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Olympia 2024: Leonie Beck gibt Statement zu Paris und Prämien im Schwimmen

Leonie Beck of Germany reacts after winning the gold medal in the Women s 5 km during European Aquatics Championships Belgrade 2024 at the Ada Ciganlija in Belgrade Serbia, June 13, 2024. AndreaXMasin ...
Leonie Beck hat bereits drei Weltmeistertitel im Schwimmen. Bild: imago images / Andrea Masini
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Schwimmerin Leonie Beck spricht über mentale Belastung und Herausforderungen bei Olympia

03.08.2024, 13:2703.08.2024, 14:45
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Mit 15 Jahren nahm Leonie Beck an ihrer ersten offiziellen Schwimmmeisterschaft teil, mittlerweile darf sie sich dreifache Welt- und dreifache Europameisterin nennen. Für diese Erfolge musste die 27-Jährige allerdings vor acht Jahren zunächst vom Becken ins Freiwasser wechseln.

Bei Olympia 2024 steht für sie nun das allererste Rennen in einem Fluss an. Angesichts der Debatten um die Verschmutzungen der dortigen Seine ist die Vorbereitung diesmal besonders schwer. Im Interview mit watson erklärt Leonie Beck, warum es beim Schwimmen im Freiwasser allgemein große Unterschiede gibt und warum vor allem die Seine in Paris ihr dabei den Weg zum Erfolg verbauen könnte.

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Watson: Du bist dreifache Weltmeisterin und dreifache Europameisterin, jetzt stehen für das Freiwasser deine zweiten Olympischen Spiele an, ein Tattoo der olympischen Ringe hast du schon. Steht das schon für den nächsten Titel?

Leonie Beck: Ich habe mir die Ringe tätowieren lassen, weil ich damals mit meiner Leistung bei den Olympischen Spielen in Tokio (2021) zufrieden war. Nach dem Beckenwettkampf in Rio (2016) habe ich gesagt, ich lasse sie mir erst stechen, wenn ich zufrieden bin, und das war 2021 der Fall.

Die Olympischen Spiele in Rio haben damals auch deinen Wechsel vom Becken ins Freiwasser markiert. Was hat dich zu diesem Wechsel bewegt?

Meine Olympischen Spiele in Rio sind nicht gut gelaufen. Die zwei, drei Jahre davor waren sehr schwierig, weil ich mich zwar immer qualifiziert habe, aber nie Bestleistung bringen konnte. Das hat mich innerlich so aufgefressen, dass ich gesagt habe, entweder ich höre jetzt auf oder ich wechsle ins Freiwasser. Freiwasser ist allerdings ein sehr erfahrungsgetriebener Sport und ich war anfangs nicht gerade talentiert, deswegen war das auch ein steiniger Weg.

Sport Bilder des Tages 230718 -- FUKUOKA, July 18, 2023 -- Leonie Beck of Germany poses for the awarding ceremony after the open water women 5km of World Aquatics Championships 2023 held in Fukuoka, J ...
Leonie Beck ist bereits mehrfache Europameisterin im Freiwasser.Bild: imago images / Xia Yifang

Was sind denn die größten Unterschiede zwischen Becken und Freiwasser?

Im Becken sind die Bedingungen immer gleich. Im Freiwasser gibt es dagegen viele äußere Einflüsse. Da bin ich am Anfang manchmal mit Blut in den Augen rausgekommen. Wenn 70 Frauen um eine Boje wollen, ist das schon Kontaktsport. Der einzige Weg, in der Sportart überhaupt Erfolge zu sammeln, ist möglichst viele Wettbewerbe zu machen – und das habe ich gemacht.

Auf welchen Erfolg hoffst du bei den Olympischen Spielen in diesem Jahr?

Im Moment ist es mein Ziel, mein Bestes zu geben und zu sehen, was dabei herauskommt. Die Bedingungen zurzeit sind schwierig: Wir wissen nicht, wann das Rennen ist. Außerdem bin ich wie die meisten noch nie in einem Fluss geschwommen. Deshalb ist mein Ziel, am Ende einfach mit meinem Rennen zufrieden zu sein.

Du sprichst es an: Aktuell ist vor allem die Verschmutzung der Seine in Paris ein großes Thema. Wie verändert das die Stimmung bei euch im Team?

Jetzt gerade bin ich mit meiner Trainingsgruppe noch im Höhentrainingslager. Als der Triathlon der Männer am Dienstag verschoben wurde, mussten wir feststellen, dass sowas wirklich passieren kann.

"Ich finde es schade, dass die Probleme bei der Planung auf dem Rücken der Athleten ausgetragen werden."

Und was hat das mit euch gemacht?

Ich finde das einfach schade, weil man so lange darauf hinarbeitet. Wir wollen einfach wissen, wann unser Rennen ist. Aber man weiß nicht, wann es ist, wo es ist – das kann sich jeden Tag ändern. Bei uns gibt es das Szenario, dass uns am 8. August um 4 Uhr früh gesagt wird, ob das Rennen stattfinden kann oder nicht. Wenn nicht, geht das am 9. und 10. genauso weiter. Und wenn es dann nicht in der Seine stattfinden kann, geht es am 11. auf die Regattastrecke.

Welche Rolle spielt da der mentale Druck?

Einfach ist es definitiv nicht. Im Freiwasser ist es so, dass Dinge passieren können, die man vorher einfach nicht vorhersehen kann. Man kann die Verpflegung verpassen oder jemand kann dir die Brille wegschlagen. Da muss man mental super fit sein und an sich glauben.

