Die Nachricht ist so schlimm wie befürchtet – auch wenn es in den Stunden nach der Verletzung noch niemand aussprechen wollte: Lena Oberdorf hat sich am Innen- und Kreuzband verletzt. Die Mittelfeld-Strategin verpasst die Olympischen Spiele 2024 in Paris. Es ist eine sportliche Katastrophe für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft.
Nach einem Zweikampf mit der Österreicherin Barbara Dunst, die in der Bundesliga für Eintracht Frankfurt spielt, krümmte sich Oberdorf am Dienstagabend auf dem Rasen, schrie vor Schmerzen. Schon nach Abpfiff war der 4:0-Sieg des DFB-Teams in den Hintergrund gerückt. Denn es war nicht zu übersehen: Oberdorf hatte es schlimm erwischt.
"Ich war in unmittelbarer Nähe, es hat sich nicht gut angehört, wie sie auf dem Platz reagiert hat", sagte beispielsweise Kapitänin Giulia Gwinn.
Seit Mittwochabend herrscht nun Gewissheit, der Deutsche Fußball-Bund kommunizierte die Diagnose am Mittwochabend nach einer MRT-Untersuchung in München.
Bundestrainer Horst Hrubesch reagierte fast schon trotzig: "Wir werden nun einmal mehr alle Kräfte für die Olympischen Spiele bündeln. Wir wollen und werden auch für Obi um die Medaille spielen."
Sportlich ist Oberdorf für Hrubesch nicht zu ersetzen, die Lücke wird nur das Kollektiv schließen können. Die 22-Jährige ist defensiver Dreh- und Angelpunkt des DFB-Teams, ist schon in jungen Jahren nicht mehr wegzudenken aus der Nationalmannschaft.
Hrubesch hat nun exakt eine Woche Zeit, taktisch auf den Ausfall zu reagieren. Seine Spielerinnen bestreiten am Donnerstag (25. Juli) das erste Spiel des olympischen Turniers gegen Australien. Jeweils drei Tage später heißen die Gegner USA und Sambia.
Hrubesch wird noch in dieser Woche eine Personalentscheidung treffen, denn er darf eine von vier Reservistinnen für Oberdorf nachnominieren. Eine Option ist Nicole Anyomi von Eintracht Frankfurt, realistischer scheint aber Janina Minge vom VfL Wolfsburg. Minge spielte gegen Österreich im Mittelfeld noch gemeinsam mit Oberdorf.
Hrubesch muss und wird sich nicht sofort entscheiden. Es liegt nahe, dass er das Gesamtkonstrukt bewertet. Dazu gehört auch die Frage, wie fit die etatmäßige Kapitänin Alexandra Popp ist, die zuletzt noch fehlte. "Alexandra Popp kann auch auf die Sechs gehen. Das haben wir auch schon hinter uns", hatte Hrubesch noch am Dienstag gesagt. Und betonte, dass Pop nur geschont wurde, aber einsatzfähig gewesen wäre.
Auch für den FC Bayern München ist die Verletzung Oberdorfs der Super-GAU. Die 22-Jährige wechselte im Sommer vom VfL Wolfsburg an die Isar, in München wurde ein rekordverdächtiges Gesamtpaket für die 22-Jährige geschnürt. Erst vor wenigen Tagen hatte der Verein die Ex-Wolfsburgerin offiziell vorgestellt.
Bianca Reich, Direktorin des FCB, reagierte auf den Ausfall: "Das ist ein sehr harter Schlag und wir fühlen alle mit Lena. Wir werden sie auf ihrem Weg zurück begleiten und in allen Belangen für sie da sein." Gleichzeitig machte sie der Weltklassespielerin, die bis 2028 in München unterschrieben, Mut: "Lena ist eine Kämpferin, wir werden noch viel Freude an ihr haben."
Die Verletzte selbst verabschiedete sich auf Instagram von ihrem Olympia-Traum. Sie postete ein Schwarz-Weiß-Foto vom Einlauf ins Stadion, schrieb dazu nicht mehr als ein Emoji mit einem gebrochenen Herzen. Zudem repostete Oberdorf mehrere Genesungswünsche von Mitspielerinnen und des offiziellen Accounts der Frauen-Bundesliga.
In den Kommentaren reagierte fast die gesamte Nationalmannschaft, von Jule Brand bis Laura Freigang meldeten sich ihre Mitspielerinnen. Giulia Gwinn, in Zukunft auch Mitspielerin beim FC Bayern, schickte auch öffentlich eine kleine Ankündigung an Oberdorf: "There for you!"
(mit Material der dpa)