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Klub-WM: Christoph Kramer teilt Skepsis – TV-Erfolg erst in zehn Jahren

Fraglich, wie viele Fans von Inter Mailand und dem FC Bayern wirklich zur Klub-WM in die USA reisen werden.
Fraglich, wie viele Fans von Inter Mailand und dem FC Bayern wirklich zur Klub-WM in die USA reisen werden. bild: dazn
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Christoph Kramer: "In zehn Jahren werden alle denken: 'Boah geil, wieder Klub-WM'"

Die neue Klub-WM mit 32 Teams spaltet vor ihrer ersten Ausgabe in den USA die Gemüter. Im watson-Interview spricht Christoph Kramer über die Bedeutung in Deutschland und das größte Problem der wachsenden Belastung für die besten Spieler der Welt.
11.06.2025, 13:2311.06.2025, 13:23
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Watson: Christoph, bist du schon im WM-Stimmung?

Christoph Kramer: Noch nicht so wirklich.

Woran liegt es?

Alles, was neu ist, ist ja erstmal etwas schwierig und man muss sich darauf einstellen. Aber wenn die Klub-WM startet, kann die Stimmung auf jeden Fall aufkommen. Denn ich bin grundsätzlich immer daran interessiert, wie unterschiedlich die Spielstile der verschiedenen Ligen und Länder sind.

In Deutschland hat die Klub-WM nicht das beste Standing. Müssen wir die Relevanz des Wettbewerbs überdenken?

Die Euphorie ist aktuell tatsächlich nicht groß. Aber in zehn Jahren wird die Klub-WM normal sein und alle werden sich denken: 'Boah geil, wieder Klub-WM. Wie cool ist das denn!' Die Einschaltquoten beim Turnier werden in zehn Jahren auch deutlich höher sein als jetzt im ersten Jahr.

Experte Christoph Kramer ZDF schaut, UEFA Champions League Final 2025, Paris Saint-Germain and FC Internazionale Milano, Allianz Arena am 31. May 2025 in M
Christoph Kramer erwartet große Änderungen im Fußball – auch wegen der Klub-WM. Bild: imago images / Marco Steinbrenner

Kann es nach einer langen Saison und einer EM im vergangenen Sommer ein qualitativ hochwertiges Turnier werden?

Egal, wie wenig Lust du hast: Wenn du am Ende auf dem Platz stehst, willst du auch gewinnen. Daher glaube ich, dass es qualitativ kein großer Unterschied zur laufenden Saison sein wird. Aber natürlich ist die Gesamtsituation ein bisschen ungünstig.

"Du brauchst diese Erholungsphasen nicht unbedingt für deinen Körper, sondern vor allem für deinen Kopf."

Du meinst die Nations-League-Endrunde, die eine Woche vor Turnierstart stattgefunden hat.

Genau. Man muss sich als Top-Mannschaft so vorbereiten, dass man zwei komplette Kader hat. Wenn ein Spieler pro Jahr 60 Spiele hat, wird er auf hohem Niveau vielleicht 40 machen. Du brauchst einen Schattenkader von nochmal elf Spielern, die das gleiche Pensum fahren können. Sonst jagst du Spieler ohne vernünftige Rotation immer wieder in Verletzungen. Die Kader werden im Fußball größer werden müssen – auch qualitativ.

Was dann wiederum mehr Arbeit für den Trainer bedeutet.

Richtig. Zwar hat er mehr Spiele zu verteilen, aber Themen wie Unzufriedenheit und mangelnde Spielpraxis werden in Zukunft eine noch höhere Relevanz haben.

Die FC Chelsea hat ein solches Modell in dieser Saison bereits umgesetzt und hat die Conference League gewonnen.

Vom reinen Leistungsgedanken her ist das Modell nicht verkehrt und in diese Richtung wird es künftig gehen. In Sachen Regenerationszeit ist es von großem Vorteil, dass du zwei Teams mit gleichem Wochenrhythmus hast. Aber ich kann mir nur schwer vorstellen, dass so ein funktionierendes Teamgefüge entsteht.

Gerade vor diesem Hintergrund und dass die Spieler immer mehr Geld verdienen wollen, begründen die Top-Teams ihre Teilnahme an der neuen Klub-WM, bei der hohe Prämien gezahlt werden.

Am Ende ist es das alte Lied des Lebens: Money makes the world go round. Und so wird es auch immer sein. Solang das mitgetragen wird und es noch irgendwie geht, wird es immer weiter aufgebläht, bis es irgendwann platzt – oder eben nicht.

Es gab in der Vergangenheit immer wieder Streikandrohungen, weil das Pensum für die Spieler zu hoch ist. Ist das Meckern auf hohem Niveau?

Natürlich ist das Meckern auf hohem Niveau und Fußballprofis wollen immer gerne spielen, aber man muss jetzt auch in die Spieler hineinhorchen.

Was hört man dort?

Dass so eine Saison einfach anstrengend ist, auch für den Kopf. Besonders, wenn du keine vier Wochen Urlaub bekommst, weil du vier Wochen Nations League und vier Wochen Klub-WM spielen musst plus anschließend noch eine EM oder WM ansteht. Für die 100 bis 200 besten Spieler der Welt, die in diesen absoluten Top-Vereinen und Nationen spielen, ist das eine Last, die nicht zu unterschätzen ist.

Dann kommt das Argument, dass es hoch bezahlte Millionäre sind.

Das stimmt, aber man kommt schon an seine Grenzen. Du brauchst diese Erholungsphasen nicht unbedingt für deinen Körper, sondern vor allem für deinen Kopf. Ich glaube auch nicht, dass ein Spieler wirklich mal richtig heftig gemeckert hat. Aber man darf es ruhig ansprechen, weil es einfach verdammt viel ist.

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