Nick Woltemade erlebt einen Sommer, den er so schnell nicht vergessen wird. Erst der DFB-Pokal-Sieg mit dem VfB Stuttgart, dann die erste Nominierung für die A-Nationalmannschaft durch Julian Nagelsmann – und nun ein glänzender EM-Auftakt im Trikot der U21.
Beim 3:0-Sieg gegen Slowenien trifft Woltemade gleich dreimal, führt seine Mannschaft quasi im Alleingang zum wichtigen Auftakterfolg. "Sehr, sehr gut, ein wichtiger Start für uns", sagt er nach dem Spiel. "Und natürlich: drei Tore – die schmecken sehr gut."
Doch so beeindruckend seine Leistung auf dem Platz auch ist, ein anderes Thema begleitet ihn weiterhin beharrlich durch Interviews, TV-Kommentare und Spielanalysen: seine Körpergröße.
1,98 Meter misst der Stürmer und fast scheint es, als sei das für viele Beobachter das eigentlich Bemerkenswerte an seiner Person.
Die Spitznamen, die sich um seine Statur ranken, sind zahlreich und zum Teil originell – Wondermade, Zwei-Meter-Messi, Schwaben-Ibra –, aber auch klischeebeladen.
Und nicht alle gefallen ihm. Vor allem einer nicht: Langer. "Den mochte ich nie", sagt er in einem Video, zu finden auf dem Youtube-Kanal vom Deutschen Fußball-Bund (DFB).
In dem Clip sieht man ihn an der Seite von DFB-Kollege Niclas Füllkrug. Es wird gespielt. Das Ziel: Herausfinden, wer wen besser kennt. Eine DFB-Mitarbeiterin stellt Fragen aus dem Off, zum Beispiel, wie groß denn nun Woltemade sei.
Aber "auf den Zentimeter genau", merkt sie an, etwas provokant. "Wollen wir die echte Größe nehmen?", fragt Füllkrug. "Oder die, die bekannt ist?" Beide lachen und verdrehen beinahe die Augen. "Es nervt so heftig. Es wird in jedem Satz gesagt", sagt Woltemade und meint die Zwei-Meter-Marke.
Füllkrug hingegen fordert daraufhin alle zum Mitschreiben auf. Um es einmal festzuhalten: "Nick ist keine zwei Meter." Aber fast. Denn wie Woltemade selbst zugibt, fehlt ihm nur noch ein Zentimeter: "Beim Medizincheck kam raus: Ich bin 1,99."
"Früher", sagt er, sei es ihm immer wichtig gewesen, dass er nicht zwei Meter groß ist. Warum? Sein Vater sei so groß. Und größer als er wollte Woltemade nie sein. "Aus welchem Grund auch immer."
Die DFB-Stars sprechen nicht nur über die Statur von Woltemade, sondern auch über seine Zukunftsplanung, nicht aber die sportliche. "Was würde Nick machen, wenn er kein Fußballer wäre?", fragt eine Stimme aus dem Off.
"Da habe ich sofort eine Idee", schießt Füllkrug hinterher. Irgendwas mit Fashion wäre es wohl gewesen. Da sind sich die Stürmer einig. Denn wenn Woltemade mal kein DFB-Trikot trägt, sieht man ihn oft stilbewusst, häufig in Markenklamotten umherstolzieren. Von seinem Styling soll selbst der Stuttgarter Modezar Winni Klenk begeistert sein. Wie es heißt, wollte Klenk von ihm wissen, woher er seine Inspiration nimmt.
Aber mit Blick auf den Arbeitsmarkt, glaubt Woltemade, wäre er wohl eher Lehrer geworden. Sport und Bio oder Sport und Geschichte, schlägt er vor. Einer von den "coolen" Lehrern. "Der Lockere", sagt Woltemade. "Mich kann man duzen."
Prinzipiell hätte sich das Füllkrug auch vorstellen können. Zweifel hat er aber trotzdem. Warum? "Ich glaube, das Studium wäre für dich echt mühsam gewesen", sagt er. Woltemade stimmt zu. "Das wäre mein Endgegner."
Nick Woltemade und Niclas Füllkrug kennen sich aus Bremer Zeiten, standen zwischen 2019 und 2022 gemeinsam im Kader von Werder. Füllkrug damals ein gestandener Bundesliga-Stürmer, Woltemade das Talent aus der Nachwuchsakademie.
Aus dieser Zeit ist eine Freundschaft entstanden, die bis heute hält. "Nick ist ein sehr guter Freund von mir, wir sind dauerhaft in Kontakt geblieben, auch als wir nicht mehr zusammengespielt haben", sagte Füllkrug im Rahmen der Nations-League-Spiele.
Er lobte Woltemade als clever, bodenständig und talentiert – und erkannte früh die Fähigkeiten, die jetzt ganz Europa sieht.