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NFL in Frankfurt: So feiern die deutschen Fans die Chiefs und die Dolphins

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Die Fans beider Teams feierten ausgelassen das NFL-Spiel in Frankfurt zwischen den Chiefs und den Dolphins. Bild: imago / rene schulz
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NFL in Frankfurt: Wie die deutschen Fans American Football feiern

06.11.2023, 18:4706.11.2023, 19:02
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Im Frankfurter Nieselregen stapfen die Menschen am Sonntag in Scharen in Richtung Waldstadion. Bereits am Hauptbahnhof wird deutlich: Hier ist heute der Zirkus in der Stadt. Genauer gesagt: die NFL. Beim überhaupt erst zweiten NFL-Spiel auf deutschem Boden trifft der amtierende Super-Bowl-Gewinner Kansas City Chiefs auf die beste Offensive der Liga, die Miami Dolphins. In Frankfurt ist aber vor allem der American Football zu Gast. Und mit ihm eine große Portion USA.

Unter die roten und türkisen Trikots der Chiefs und der Dolphins mischen sich allerlei andere Farben. Es sind Fans der New England Patriots da, der Seattle Seahawks, der Dallas Cowboys. Rund um das Stadion wird neben Deutsch auch Spanisch gesprochen, Italienisch, und was auch immer Lothar Matthäus spricht, der einen Gastauftritt beim TV-Sender NFL Network hinlegen durfte. Vor allem aber hört man Englisch.

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"Es sind deutlich mehr US-amerikanische Fans da als in London", erzählt eine britische Journalistin im Gespräch mit watson. Dort finden bereits seit 2007 regelmäßig NFL-Spiele statt. "Es gibt hier allerdings nicht das klassische 'Tailgating‘". Also das typisch-amerikanische Zusammenkommen auf der Esplanade vor dem Spiel.

NFL: Die USA schwappt nach Deutschland rüber

Abgesehen davon fühlt es sich ganz so an wie in den USA. Zumindest, wenn man noch nie in den USA gewesen ist. Der Vorplatz vor der Arena ist gespickt mit Unterhaltungsangeboten und Essgelegenheiten.

Um eine zentral arrangierte Bühne hat sich eine Art Kirmes gebildet: Man kann sich unter anderem akrobatisch auf eine Matte schmeißen, um einen Football zu fangen, seine eigenen Quarterback-Fähigkeiten an einer Art digitalen Torwand unter Beweis stellen oder aus dem Stand so hoch beziehungsweise so weit wie möglich springen.

Bereits mehrere Stunden vor dem Kickoff haben sich schon etliche Personen hier versammelt, wobei es "versammelt" ganz gut trifft. Viel mehr passiert nämlich erstmal nicht.

"Frankfurt Games": verhaltene Stimmung zu Beginn

Auf der zu zwei Seiten geöffneten Bühne versucht ein Moderator mit der Inbrunst und der latenten Verzweiflung eines norddeutschen Marktschreiers, das Publikum zu animieren, muss sich aber, so die wohlwollende Vermutung, dem wetterbedingten Stimmungsdämpfer geschlagen geben. Einmal so fühlen, wie über dem Teich. Das ist das Versprechen.

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Vor dem Stadion waren einige Unterhaltungsstände aufgebaut. Bild: imago / shutterstock

Die Angebote sind gut besucht, das Geschehen plätschert ein wenig vor sich hin. Es herrscht eine Stimmung wie bei einem touristischen Großstadt-Weihnachtsmarkt Ende November, bei dem nun aber verdammt noch eins auch Weihnachtsstimmung aufkommen soll. Das klappt am Anfang: bedingt.

Taylor Swift ist doch nicht gekommen

Noch bis kurz vor Spielbeginn hievt sich die nieselige Stimmung in die Arena hinein, mit dem Anpfiff kommt dann aber schließlich auch die Ekstase in ungeahntem Ausmaß. "Die Zuschauer waren unfassbar", wird Chiefs-Trainer Andy Reid später sagen.

Es läuft "Paint the Town Red" von Doja Cat (natürlich in der jugendfreien Variante) und ein Blick auf die Ränge unterstreicht die musikalische Auswahl: Ein Großteil der knapp 50.000 Menschen großen Zuschauerschaft ist mit roten Trikots ausgestattet, zumeist mit dem Flock von Patrick Mahomes – oder natürlich Travis Kelce, der einigen nur als Freund von Taylor Swift bekannt sein dürfte.

Kansas City Chiefs tight end Travis Kelce arrives before the start of an NFL football game between the Miami Dolphins and Kansas City Chiefs Sunday, Nov. 5, 2023, in Frankfurt, Germany. (AP Photo/Mart ...
Travis Kelce gehört zu den größten Stars der NFL.Bild: AP / Martin Meissner

Swift hat, nach einem stadtgroßen Where-is-Waldo-Spiel und wochenlangen Spekulationen, den Weg nach Frankfurt nicht angetreten, wie im Laufe des Tages allmählich deutlich wurde. Sei’s drum, dann wird sich eben selbst um den Entertainment-Faktor gekümmert. Superstar Patrick Mahomes, der von einer "außergewöhnlichen Erfahrung" in Frankfurt berichtet, braucht im Stile eines römischen Caesaren nur eine kleine Handbewegung in Richtung Publikum, um die Masse zum Toben zu bringen. Brot und Spiele.

