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Interview

Integrationsbeauftragter von Mainz 05: Das leisten Spieler wie Thomas Müller

Ex-Profi Nejmeddin Daghfous hilft bei Mainz 05 den Neuzugängen im Team und in der Stadt Fuß zu fassen.
Ex-Profi Nejmeddin Daghfous hilft bei Mainz 05 den Neuzugängen im Team und in der Stadt Fuß zu fassen. bild: mainz05
Interview

Integrationsbeauftragter von Mainz 05: Das leisten Spieler wie Thomas Müller

01.01.2024, 16:46
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Wenn in Europas Top-Ligen das Winter-Transferfenster öffnet, bricht für Sportdirektor:innen und Spielerberater:innen eine stressige Zeit an. Den Januar lang haben sie Zeit, um Lücken im Kader zu schließen und Bankdrücker:innen möglichst gewinnbringend zu verkaufen.

Auch hinter den Kulissen laufen sich bei den Vereinen viele Angestellte warm, um die Neuen in Empfang zu nehmen. Bei Mainz 05 ist dafür unter anderem Ex-Profi Nejmeddin Daghfous verantwortlich. Nach seinem Bundesliga-Debüt im Mai 2013 unter dem damaligen Trainer Thomas Tuchel, lief "Nej" in 144 Zweitliga-Partien für Sandhausen, Paderborn, Aalen, Würzburg und Mainz auf.

Seit Sommer 2022 ist der heute 37-Jährige zurück bei den Nullfünfern und dort vor allem für die Integration der Neuzugänge zuständig. Gegenüber watson hat der Tunesier erklärt, worauf es in seinem Job ankommt, warum jeder Bundesligist einen solchen Posten einrichten sollte und wie wichtig Spieler wie Bayern Münchens Thomas Müller sind.

Mainz, Mewa-Arena, 24.07.2023, Fussball - 1. Bundesliga - 1.FSV Mainz 05, Nejmeddin Daghfous (Teambetreuer Integration)
Media Day 2023 - Fotoportrait
Nejmeddin Daghfous war selbst rund 15 Jahre Fußball-Profi.bild: mainz05

Watson: Wie wird man eigentlich Integrationsbeauftragter?

Nejmeddin Daghfous: Mein Vorgänger [Patrick Zeilmann, Anm. d. Red.] hat im Sommer 2022, als ich mein Praktikum im Trainerteam gestartet habe, den Verein verlassen. Schon da habe ich viele seiner Aufgaben übernommen. Es gibt dafür keine Ausbildung oder so, ich bin in die Rolle hereingewachsen und es hat einfach gepasst. Ich habe selbst Migrationshintergrund, spreche fünf Sprachen und habe selbst lange Fußball gespielt. Man muss aber schon auch der Typ dafür sein.

Wie meinst du das, man muss der Typ dafür sein?

Man muss einfach gut mit Menschen können – was, wie ich denke, eine meine Stärken ist. Außerdem liebe ich den Fußball und es macht mir Riesenspaß, mich täglich mit Fußball auseinanderzusetzen. Durch meinen jetzigen Job kann ich meiner Leidenschaft weiter nachgehen, wofür ich sehr dankbar bin.

Die Winter-Transferphase steht an. Inwiefern bereitest du dich jetzt schon auf die Neuzugänge vor?

Vor der Transferperiode ändert sich für mich erstmal nicht viel. Ich komme immer erst dann ins Spiel, wenn ein Neuzugang verpflichtet ist. Es sei denn, es geht um einen französischen Spieler, da werde ich [wegen der Sprachkenntnisse, Anm. d. Red.] oft schon vor den Transfers mit einbezogen. Dann nehme ich auch an ersten Gesprächen teil, mit dem Spieler, dem Trainer oder den Beratern.

Was passiert, wenn der Deal eingetütet ist und die Spieler in Mainz ankommen?

Den ausländischen Spielern helfe ich dann bei der Wohnungssuche, bei Behördengängen, beim Abschluss von Versicherungen und Verträgen oder generell, sich in Mainz zurechtzufinden. Was sind schöne Ecken, wo gibt es gute Cafés und Restaurants? Ich will es den Jungs so schön wie möglich machen, wenn sie hier, in einer für sie oft fremden Stadt, ankommen.

Neben dem Platz ist das eine, auf dem Platz das andere. Hilfst du ihnen auch bei der fußballerischen Integration?

Definitiv. Und hier profitiere ich klar davon, dass ich selbst lange Fußball gespielt habe. Ich unterstütze sie dabei, den Fußball, der in der Bundesliga und speziell in Mainz gespielt wird, schneller zu adaptieren. Was der Trainer sehen will und worauf es im Team ankommt, darüber tauschen wir uns also viel aus.

Inwiefern gibt es da Erklärungsbedarf bei den Neuzugängen?

Es geht schon mit der Mentalität los. Jedes Land hat eine andere Mentalität, andere Sitten. In Deutschland sind wir bekannt dafür, dass Disziplin bei uns großgeschrieben wird. Pünktlichkeit, Fleiß, harte Arbeit – man muss den Jungs auch erstmal verdeutlichen, dass darauf hier besonders geachtet wird.

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Wenn die Saison dann einmal läuft und die Kader feststehen, wie sieht dann deine Arbeit aus?

Ich bin täglich im Trainingsbetrieb mit dabei und helfe zum Beispiel bei der Trainingsvorbereitung und beim Vermitteln von Videoanalysen durch meine Übersetzung. Vor allem bei den französischsprachigen Spielern kann das wichtig sein. Auch wenn der Trainer mit ihnen Einzelgespräche führt, bin ich oft dabei. So kann man schnell einen guten Draht aufbauen.

In gewisser Weise bist du also auch Teampsychologe?

Ja, ich verstehe es als meine Aufgabe, den Spielern auch dann unter die Arme zu greifen, wenn es mal nicht läuft und sie in einem Loch stecken. Ich unterstütze, wo ich kann, und versuche, ihnen zu helfen, dass sie auf einem Top-Level ihre Arbeit leisten können.

Nejmeddin Daghfous ist bei Mainz 05 regelmäßiger Trainingsgast.
Nejmeddin Daghfous ist bei Mainz 05 regelmäßiger Trainingsgast.bild: mainz05

Findest du, jeder Bundesligist sollte einen Integrationsbeauftragten haben?

Das müssen die Vereine für sich entscheiden. Ich kann nur sagen, dass es definitiv Sinn macht. Es ist einfach gut, ein Bindeglied zwischen Trainerteam und Mannschaft zu haben. Das macht es allen Beteiligten leichter. Bei Teams, die vor allem deutsche Spieler im Kader haben, ist das vielleicht anders, aber bei uns in Mainz hat es sich definitiv bewährt.

Wie wichtig sind für Neuzugänge Spieler wie Thomas Müller, der beim FC Bayern so etwas wie der inoffizielle Integrationsbeauftragte ist und zum Beispiel Harry Kane nach seinem Transfer an die Hand genommen hat?

Ich denke, so etwas gibt es grundsätzlich in jeder Mannschaft. Wenn du als Neuzugang ankommst, bist du fast nie allein, du hast immer den einen oder anderen Kollegen, der dich direkt an die Hand nimmt und unterstützt. Schwieriger wird es, wenn man nicht dieselbe Sprache spricht, aber selbst das klappt immer irgendwie. Das ist ja das Tolle am Fußball.

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