In der Baller League wird immer montags gespielt.Bild: dpa / Rolf Vennenbernd
Interview
Die Baller League von Mats Hummels und Lukas Podolski versprach nicht weniger als die "Revolution des Fußballs". Drei Spieltage sind mittlerweile absolviert und die Reaktionen fallen ganz unterschiedlich aus – Zeit für ein erstes Zwischenfazit.
Im Gespräch mit watson erklärt Christoph Kröger, einer der drei Teamchefs von Calcio Berlin, was noch besser werden kann und wieso die Kritik an dem Projekt ungerechtfertigt ist.
Watson: Christoph, hast du deinen Eltern oder Großeltern schon mal die Baller League erklärt?
Christoph Kröger: Bisher noch nicht, aber ich freue mich auf die nächste Familienfeier, um darüber zu sprechen.
Hast du dir bereits ein paar Worte zurechtgelegt?
Ich würde fragen, ob sie noch Budenzauber von früher kennen. Das in modern, im Internet, aber auch im Fernsehen und mit ganz besonderen Regeln wie einem Drei-gegen-Drei. Wenn man es auf actionreichen Hallenfußball herunterbricht, sollten sie ein Bild im Kopf haben.
Wie fällt dein erstes Fazit aus?
Ich bin positiv überrascht, wie das alles angenommen und auch darüber berichtet wird. Ich war kürzlich auf dem Spobis und es war das bestimmende Thema. Mein Eindruck ist, dass Zuschauerzahlen und Interesse stetig steigen. Zwischen Zuschauenden und Spielern entstehen Verbindungen, da gibt es sogar schon Analysen.
Wo gibt es hingegen noch Verbesserungsbedarf?
Es gibt Regeln, die noch verbessert werden können. Bei den speziellen drei Minuten sind ein paar Modi dabei, die die Action rausnehmen. Dabei sollten in dieser Phase eher mehr Tore fallen.
Welche Regeln stören dich genau?
Felix, der Chef der Baller League, wird es mir hoffentlich nachsehen: die Volley-Regel. Die besagt, dass nur Volley-Tore zählen. An den ersten drei Spieltagen sind aber vielleicht ein oder zwei solcher Tore gefallen. Beim Eins-gegen-Eins habe ich wiederum gemischte Gefühle.
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Wieso?
Als Beteiligter vor Ort ist das echt spannend. Als ich aber einmal im Stream zugeschaut habe, konnte ich die Kritik im Chat nachvollziehen. Von außen betrachtet ist es etwas langweilig, weil einer von der Mittellinie aufs Tor schießt und man dann schaut, ob er reingeht.
Zur Freude der Fans gab es aber auch schon Regelanpassungen.
Das Schöne ist, dass jeden Spieltag etwas verändert, in meinen Augen verbessert, wurde. Die Spontanität macht die Baller League aus. Etwa die neu eingeführte Regel: drei Ecken sind ein Elfmeter
Das sorgt für Bolzplatz-Feeling. Abseits und Seitenaus passen nur bedingt dazu.
Das Seitenaus finde ich auch nicht optimal, mit Banden gäbe es womöglich mehr Spielfluss. So kannst du den Gegner einfach außen herumspielen lassen, da fällt das Kreieren von Chancen schwer. Ohne Abseits passiert aber gar nicht so viel mehr, dazu gab es auch schon Experimente.
Drumherum ist es meistens noch recht ruhig, wenn nicht gerade Eintracht Spandau wieder mit einem eigenen Fanklub anreist.
Shoutout an Spandau, was die da immer veranstalten. Sowohl auf dem Platz als auch daneben. Sie gehen es seit dem ersten Tag hochprofessionell an, haben aber auch den Vorteil, sich im E-Sport bereits als Verein etabliert zu haben.
Wünschst du dir grundsätzlich mehr Fans in der Halle?
Grundsätzlich ja, das würde der Stimmung guttun. In der Halle ist aber eine andere Energie, als sie an den Monitoren rüberkommt.
Was hältst du von der Idee, dass die Baller League durch Deutschland tourt, anstatt nur in Köln ausgetragen zu werden?
Das ist ein guter Gedanke, aber wenn du das einem aus dem Orga-Team erzählst, würden die einen halben Herzinfarkt bekommen. Was die auf die Beine gestellt haben, ist beeindruckend. Der Platz wird zwar unter der Woche abgebaut, das Drumherum bleibt aber stehen. Aktuell ist eine Tour sicherlich noch utopisch, langfristig wäre es aber geil.
Weitere Reisen könnten auch für euch Teamchefs ein Mehraufwand sein. Dabei seid ihr an den Spieltagen selbst doch schon mit der taktischen Ausrichtung bestens ausgelastet, oder?
