NFL-Saison-Ausblick von Sebastian Vollmer
Wer wird MVP? Aaron Rodgers Welche 5 Teams sollten wir auf dem Zettel haben? Die Eagles, die Patriots, die Jaguars, die Rams und die Packers.
Welchen deutschen Spielern traust du den Schritt in die NFL zu? Ich glaube, dass Kasim Edebali es wieder packen kann, auch wenn er gerade noch nach einem Team sucht. Derzeit wurden sehr viele Spieler entlassen und die NFL gleicht einem Viehmarkt. Er ist gut und wird bestimmt noch was finden. Aber ich gönne es allen und will, dass alle unterkommen und ihren Traum leben können.
Was muss passieren,
damit wir einen neuen Vollmer in der NFL sehen?
Es ist wichtig, dass die
NFL noch größer wird in Deutschland, damit noch mehr junge Menschen den Sport
kennen lernen. Aber in den letzten zehn Jahren ist die Popularität schon
gewachsen. Aber die müsste sich noch mehr steigern, damit es in Deutschland
bald schon eine Football-Grundausbildung gibt.
Zwei Deutsche in der NFL: Vollmer (links) und Markus Kuhn.Bild: imago sportfotodienst
Was sollten deutsche
Talente tun, um in der NFL zu landen?
Ich hatte viel Hilfe von
Trainern, Scouts, Eltern und so. Da hatte ich Glück und das braucht man auch
unbedingt. Mein Freund Markus Kuhn, der als Deutscher vier Jahre bei den New
York Giants spielte, ist einen anderen Weg gegangen: Er hat Highlight-Videos von
sich geschnitten und die an Colleges geschickt. Das hat auch geklappt und ist
ein guter Weg. Deutsche Spieler dürfen von sich selbst überzeugt sein und
sollten einfach dafür kämpfen.
Der Poker um die TV-Rechte der Bundesliga bringt mehr Verlierer als Gewinner hervor
In seiner Kolumne schreibt der Fanforscher Harald Lange exklusiv auf watson über die Dinge, die Fußball-Deutschland aktuell bewegen.
Die mit Spannung erwartete Wiederholung des Verkaufs der Bundesliga-TV-Rechte hat zumindest in einem Punkt einen glasklaren Gewinner: Dazn bekommt die begehrte Konferenz am Samstagnachmittag um 15:30 Uhr. Das berichteten mehrere Medien übereinstimmend. Gleichzeitig darf Sky die Topspiele am Samstag um 18:30 Uhr live übertragen. Klingt nach Kuddelmuddel, spült der Deutschen Fußball Liga (DFL) aber Geld in die Kassen.