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Franz Beckenbauer: Reiner Calmund spricht über letztes gemeinsames Treffen

UNESCO Gala Koeln Copyright: IMAGO. Adolph 12.05.2007 Thema: UNESCO-Benefizgala fuer Kinder in Not im Maritim Hotel in Koeln mit den Gaesten: Franz Beckenbauer bekam von Rainer Calmund den Ehrenpreis  ...
Jahrelanger Wegbegleiter: Reiner Calmund mit Franz Beckenbauer im Jahr 2007.Bild: imago images / Eventpress Adolph
Interview

Reiner Calmund über Franz Beckenbauer: "Eine ganz normale Rivalität, aber Freunde waren wir trotzdem"

10.01.2024, 15:08
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Für viele war er der größte deutsche Fußballer aller Zeiten. Er war der Kaiser, der 1974 erst als Spieler Weltmeister wurde, 1990 dann als Trainer. Als Sportfunktionär hat Franz Beckenbauer 2006 die Fußball-WM schließlich nach Deutschland geholt. Es wurde das Sommermärchen. Erst später wurde daraus die WM-Affäre. So beliebt Beckenbauer bis zum Schluss war, so umstritten war er auch.

Am Sonntag ist die Fußball-Legende mit 78 Jahren gestorben. Sein Tod hat Fußballfans in ganz Deutschland schockiert.

Einer, der ihm über Jahre hinweg nahe stand, war Reiner Calmund. Als Wegbegleiter, Kollege und auch als Konkurrent. Im watson-Interview erzählt der ehemalige Fußball-Manager, wie Beckenbauer als Mensch getickt hat und was er von der Umbenennung des DFB-Pokals zu seinen Ehren halten würde.

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watson: Franz Beckenbauer war einer jener Menschen, die wirklich jeder kennt. Wie haben Sie ihn erlebt?

Reiner Calmund: Auch für mich gilt: Franz Beckenbauer war eine Lichtgestalt. Er hat geschafft, was sonst keiner in Deutschland geschafft hat. Eine WM als Spieler und als Trainer zu gewinnen – und dann noch die WM 2006 nach Deutschland zu holen – mehr geht einfach nicht. Besonders beeindruckt hat mich die Art und Weise, wie er zu diesem Weltruhm kam: charismatisch und bodenständig, professionell und akribisch – mit einem großen Herz.

Aber erklärt das alleine, warum er so beliebt war?

Franz Beckenbauer war ja jemand, über den sich internationale Persönlichkeiten genauso erkundigt haben wie Taxifahrer, wenn ich im Ausland unterwegs war. Das ist eine besondere Kategorie, an diesen Punkt kommen wirklich nur die Besten. Er war ein begehrter Werbepartner, für so ziemlich alle Firmen. Und dennoch war er so gestrickt, dass er niemals jemandem einen Autogrammwunsch ausgeschlagen hätte. Wir haben einen großen Menschen verloren, einen wahrhaft weltmeisterlichen Repräsentanten unseres Landes.

Haben Sie einen persönlichen Beckenbauer-Moment?

Vor eineinhalb Jahren wurde er bei den Deutsche-Fußball-Botschafter-Awards im Weltsaal des Bundesaußenministeriums in Berlin für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Ich durfte damals die Laudatio auf ihn halten. Das Besondere an diesem Abend war, dass ich als Laudator vermutlich noch stolzer war als der Preisträger. Natürlich war es schade, dass er selbst nicht vor Ort sein konnte, seine Frau Heidi hat den Preis entgegengenommen.

"Diesen Nachmittag werde ich nie vergessen. Das war so natürlich, so nah. Wir haben über Gott und die Welt gesprochen. Und natürlich viel über Fußball."

Er war zuletzt sehr krank. Wann haben Sie ihn zuletzt gesehen?

Etwas später luden mich Franz und seine Frau zu sich nach Salzburg ein. Dort haben wir die Preisübergabe im privaten Rahmen wiederholt. Ich hatte ihm als Überraschung ein gemeinsames Foto mit Pelé mitgebracht. Ich war insgesamt drei, vier Stunden da. Seine Frau hat Kuchen und Schnittchen gemacht. Ich erlebte einen warmherzigen, bescheidenen und über alle Maßen freundlichen Gastgeber. Seine Bodenständigkeit war sprichwörtlich. Seine Erfolge konnten seinem Charakter nichts anhaben. Diesen Nachmittag werde ich nie vergessen. Das war so natürlich, so nah. Wir haben über Gott und die Welt gesprochen. Und natürlich viel über Fußball.

Wie häufig haben Sie sich gesehen?

Wir waren zwar nicht wahnsinnig häufig zusammen. Das war ja auch gar nicht möglich bei seinem Programm. Aber darauf kommt es auch nicht an. Wir hatten ein wirklich sehr freundschaftliches Verhältnis, geprägt von gegenseitigem Respekt.

Archivbild Tod Franz BECKENBAUER Fussball Weltmeisterschaft 1974 Finale Deutschland - Holland 07.07.1974 Franz BECKENBAUER Deutschland jubelt mit dem WM Pokal. FOTO: WEREK Pressebildagentur xxNOxMODEL ...
Franz Beckenbauer bei der WM 1974 mit dem Pokal. Bild: imago images / Werek

Haben Sie sich auch als Konkurrenten gesehen? Als Sie bei Leverkusen waren, war Beckenbauer Verantwortlicher bei den Bayern.

Na ja, Fußball ist Fußball und da will man gewinnen. Das war eine ganz normale Rivalität, aber Freunde waren wir trotzdem. Das verändert ja nichts an unserem Verhältnis zueinander.

Aktuell wird darüber diskutiert, ob zu seinen Ehren der DFB-Pokal umbenannt werden soll in den Franz-Beckenbauer-Pokal. Was halten Sie davon?

Eine Umbenennung des DFB-Pokals fände ich toll. Aber ich will dem DFB da nicht vorweggreifen. Das ist ja auch nicht ganz einfach zu organisieren. Was aber einfach umzusetzen ist: Ganz Deutschland macht am nächsten Spieltag eine Gedenkminute für Franz. In allen Ligen, Profis wie Amateure. Außerdem bin ich mir sicher: Bayern München wird alles dafür tun, um ihm eine gebührende Trauerfeier zu organisieren. Das wird sicher eine der größten Trauerfeiern sein, die es je für einen Fußballer gab. Da wird die Allianz Arena fast zu klein sein!

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