Und was sind jetzt die konkreten Probleme für euch in Paris?

Jeder bereitet sich akribisch vor. Wir kommen zum Beispiel aus der Höhe, ein paar Tage danach machen einen großen Unterschied. Es gibt ein "Zeitfenster", wann man den Wettkampf nach der Höhe machen sollte. Da sind ein paar Tage entscheidend. Ich finde es schade, dass die Probleme bei der Planung auf dem Rücken der Athleten ausgetragen werden. Das bringt schon sehr viel Unruhe rein. Und um es mal ganz einfach zu sagen: Es gibt einen Grund, warum die Rennen fast nie im Fluss stattfinden.

Welcher ist das?

In der Seine gibt es eine extreme Strömung. Auf der einen Seite ist es zwar angenehm, aber auf der anderen Seite ist es umso schwerer. Wenn dort eine Strömung von 1,2 Metern pro Sekunde herrscht, schwimmt man mit unserer Geschwindigkeit mehr oder weniger auf der Stelle.

Extremschwimmerin Diana Nyad hat einmal gesagt, dass Schwimmen im Wettbewerb das Meditative verliert, das viele daran in ihrer Freizeit schätzen. Stimmst du ihr da zu?

Mit meditativ hat das tatsächlich bei mir persönlich wenig zu tun. Hochleistungssport ist immer irgendwo extrem. Da ist schon sehr viel Leistungsdruck. Ich bin jetzt 15 Jahre dabei und je erfolgreicher man wird, desto schwieriger wird es dann auch. Ich gehe in meiner zweiwöchigen Sommerpause auch nicht gern schwimmen. Ich gehe dann gern ans Meer, leg mich da hin oder und stehe im Meer – aber das war's dann auch.

"Es ist nicht einfach, sich auf solche Olympischen Spiele vorzubereiten, da steckt jeder ein bisschen zurück."

Du hast aber auch noch ein zweites Standbein als Influencerin, mit mehr als 100.000 Follower:innen stehst du im Leistungssport ziemlich gut da. Wie wichtig ist es für dich, auf Social Media präsent zu sein?

Ich habe für mich festgestellt, dass es heutzutage nicht mehr ohne Social Media geht, wenn man sich ein bisschen vermarkten möchte. Nur so kann man den Sport pushen und vermarkten und auch Sponsoren finden. Deswegen habe ich da sehr viel Zeit investiert und mir macht es auch Spaß, die Leute mitzunehmen. Ich nutze es einfach als Plattform, meinen Sport ein bisschen präsenter zu machen und zu zeigen, wie toll Sport allgemein ist. Aber das hilft auch mit Sponsoren, weil einfach heutzutage viel in Influencer investiert wird.

Du verkaufst auch eigene Handyhüllen im Zuge einer deiner Werbekooperationen. Welche ist deine größte Einnahmequelle?

Man kann sich die Preisgelder bei uns anschauen. Für einen Weltcupsieg bekommt man im Schwimmen etwa 3500 Dollar. Wir freuen uns über alles, was wir bekommen, aber allein ein Trainingslager kostet für dreieinhalb Wochen rund 4000 Euro.

Das heißt, Prämien allein können nicht die Kosten decken, die im Leistungssport entstehen?

Wenn man dann drei, vier Trainingslager im Jahr macht, kann man vom Sport allein nicht leben. Deshalb bin ich sehr dankbar für meine Partner und meine Familie, die mich unterstützen und an mich glauben. Denn es ist nicht einfach, sich auf solche Olympischen Spiele vorzubereiten, da steckt jeder ein bisschen zurück.

Was müsste sich in deinen Augen da ändern, dass diese Anstrengung auch mehr finanzielle Beachtung findet?

Es ist immer eine Frage von Angebot und Nachfrage. Fußball ist so groß: Die Leute wollen Fußball schauen und es kommt immer im Fernsehen. Andere Sportarten werden manchmal gar nicht übertragen.

Nur aktuell ist das anders ...

Jetzt ist Olympia, da sitze ich hier mit fünf Bildschirmen und kann alles Mögliche schauen. Es gibt so viele tolle Sportarten, ich rede nicht nur vom Schwimmen. Wenn einfach mehr Wettkämpfe übertragen werden, kann man das Ganze auch besser erfassen. Die meisten Leute in Deutschland wissen wahrscheinlich gar nicht, wann gerade Schwimmweltmeisterschaft ist.

Zum Schluss darfst du noch einen Wunsch äußern: Wenn du dir aussuchen könntest, wo der nächste Wettkampf im Freiwasser stattfindet, wo würdest du gerne mal schwimmen?

Ich bin immer ein Fan von flachem, klarem und warmem Wasser. Deswegen würde ich mir sowas Schönes aussuchen, wie die Seychellen oder die Bahamas. Nur möglichst ohne Haie (lacht). Ägypten hat auch tolles Wasser. Es gibt schon viele schöne Orte auf der Welt, wo man schwimmen könnte.

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Neben dem Eingang empfängt ein liebevoll gepflegter Bonsai die Nationalspieler im DFB-Camp in Herzogenaurach. Joshua Kimmich hat ihn während der Europameisterschaft in fürsorglicher Kleinarbeit gehegt und dem zarten Pflänzchen zwischenzeitlich einen Zettel mit der Aufschrift "Streichel mich" versehen.

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