Lea Wagner begleitet die deutsche Nationalmannschaft während der EM besonders eng und berichtet aus dem Teamquartier. bild: WDR / Ben Knabe
Interview
Wenn es um die deutsche Nationalmannschaft geht, ist Lea Wagner ganz nah dran. Die 29-Jährige begleitete das DFB-Team beim blamablen WM-Vorrunden-Aus in Katar unter Ex-Bundestrainer Hansi Flick, war bei Julian Nagelsmanns erster Reise als Bundestrainer im vergangenen Oktober dabei und wird auch bei der Heim-EM wieder als Reporterin aus dem DFB-Camp berichten.
Im Interview mit watson spricht die Sportschau-Moderatorin über die Hoffnung auf ein Sommermärchen, die Arbeit vor und hinter der Kamera als ARD-Reporterin und ihre Sicht auf die deutsche Nationalmannschaft.
Lea Wagner (l.), Esther Sedlaczek und Bastian Schweinsteiger sind die Gesichter der ARD-Sportschau.Bild: imago images / ActionPictures
watson: Lea, kannst du dich noch an den 4. Juli 2006 erinnern?
Lea Wagner: War an diesem Tag das WM-Spiel zwischen Frankreich und Togo?
Nein, das war es nicht.
Dann weiß ich es nicht. Was war an diesem Tag?
"Ich kann mich nicht mehr erinnern, was auf dem Rasen passiert ist, aber ich weiß noch, dass es einer der schönsten Sommer meines Lebens war."
Deutschland hat im WM-Halbfinale in der Verlängerung mit 0:2 gegen Italien verloren. Das Sommermärchen war damit vorbei.
Daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Ich durfte ein Spiel im Stadion erleben. Das war Frankreich gegen Togo. Ich war zwölf Jahre alt und zum ersten Mal bewusst im Stadion. Das war eine tolle Erfahrung.
Hat dieses Erlebnis deine Begeisterung für den Fußball geweckt?
Ich würde schon sagen, dass das der ausschlaggebende Punkt war. Wobei in dem Alter damals auch noch nicht der Fußball für mich im Mittelpunkt stand.
Sondern?
Wenn ich 2006 zeichnen würde, wären dort eine Sonne, lachende Menschen, Musik und tanzende Personen. In meiner Erinnerung war das ein einziges Fest. Ich kann mich nicht mehr wirklich erinnern, was auf dem Rasen passiert ist, aber ich weiß noch, dass es einer der schönsten Sommer meines Lebens war.
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Viele haben die Hoffnung, dass der Sommer 2024 ähnlich wird.
Ich würde es mir sehr wünschen. Es wäre wunderschön, wenn man nochmal dieses Gefühl von damals erzeugen kann und sich als offener Gastgeber präsentiert, der mit großer Fröhlichkeit allen anderen Nationen begegnet, seine eigene Mannschaft unterstützt und wieder dieses Zusammengehörigkeitsgefühl entsteht.
Lea Wagner im Gespräch mit DFB-Coach Julian NagelsmannBild: dpa / Federico Gambarini
Nach der umstrittenen WM in Katar ist dein zweites großes Turnier als DFB-Reporterin direkt eine Heim-Europameisterschaft. Macht es deine Arbeit leichter oder schwerer?
Ich würde sagen, die Anspannung ist geringer, weil ich jetzt weiß, was mich ungefähr erwartet. Vor Katar wusste ich nicht genau, wie die Strukturen und Abläufe bei so einem großen Turnier sind und ob ich dem gerecht werden kann. Eine Heim-EM ist jetzt aber natürlich nochmal etwas ganz anderes.
Also ist eine Heim-EM für dich einfacher?
Das würde ich nicht sagen. Ich habe es noch nie journalistisch erlebt und kann es demnach erst hinterher vergleichen. Aber ich weiß, welches Team mit mir vor Ort ist und wie gut wir in Katar funktioniert haben. Wir können uns immer aufeinander verlassen und das gibt mir in schwierigen Situationen Sicherheit und Vertrauen. Es wird sicherlich auch diesmal viel, stressig und mal chaotisch werden. Aber wir sind ein tolles Team beim DFB-Quartier und dann meistert man es am Ende auch gut.
Ändert sich dein Arbeitsalltag dadurch, dass es ein Heim-Turnier ist?
