Dass frenetische Fans einen Neuzugang am Flughafen begrüßen, ist in der Türkei ein mittlerweile übliches und zeitgleich eindrucksvolles Schauspiel. Als Leroy Sané in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag um 1.30 Uhr die Ankunftshalle am Istanbuler Flughafen betreten hatte, bekam er davon einen ersten Eindruck.
Mit einem gelb-roten Vereinsschal in den Händen wurde Sané von tausenden Fans empfangen, die Ankunft wurde live übertragen, zeitweise guckten 2,5 Millionen Menschen zu. Zuvor verfolgten sie bereits über Flightradar den Weg des Privatjets.
"Ich bin den Fans sehr dankbar. Es bedeutet mir sehr viel, dass sie zu dieser Stunde hierhergekommen sind. Ich freue mich riesig auf mein erstes Spiel vor diesen Fans. Ich will mit dem Verein einiges erreichen", betonte er.
Dass Sané bei seinen ersten Fotos am Flughafen enorm strahlt und nach den geplatzten Bayern-Verhandlungen fast schon gelöst wirkte, will TV-Legende Marcel Reif nicht überinterpretieren. "Dem kannst du dich nicht entziehen, wenn 2500 Menschen nachts am Flughafen nur wegen dir da sind."
Doch mit dieser Ankunft sind auch gewisse Erwartungen verbunden. Zwar bezeichnete die türkische Tageszeitung "Hürriyet" den Deal als Sensationstransfer, doch die türkischen Fans und Medien sind ähnlich schnell mit Superlativen, wenn es mal nicht läuft.
Und genau davor warnte nun auch TV-Legende Marcel Reif den 29-jährigen Nationalspieler. "So einen Empfang gibt es nicht zum Nulltarif", fügte er in seinem Fußballtalk "Reif ist Live" bei der "Bild" hinzu.
Die 75-jährige Reporterlegende fügte außerdem an, dass nun rund um den amtierenden türkischen Meister "viel zu hohe Erwartungen" in Sachen Champions League herrschen würden.
"Das würde kein Türke Druck nennen. Aber willkommen bei uns und du bringst uns jetzt in Fußballparadies", sagte er mit Blick auf das, was Sané nun liefern müsse. Daher warnte Reif: "Wenn so etwas überbordend emotional ist, kann sich das auch beruhigen, wenn die Leistungen nicht so gut sind."
Er glaubt jedoch auch, dass Sané genau um die Umstände wisse. Denn besonders das Thema Konstanz war in den vergangenen Jahren seine größte Baustelle.
Ein Negativbeispiel dürfte dabei ein Blick auf das vergangene Jahr von Victor Osimhen sein, der auf Leihbasis in Istanbul spielte.
Der Nigerianer wurde im vergangenen September ähnlich frenetisch empfangen und war der gefragteste Stürmer Europas "und wir haben nie wieder so richtig was von ihm gehört", leitet Reif ein.
Zwar hatte er mit 26 Saisontoren einen großen Anteil an der erneuten Meisterschaft, aber in der Europa League konnten seine sechs Treffer das Aus in der Zwischenrunde auch nicht vermeiden.
"Wenn du dort fragst, heißt es: 'Es war toll, dass er zu uns gekommen ist, aber ehrlicherweise: Wenn er jetzt geht, ist es auch nicht so schlimm", berichtet der langjährige TV-Kommentator. Aktuell gibt es auch Verhandlungen zwischen den Gala-Verantwortlichen und Osimhen, wie es weitergehen wird.
Dass sich Sané zu dem Schritt entschieden hat, überraschte auch Reif. Denn die "türkische Liga gehört nicht zu den Spitzenligen der Welt." Ob das Auswirkungen auf seine Karriere im DFB-Team hat, ist sich auch Reif noch unsicher.
"Ich gehe davon aus, dass ein Bundestrainer das zu relativieren weiß. Erstens: Wie spielt er in dieser Liga? Welcher Fußball verlangt diese Liga? Wie setzt er sich da durch oder genießt er entspannt das Leben? Fragen über Fragen."