So häufig der Fußball auch von Uneinigkeiten bestimmt ist, es gibt wohl fanlagerübergreifend eine Sache, auf die sich unisono alle verständigen können: die Kritik am Video-Assistant-Referee (VAR).
Mal greift er ein, wenn es keinen Anlass gibt, dann bleibt er wieder stumm, wenn es seiner Hilfe bedarf. Eine Technik wie die Fifa – intransparent, nur schwer nachzuvollziehen und fehleranfällig.
Beim Spitzenspiel der Premier League am Samstag erlebte der Umgang mit dem launischen Hilfsmittel seinen zwischenzeitigen Tiefpunkt. Der FC Liverpool unterlag den Tottenham Hotspur mit 1:2, wobei der Mannschaft von Jürgen Klopp der vermeintliche Führungstreffer zu Unrecht aberkannt worden war.
In der 35. Minute spielte Mohamed Salah einen Pass auf Luis Díaz, der zum Torerfolg abschloss. Der Schiedsrichter entschied fälschlicherweise auf Abseits, trotz Überprüfung der Bilder nahm das VAR-Team die Entscheidung nicht zurück.
Die Kommunikation des Schiedsrichtergespanns untereinander wurde in der Folge veröffentlicht, daraus geht hervor, dass der Videoschiedsrichter zunächst dachte, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Der Irrtum fiel erst nach Wiederanpfiff auf. Im direkten Gegenzug ging Tottenham in Führung, der verantwortliche VAR und sein Assistent wurden von ihren folgenden Einsätzen abberufen.
Liverpool-Trainer Jürgen Klopp haderte auch mehrere Tage danach noch mit der Benachteiligung. "Es ist sehr wichtig, dass wir in einem so wichtigen Spiel wie dem gegen Tottenham eine Wiederholung bekommen", sagte Klopp vor dem Europa-League-Spiel gegen Union St. Gilloise und betonte: "Es ist wirklich wichtig, dass wir – so groß und wichtig wie der Fußball ist – auf angemessene Weise damit umgehen." Das meine er nicht als Liverpool-Trainer, "sondern eher als Fußballer".
Die Spieloffiziellen nahm er hingegen in den Schutz und erklärte "auf niemanden wütend" zu sein. In dem Vorfall vom Wochenende sehe er aber einen Präzedenzfall: "Soweit ich mich erinnern kann, ist das noch nie passiert."
Ob der Vorschlag einer Spielwiederholung aber tatsächlich umgesetzt wird, bleibt fraglich. So meinte auch der 56-Jährige, dass es "wahrscheinlich nicht passieren" werde und ergänzte: "Das Argument dagegen wäre wohl, dass du damit zu viel aufmachst, dass künftig dann jeder danach fragen wird."
Auch der Schiedsrichterverband PGMOL hat sich unterdessen zu dem Vorfall geäußert und in einem ausführlichen Bericht an die 20 Premier-League-Klubs geschrieben, dass der Fehler des Video-Assistenten auf eine "Konzentrationsschwäche und einen Verlust des Fokus" zurückzuführen sei.
Der Verband beschwichtigte, es seien "wichtige Lehren" gezogen worden, "um das Risiko eines künftigen Fehlers zu verringern". Genauigkeit soll künftig Vorrang vor Effizienz haben, dazu werde ein neues Protokoll für den Videoschiedsrichter entwickelt, um die Klarheit der Kommunikation zu verbessern.