Eine "Cam" jagt die nächste; es gibt eine "Flex-Cam", eine "Beard-Cam", ganz schlicht auch eine "Fan-Cam" und die wunderbar drollig ins Deutsche übersetzte "Knutsch-Cam". Das Konzept ist, wie so vieles an diesem Nachmittag, aus den USA importiert.

Chiefs gegen Dolphins: Heiratsantrag während des Spiels

Eine Kamera, die für alle sichtbar auf der Stadionleinwand abgebildet wird, schweift durch das Publikum und gibt einzelnen Leuten einen ganz persönlichen Augenblick, auch einmal im Mittelpunkt zu stehen. Die Fans sind sich der Verantwortung der Aufmerksamkeit durchaus bewusst und liefern verlässlich unterhaltsame Bilder.

So nutzt ein Chiefs-Fan, da waren noch keine fünf Minuten gespielt, die Gelegenheit, seiner Freundin einen Heiratsantrag zu machen. Und: Sie sagt Ja! Das Publikum tobt, der Chiefs-Fan umarmt erst das Maskottchen, dann seine Verlobte, über die Lautsprecher schallt umgehend "Marry You" von Bruno Mars. Es sind Momente wie diese, in denen sich zeigt, welches Konzept hier verfolgt werden soll. Wenn man es nicht besser wüsste, wähnte man sich bereits in Kansas City, Missouri.

Denn Football ist, und das ist das für das deutsche Publikum eigentlich das Ungewohnte, mitunter Verpönte, vor allem eine Show. Die Teams werden auch "Franchises" genannt, das sportliche Ereignis bietet hier einen Rahmen, um ein pickepackevolles Programm neben dem Feld abzuliefern, weil das Spiel naturgemäß mit etlichen Unterbrechungen gesät ist.

Die vermeintliche Not wird hier zur Tugend stilisiert. In den USA kennt man es nicht anders, aber kann das auch in Deutschland funktionieren? Neben frittiertem Essen und Populismus ist der Entertainment-Gedanke der wohl historisch größte Export aus den USA. Und wird in Frankfurt auf deutsche Verhältnisse zurecht gezurrt.

"Country Roads" als Highlight des Spiels

Zwar wird im Stadion quasi durchgängig Englisch gesprochen und die Abläufe sind teilweise eins zu eins aus den USA übernommen, allerdings wird auch der Spagat zwischen amerikanischem Erlebnis und deutschem Publikum herausgestellt. Schließlich dient die Partie der Internationalisierung der NFL.

Also wird beispielsweise Chiefs-Spieler Joe Thuney dabei gezeigt, wie er erstaunlich gut deutsche Wörter ausspricht, und im Stadion läuft "Sie liebt dich" von den Beatles. Auf Deutsch. Generell dürfen die kanonischen Werke der deutschen Mitgröl-Folklore an diesem Nachmittag nicht fehlen.

Ob "Seven Nation Army" von The White Stripes, "Sweet Caroline" von Neil Diamond oder das schon ikonische "Country-Roads" von John Denver – jedes Mal, wenn das Spielgeschehen etwas abflachte, wurde das Publikum mit dramaturgisch präzisen Nadelstichen wieder defibrilliert. Mit durchschlagendem Erfolg, aber zur Verwunderung einiger US-amerikanischer Fans.

Im Gespräch mit watson sagte ein Zuschauer aus Chicago, dass niemand in den USA bei den Spielen "Country Roads" singe. "Das erinnert mich immer an einen Kellner, den wir in Malaysia getroffen haben. Der hat das beim Karaoke gesungen", erklärte seine Frau. Im Allgemeinen sei die Stimmung aber der in den USA ebenbürtig gewesen. Bei der Halbzeitshow gelang das jedoch nicht ganz.

Nach der ersten Spielhälfte betraten Nico Santos und Kontra K die Bühne und gaben sich sichtlich Mühe, den Fußstapfen von Rihanna oder 50 Cent gerecht zu werden. Der erwünschte Super-Bowl-Effekt blieb aber letztlich aus, was weniger den Künstlern anzulasten ist, als der miserablen Tonqualität im Stadion.

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Nico Santos spielte bei der Halbzeitshow in Frankfurt gemeinsam mit Kontra K. Bild: imago/ eibner

Der Stimmung hat das letztlich keinen Abbruch getan. Die Chiefs haben, das sei der Vollständigkeit halber erwähnt, mit 21:14 gewonnen. Die Dolphins waren am Ende kurz davor, das beeindruckendste, delfinigste Comeback seit den Flippers hinzulegen, das wäre aber wohl etwas zu viel amerikanischer Pathos gewesen.

Nach dem Spiel lagen sich Fans aller Lager und Nationen angetrunken und beseelt in den Bars der Frankfurter Innenstadt in den Armen, was den Eindruck bestätigte: Deutschland ist zwar nicht die USA, aber war an diesem Nachmittag verdächtig nah dran.

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