Wir haben mit Marcel Demircan einen Trainer. Es wäre naiv, wenn wir drei ohne Trainererfahrung das versuchen würden. Wir stimmen uns aber permanent mit ihm ab, etwa beim Thema Wildcards und bei der Taktik. Ich mache etwa immer eine kleine Videoanalyse.
Habt ihr leichte Vorteile durch euren Background?
Sicherlich mit Blick aufs Know-How, aber auch durch unsere Besetzung. Zu viert haben wir mehr Kapazitäten als andere Teams, bei denen der Trainer allein arbeitet.
Nicht alle Teamchefs sind also so nah an der Mannschaft wie ihr?
Die meisten sind für das Teamklima da und holen Gastspieler ran. Mit dem Sportlichen haben sie ansonsten aber nichts zu tun. Es gibt aber auch Ausnahmen.
Wer denn?
Christoph Kramer etwa, der mit seiner Taktiktafel am Seitenrand steht und gefühlt der Hauptcoach ist.
Christoph Kramer ist Teamchef von Golden XI.Bild: dpa / Rolf Vennenbernd
Habt ihr euch mit ihm schon ausgetauscht?
Kramer ist unfassbar sympathisch. Wir sind am ersten Tag gleich ins Gespräch gekommen. Mit Selina Cerci habe ich auch jeden Spieltag mindestens eine halbe Stunde gesprochen, weil man mit ihr sehr gut fachsimpeln kann.
Die Besetzung ist insgesamt sehr prominent und divers. Warst du bei jemandem starstruck?
Ich bin selten starstruck. Der einzige, bei dem ich es ein bisschen bin, ist Felix Lobrecht. Den verfolge ich seit seiner ersten Podcast-Folge.
Habt ihr schon gequatscht?
Das hat leider noch nicht geklappt, er hält sich eher im Hintergrund auf.
Es gibt auch Kritik an der Baller League und eurem Engagement, weil ihr als Fußballtraditionalisten geltet, das Turnier nach Meinung einiger dem aber entgegensteht.
Wir wären naiv gewesen, wenn wir solche Kommentare nicht erwartet hätten. Wir haben uns daher schon vorher Gedanken darüber gemacht.
Mit welcher Erkenntnis?
In unseren Augen hat das eine nichts mit dem anderen zu tun. Die Baller League beeinflusst den Vereinsfußball gar nicht. Was wir an Investoren im Vereinsfußball, Betonung auf Vereinsfußball, kritisieren, ist die Wettbewerbsverzerrung. Dass die Schere zwischen Arm und Reich weiter auseinandergetrieben wird. Die Baller League hingegen ist ein unabhängiges System.
Aber auch mit Spielern aus der Regional- oder Oberliga gespickt.
Keiner dieser Spieler pausiert wegen der Baller League im Verein. Für jeden einzelnen ist der Vereinsfußball die erste Priorität. Die Überschneidungspunkte sind insgesamt so gering, dass ich die Kritik nicht wirklich nachvollziehen kann.
Befeuert die Baller League nicht aber die Übersättigung an Fußball, die viele Fans ob des vollen Kalenders schon lange spüren?
Ich bin der Erste, der sich über Fußball-Overkill beklagt. Aber die Baller League sorgt eher dafür, dass es eine nette Abwechslung gibt. Es ist eine ganz andere Art, Fußball zu spielen und zu konsumieren.
Wie teuer ist ein Spieltag für euch eigentlich?
Das weiß ich nicht. Wir sind gar nicht genau in die Prozesse involviert, das übernimmt alles die Baller League. Wir müssen uns einzig um die Wildcard-Spieler kümmern.
Mit Bastian Oczipka hattet ihr bereits einen prominenten Gastspieler. Wie ist der Kontakt zustande gekommen?
Menschenfänger Nico ist einfach in die DMs geslidet. Bastian war sofort angezündet, hat richtig Bock auf dieses Projekt und will dem Team weiterhelfen.
Habt ihr weitere Asse im Ärmel?
Oczipka wird wahrscheinlich noch ein paar Mal für uns auflaufen. Für die andere Wildcard werden wir von Spieltag zu Spieltag schauen, welchen Spielertypen wir brauchen. Wir führen im Hintergrund auf jeden Fall einige Gespräche.
Und wann sehen wir dich, Nico oder Niklas auf dem Feld?
Auf gar keinen Fall! Wenn es mal 8:0 oder so steht, kann sich Niklas vielleicht einwechseln. Er ist der beste Fußballer von uns dreien. Ansonsten gefährden wir eher Ergebnisse. Vor allem aber wollen wir damit nicht anfangen. Guck mal auf die anderen Teams. Wenn Lukas Podolski plötzlich seine linke Klebe auspackt, sehen wir aber alt aus.