Ich glaube schon. Wir beliefern nicht nur unsere eigene Sendung, die Sportschau. Sondern eben auch die Tagesschau, Tagesschau24, die Tagesthemen, das Morgenmagazin, das Mittagsmagazin – einfach alle ARD-Sendungen. Das Interesse der Menschen an der deutschen Mannschaft wird nochmal viel größer sein als bei der WM in Katar.
Weil bei der EM auch das Sportliche im Vordergrund steht und beispielsweise nicht die Debatte um eine One-Love-Kapitänsbinde?
Genau. Ich hoffe, dass wir in diesem Sommer viel mehr über Fußball sprechen können. Es hat sich in Katar so viel um Politik gedreht, über politische Statements. Da hat es teilweise kaum mehr interessiert, was auf dem Feld passiert.
Du wirst während des Turniers als DFB-Reporterin wieder direkt aus dem Camp in Herzogenaurach und von den Spielen berichten. Wie durchgetaktet ist dein Tagesablauf?
In Katar war es häufig so, dass wir morgens um 7 Uhr zum Camp gefahren sind, um von dort bereits Schalten für das Morgenmagazin zu machen. Anschließend folgten die weiteren Schalten. Dann gab es eine Pressekonferenz und ein Einzelgespräch mit einem Spieler, das für die Sportschau aufgezeichnet wurde. Es folgten wieder Schalten, in denen ich transportiere, was wir im Camp sehen und erleben. Ich bin die ganze Zeit damit beschäftigt, alles genau zu beobachten und aufzunehmen, um immer wieder etwas Neues erzählen zu können.
"Wir sind schon sehr schwankend in unserer Bewertung und da nehme ich mich überhaupt nicht raus."
Setzt du dich selbst unter Druck, an Infos zu kommen, die andere TV-Kolleg:innen nicht haben?
Das Gute ist, dass wir auch in dieser Hinsicht im Team spielen. Bei jeder Schalte habe ich mich vorher mindestens mit einem Redakteur abgesprochen. Ich mache mir vorher Notizen und sage: "Ich würde gern folgende Themen transportieren. Passt das? Hast du noch irgendeine Info oder mit irgendwem telefoniert?".
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Wie muss man sich das in der Praxis vorstellen?
Es war in Katar teilweise so, dass ich innerhalb von drei Stunden vier, fünf oder sechs Schalten hatte. Während ich vor der Kamera spreche, arbeiten wir im Team an neuen Infos, die mir die Kollegen dann vor der nächsten Schalte geben können. Ich stehe zwar vor der Kamera, aber präsentiere vor allem das Wissen unseres gesamten ARD-Teams.
Wie nimmst du die aktuelle Stimmung rund um das DFB-Team im Vergleich zurzeit unter Bundestrainer Hansi Flick vor der WM wahr?
Wir sind schon sehr schwankend in unserer Bewertung und da nehme ich mich überhaupt nicht raus. Zwischen "Aus in der Gruppenphase" und "wir kommen mindestens ins Finale" liegt manchmal nur ein Spiel. Ich will damit nur daran erinnern, dass die Stimmung auch vor der WM in Katar erst sehr gut war. Gerade, nachdem Flick die ersten 13 Spiele als Bundestrainer nicht verloren hatte. Und dann kam ein paar Wochen vor Turnierstart der Einbruch. Erfolg schweißt zusammen und gleichzeitig gibt es kein spaltenderes Element als Niederlagen.
Mit der Verkündung der pinken Trikots, "Major Tom" als inoffizielle EM-Hymne und der Schnitzeljagd bei der Verkündung des EM-Kaders hat der Verband wieder Sympathien bei den Fans gesammelt und für eine Vorfreude gesorgt. Glaubst du, diese positive Grundstimmung hält auch bis zur WM 2026 an?
Ich denke, es ist absolut erfolgsabhängig, ob die deutschen Fans dann hinter dieser Mannschaft stehen und sie unterstützen. Und es wird auch von der Leistung abhängig sein
Wie genau meinst du das?
Wenn die deutsche Mannschaft bei der EM super Spiele zeigt und jeder merkt, dass sie sich absolut reinhauen. Manchmal bist du überlegen und verlierst dennoch unglücklich. Wenn das der Fall ist, kann ich mir vorstellen, dass die Fans geduldiger sind.