watson: Markus, die New York Giants mit zwei Siegen und sieben Niederlagen treffen am Sonntag in München auf die Carolina Panthers mit zwei Siegen und sieben Niederlagen. Macht man so Werbung für die NFL?
Markus Kuhn: Man sieht jetzt nicht das schlechteste Team der Fußball-Bundesliga gegen den Vorletzten der Tabelle spielen. Es ist totaler Quatsch zu sagen, wir haben ein schlechtes Spiel, denn es sind noch immer Top-Athleten, die nach Deutschland kommen. Es treten zwei hochklassige Teams gegeneinander an, bei denen es aktuell einfach nicht läuft.
Bei den Fans ging schnell die Frage rum, was Deutschland der NFL getan hat, um diese Paarung zu erhalten.
Das Spiel wurde nicht letzte Woche entschieden, sondern zu Beginn des Jahres. Jedes Team denkt am Anfang der Saison, sie können den Super Bowl gewinnen und theoretisch können sie es auch.
Also verspricht das Spiel dennoch Spektakel?
Dass ein Super-Bowl-Champion kommt, bedeutet nicht, dass du automatisch ein besseres Football-Spiel siehst. In der NFL gibt es eine Talentdichte, die es so in keiner anderen Sportart gibt, wodurch jeder jeden schlagen kann.
Du hast deine Karriere bei den Giants begonnen, als Football in Deutschland noch unter dem Radar lief. Jetzt spielen sie in deinem Heimatland. Schließt sich für dich ein Kreis?
Definitiv. Das wird für mich ein emotionaler Moment. Ich habe jahrelang sehr dafür gekämpft, dass sie sich für den deutschen Markt interessieren. Die Giants sind der Grund für meine Kariere und warum ich noch bis heute in Amerika lebe. Dass sie jetzt in Deutschland spielen, ist eigentlich fast absurd.
Du wirst das Spiel für RTL gemeinsam mit Sebastian Vollmer an der Seitenlinie begleiten. Hast du während deiner aktiven Karriere in der NFL schon an die Zeit danach gedacht?
Ja, das habe ich.
Inwiefern?
Junge Athleten wollen das häufig nicht hören, aber ihnen wird früh eingetrichtert, dass sie an die Zeit nach der Karriere danach denken sollen. Es ist die beste Möglichkeit, um Beziehungen zu knüpfen und Dinge für die Zeit danach auf die Beine zu stellen.
War es für dich während deiner NFL-Zeit denkbar, irgendwann als TV-Experte vor der Kamera zustehen?
Ehrlich gesagt: nein.
Du bist außerdem als Ambassador der New York Giants und für deren Präsenz auf dem deutschen Markt tätig.
Genau. Für mich ist die Tätigkeit bei RTL ein schöner Weg, weiterhin über den Sport zu berichten und Hintergrundinformationen zu liefern. Wenig Deutsche haben bisher in der NFL gespielt, kein Deutscher hat im Front Office eines NFL-Teams gearbeitet. Grundsätzlich versuche ich, die internationale Entwicklung von American Football zu fördern und in den Übertragungen den Spaß weiterzugeben, den Football in mein Leben gebracht hat.
Wie hast du während deiner aktiven Zeit über TV-Experten gedacht?
Ich habe einen engen Kreis aus Personen um mich, auf deren Meinung ich wert lege und deren Kritik ich mir annehme.
Zum Beispiel?
Wenn meine Frau, meine Eltern oder meine Schwester mir etwas sagen, nehme ich das an. Bei Kritik von außen kann ich ansonsten jungen Athleten nur raten: Man ist nie so gut wie andere Leute sagen, aber auch nie so schlecht.
Und wie ist das hinsichtlich deiner Karriere als TV-Experte?
Es hat mich gefreut, dass mir RTL mit Florian König vergangenes Jahr einen absoluten Fernsehexperten an die Seite gestellt hat, der uns allen als Ansprechpartner unter anderem für Feedback zur Verfügung steht.
Dabei wurdest du in den USA früh mit der Arbeit vor der Kamera konfrontiert.
Das stimmt. Im US-Sport muss man viel offener für die Medien sein, das fängt schon im College an und zieht sich durch die NFL. Man hat eine andere Erfahrung, vor der Kamera zu sprechen und präsent zu sein. Ich bin dadurch dennoch kein professioneller Kommentator, sondern ein Ex-Spieler mit der Liebe zum Sport. Und durch die Arbeit mit Florian König kann ich mich auch in meiner zweiten Karriere verbessern.
Wie arbeitet ihr an deiner TV-Präsenz?
Er hat mir gesagt: Mach dir einen Gameplan und schreib auf, was du sagen willst. Vier Stunden ein Spiel zu kommentieren, ist eine Sache, aber ich muss auch 40- oder 60-Sekunden-Aufsager machen. Das fällt mir manchmal verdammt schwer. Aber es ist alles Übung, Routine und der richtige Plan. Da hat Florian mir einen Spickzettel gegeben.
Wie oft tauscht ihr euch aus?
Wir hatten einmal eine längere Session in Person. Ansonsten haben wir Feedback-Gespräche mit den Projektverantwortlichen nach jeder Übertragung. Da geht es nicht nur um mich persönlich, sondern RTL will den Football-Fans eine super Berichterstattung liefern. Keiner von uns hat so ein großes Ego, dass er denkt, er wisse alles.
Der "Sports Illustrated" hast du gesagt, ihr wollte den Football bei RTL auf das nächste Levelbringen. Wann ist das geschafft?
Wenn du aufhörst zu wachsen, dann wirst du kleiner. Wir sollten nie denken: Jetzt haben wir zwei Millionen Zuschauer am Sonntag gehabt und wir haben es geschafft. Man muss die Menschen weiter unterhalten, dabei wird es Höhen und Tiefen geben. Ich stelle mir eher die Frage, was der nächste Schritt ist, um besser zu werden.
Die Internationalisierung der NFL findet nicht nur in Deutschland statt, sondern in diesem Jahr wurden schon Spiele in London und São Paulo ausgetragen. 2025 sollen bis zu acht internationale Spiele stattfinden. Ab wann wird es zu viel?
Wir leben in einer globalisierten Welt und die meisten Leute sind pro Internationalisierung. Gerade im Sport gibt es doch nichts Schöneres, als die Menschen zu verbinden. Im Endeffekt wird das Zuhause der NFL immer in Amerika bleiben, aber anderen Menschen die Erfahrung NFL näher zubringen, finde ich sehr schön.
NFL-Commissioner Roger Goodell hat mittlerweile die Möglichkeit eines Super Bowls im Ausland nicht mehr ausgeschlossen.
Von dieser Aussage war ich positiv überrascht. Ich habe die Idee vor zwei Jahren in München angesprochen. Dort hatte mir Roger Goodell gesagt, er könne sich das nicht vorstellen, da es für die kleineren Märkte in den USA wirtschaftlich ein unglaublich wichtiges Element sei. Im Endeffekt kann ich mir es weiterhin vorstellen und beim Commissioner, den Teams und den Milliardären im Hintergrund mangelt es nicht an Kreativität.