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Formel E: Ex-Fahrer Daniel Abt kritisiert geringen Techniktransfer

Rennfahrer Daniel Abt - Photocall von Germany s Next Top Model beim Berlin E-Prix der ABB FIA Formula E auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof in Berlin am 13.05.2022. GNTM 2022 meets Formula E in Ber ...
Daniel Abt fuhr selbst sechs Jahre in der Formel E. Jetzt ordnet er das Geschehen als TV-Experte ein.Bild: Imago Images / eventfoto54
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Ex-Formel-E-Star Daniel Abt kritisiert geringen Techniktransfer von Formel 1 und Formel E

22.04.2023, 09:55
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Gut gelaunt läuft Daniel Abt am Freitag vor dem E-Prix in Berlin bei Sonnenschein durch das Paddock am Tempelhofer Feld. Ein kurzes Gespräch hier, ein Abklatschen da und immer wieder Planungsgespräche mit der Crew von ProSiebenSat.1. Denn: Abt ist mittlerweile als TV-Experte aktiv, ordnet das Geschehen in der elektronischen Motorsport-Serie ein, die am Wochenende in der deutschen Hauptstadt zu Gast ist.

Sechs Jahre war er selbst Fahrer in der Formel E, trat davor auch in der GP2 und GP3 an. Im Interview mit watson spricht der 30-Jährige über den aktuellen Formel-E-Führenden Pascal Wehrlein, seinen Job als TV-Experte und den Technologie-Transfer der Formel E und Formel 1 auf Straßenautos.

watson: Daniel, bist du aktuell ein bisschen neidisch auf Pascal Wehrlein?

Daniel Abt: Gute Einstiegsfrage (schmunzelt und überlegt kurz). Aber nein, neidisch bin ich nicht. Ich freue mich, dass es für ihn gut läuft und dass er bei Porsche jetzt an der richtigen Stelle angelangt ist. In so einem Porsche zu sitzen, da würde ich natürlich auch nicht nein sagen, aber ich schaue es mir auch gerne mal von außen an.

Wie sehr juckt es noch, in ein Rennauto zu steigen?

Ehrlicherweise juckt es an jedem Rennwochenende. Als Rennfahrer hat man da einfach Bock drauf. Worauf ich aber wenig Lust hätte, ist das Drumherum, was mit dem Rennfahrersein einhergeht.

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Du meinst eine professionelle Vorbereitung?

Genau, du musst ganz diszipliniert Sport nach einem Trainingsplan machen und nicht nur, wenn du Lust hast. Dazu sitzt du viele, viele Tage im Simulator, wirst auf PR-Veranstaltungen geschickt. Das war damals eine schöne Zeit, aber für mich ist es auch schön, das Leben etwas freier zu gestalten und nicht mehr so einen strengen Kalender zu haben.

2020 wurdest du vom Fahrer zum Experten bei ProSiebenSat.1. Wie ist dir dieser Seitenwechsel gelungen?

Für mich lief es sehr harmonisch. Dieser Switch ist mir leichtgefallen, weil ich auf Social Media und Youtube aktiv war und daher wusste, wie ich mich vor der Kamera zu verhalten habe. Letztlich rede ich jetzt als Experte über Dinge, die ich kenne. Ich musste mich nicht einlernen, sondern habe Insights, die die wenigsten haben.

"Auch wenn wir ursprünglich aus der alten Verbrennerwelt kommen, war es cool und spannend. Für mich war es die beste Zeit meines Rennfahrerlebens."
Daniel Abt über seinen Wechsel 2014 in die Formel E

Wie läuft für dich als Experte ein klassisches Rennwochenende ab?

Es kommt darauf an, ob es in Europa ist oder nicht. Bei einem Europa-Rennen sind wir vor Ort. Das ist natürlich schon der spannendere Ablauf, weil du alles mitbekommst. Du hast Fahrer-Interviews rund um das Wochenende. Der Renntag ist mit den Sessions durchgetaktet und du kannst dir zusätzliche Infos vor Ort holen.

Du selbst gehörst zu den Formel-E-Fahrern der ersten Stunde, warst in der ersten Saison 2014 dabei. Wie hast du die Anfänge erlebt?

Mein damaliger Formel-2-Teamchef kam auf mich und meinen Vater mit dem Vorschlag zu, dass wir ein Familien-Team für die neue Rennserie, die rein elektrisch fahren würde, bilden sollten. Wir haben es uns dann überlegt und sind beide Neuem gegenüber nicht verschlossen.

Was war das Spannendste?

Es war ein ganz neues Projekt, bei dem Elektromobilität im Fokus stand. Damit hatten wir uns schon mit einer unserer Firmen beschäftigt. Auch wenn wir ursprünglich aus der alten Verbrennerwelt kommen, war es cool und spannend. Für mich war es die beste Zeit meines Rennfahrerlebens.

Wie hast du die technische Entwicklung in den neun Jahren der Formel E wahrgenommen?

Vor der ersten Saison wusste kein Team, was genau auf die Fahrer zukommt. Die Boliden waren langsam, wir mussten während des Rennens noch die Autos tauschen, weil die Batterie-Kapazität nicht gereicht hat. Wenn man mit dem Know-How von der vierten Saison schon im ersten Jahr gefahren wäre, hätte man die Konkurrenz wahrscheinlich überrundet.

Wie war die Stimmung im ersten Jahr dieser neuen Rennserie?

Es hatte ein bisschen Start-up-Vibes. Es war ein ungewisses Projekt, von dem alle wollten, dass es funktioniert. Auf der Strecke haben wir zwar gegeneinander gekämpft, aber daneben waren alle vereint und wollten die Formel E pushen, damit sie besser, bekannter und attraktiver wird. Da ist über die Jahre sehr viel entstanden. Kapazität, Effizienz und System haben sich enorm entwickelt.

Wie hast du die öffentliche Präsenz der Formel E wahrgenommen?

Am Anfang wurde sie etwas belächelt, dann ging es relativ schnell und ein gewisser Hype hat sich entwickelt bis zur vierten Saison – das war für mich der Höhepunkt. Der Break und das längere Ausfallen von Rennen durch Corona haben der Serie allerdings geschadet. Die Formel E hatte nicht so ein traditionell gewachsenes Fundament. Jetzt geht es darum, die Fans wieder zurückzugewinnen.

"Ich glaube aber, dass der Techniktransfer weder in der Formel 1 noch in der Formel E wirklich hoch ist."

Zum Start dieser Saison wurde eine neue Generation der Autos eingeführt. Welche Rolle spielt das bei der Zurückgewinnung der Fans?

Eine neue Auto-Generation sorgt immer dafür, dass Verschiebungen, Ungewissheit und Spannung aufkommen. Die bisherigen Rennen waren fahrerisch und von der Spannung auf einem hohen Niveau. Das trägt alles dazu bei, dass die Serie ernst genommen wird.

Die Formel 1 argumentiert immer, dass die entwickelte Technologie auf Straßenautos übertragen wird. Wie groß ist aus deinem Blickwinkel der Impact der Formel E auf elektrische Straßenautos?

Wenn man ganz ehrlich ist, ist es natürlich ein gängiger Slogan. Ich glaube aber, dass der Techniktransfer weder in der Formel 1 noch in der Formel E wirklich hoch ist. Natürlich müssen die Formel-E-Teams immer effizienter werden und reizen die Technik immer weiter aus. Wenn aber die Technik in ein Straßenauto gepackt würde, wäre es unbezahlbar.

Im Sommer 2022 hatte Sebastian Vettel genau das kritisiert, dass die Technik der Formel-E-Autos zu wenig mit den Straßenautos zu tun habe.

Damit hat er in gewisser Weise recht. Natürlich ist die Batterietechnologie relevant, weil es im Rennauto eine ähnliche ist wie im Straßenauto. Aber das Straßenauto profitiert davon zu wenig für einen zu großen Preis.

In der Formel 1 ist mit Nico Hülkenberg aktuell ein deutscher Fahrer, in der Formel E sind es insgesamt vier. Glaubst du, ein Sprung von der elektrischen Serie zur Formel 1 ist realistisch? Beispielsweise für WM-Spitzenreiter Pascal Wehrlein?

Ich glaube eher nicht. Wehrlein war schon in der Formel 1, wenn du den Switch auf die Formel E machst, wird es schwer, dich zurückzukämpfen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass er lieber bei einem Hinterbänkler-Team der Formel 1 fahren würde, anstatt in der Formel E um den Titel zu kämpfen. Insgesamt glaube ich nicht, dass in naher Zukunft viele deutsche Nachwuchsfahrer in die Formel 1 kommen.

Was sind die Hauptgründe dafür?

Es gibt zu wenig finanzielle Förderung für junge Deutsche. Sicherlich haben viele junge Menschen Lust, Rennen zu fahren. Das Problem in Deutschland ist, dass immer mehr Rennserien rund um die Formel 1 aussterben. Es kommen weniger Zuschauer, dadurch weniger Aufmerksamkeit und weniger Sponsoren.

Im Blick auf das Rennen in Berlin und den Rest der Saison: Was traust du Pascal Wehrlein zu?

Mein Gefühl sagt mir, dass er am Wochenende gewinnen wird und seinen ersten Heimsieg feiern kann. Das Auto ist definitiv eine Rennmaschine und ich glaube, dass er das ausnutzen wird und eine große Chance hat den Titel zu holen – es ist allerdings kein Selbstläufer.

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