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WM 2022: 7 Gründe, warum das auf keinen Fall die "beste WM aller Zeiten" war

Doha, Qatar, 21st November 2022. FIFA president Gianni Infantino during the FIFA World Cup, WM, Weltmeisterschaft, Fussball match at Khalifa International Stadium, Doha. Picture credit should read: Da ...
Für Fifa-Präsident Gianni Infantino ist die WM in Katar ein großer Erfolg.Bild: www.imago-images.de / imago images
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WM 2022: 7 Gründe, warum das Turnier nicht die "beste WM aller Zeiten" war

18.12.2022, 16:35
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Für Fifa-Präsident Gianni Infantino war schon vor dem Anpfiff des Eröffnungsspiels zwischen Gastgeber Katar und Ecuador klar, dass dieses Turnier "die beste WM aller Zeiten" werden würde.

Nachdem die Gruppenphase beendet war, zog der Fifa-Präsident ein erstes Zwischenfazit und war erneut nicht um Superlative verlegen. "Das war die beste Gruppenphase bei einer WM aller Zeiten", sagte er vor rund zwei Wochen.

Eine mehr als streitbare Aussage. Watson hat sieben Gründe zusammengetragen, warum die umstrittene WM in Katar nicht die beste Gruppenphase und schon gar nicht die beste WM aller Zeiten war.

So viele leere Sitze

Das Turnier war gerade einmal 45 Minuten alt, da machten erste Bilder von leeren Stadien die Runde. Beim Eröffnungsspiel zwischen dem Gastgeber und Ecuador war das Stadion fünfzehn Minuten vor dem Ende schon nur noch zur Hälfte gefüllt.

Es wurde noch ein Stück absurder als die Fifa bei den Spielen höhere Zuschauerzahlen verkündete als die offizielle angegebene Stadionkapazität. Dieses "Missverständnis" wurde zwar schnell korrigiert, doch die Plätze blieben leer.

Immer wieder posteten Reporter Bilder aus den Stadien von leeren Sitzen und Haupttribünen.

Die österreichische Tageszeitung "Der Standard" berichtete sogar darüber, dass auch Fans ohne Ticket kurz nach Anpfiff immer wieder hineingelassen wurden, um die freien Plätze aufzufüllen.

Unentschieden, überall Unentschieden

Wer im Tippspiel mit den Kollegen in der Gruppenphase bei allen Spielen auf Remis getippt hat, der sollte einen Platz in der Top-Drei sicher haben.

Zehn Spiele in der Gruppenphase endeten Unentschieden, davon sechs sogar 0:0.

Ins Risiko gingen nur wenige Nationen, stattdessen gab es viele Teams, die hinten den Bus parkten und im Angriff auf die Hilfe des lieben Gottes hofften. Spielerisch und taktisch wird das Turnier definitiv nicht in die Geschichte des Fußballs eingehen.

Polen trieb es im letzten Gruppenspiel gegen Argentinien dabei auf die Spitze. Das Team von Top-Stürmer Robert Lewandowski schoss bei der 0:2-Niederlage nicht ein einziges Mal auf das Tor. Lediglich ein Gegentor mehr oder ein Treffer der Mexikaner im Parallelspiel hätte das Aus bedeutet.

Die Nachspielzeit

Es gibt Spiele, da wünscht man sich nichts sehnlicher als eine ausgiebige Nachspielzeit. Vor allem, wenn das gegnerische Team ständig und ein bisschen länger als nötig am Boden liegen bleibt, in der 92. Minute noch einmal auswechselt oder sich mit dem Ball an der Eckfahne verbarrikadiert.

Und es gab diese Weltmeisterschaft in der Wüste.

Sieben, acht, neun Minuten Nachspielzeit waren mehr Regel als Ausnahme. Es herrschte schon fast Verwunderung, wenn es mal nur vier waren.

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14 Minuten Nachspielzeit waren selbst bei dieser WM ein Rekord.Bild: PA Wire / Martin Rickett

Eigentlich ein netter Gedanke von Schiedsrichterboss Pierluigi Collina, die Netto-Spielzeit zu erhöhen. Denn im Schnitt rollt der Ball bei Fußballspielen oft nur 50 Minuten der Zeit.

Also handelt die Fifa wirklich im Sinne des Fußballs? Irgendwie traut man das dem Weltverband einfach nicht zu. Die Theorie, damit den Sponsoren einfach mehr Bildschirmzeit zu verschaffen, wirkt da doch irgendwie plausibler. Oder welches Team braucht bei einem 1:4-Rückstand noch vier Minuten Nachspielzeit?

Der Videoschiedsrichter

Begründet war die lange Nachspielzeit oft durch den Einsatz des Videoschiedsrichters (VAR). Was in der Bundesliga häufig für ungläubige Blicke sorgte und Verständnisfragen der Regeln bei Fußballkennern auslöste, klappte in Katar eigentlich ganz gut.

Doch auch hier raubt der Videoschiedsrichter plus die neu hinzugekommene halbautomatische Abseitslinie jegliche Spontanität von Torjubeln. Jetzt reichen wenige Millimeter für einen Regelverstoß und "im Zweifel für den Angreifer" wird zum Relikt aus alten Tagen.

Aber es wäre nicht die Fifa, wenn auch hier nicht alles mit rechten Dingen zugehen würde. So veröffentlichte die "Süddeutsche Zeitung" einen Text, der einige Ungereimtheiten des VAR – vor allem zum Nachteil der europäischen Teams und Deutschland – aufzeigte. Thomas Kistner, einer der Autoren, hatte bereits im Podcast "Lanz & Precht" gesagt:

"Bei dieser Fifa muss man mit allem rechnen. [...] Vor allem spielt sich das ganze Geschehen im Millimeterbereich ab und das kann nicht sein. Was wir von wissenschaftlicher Seite hören, ist der Ball (beim Tor Japans gegen Spanien, Anm.d.Red) um gut zwei Zentimeter im Aus gewesen. Wir haben auch Bilder, die das für das menschliche Auge sehr nahelegen. Ich frage mich, wie man in dieser Geschwindigkeit zu seiner knappen Entscheidung, die auch noch die falsche war, hat kommen können."

Katar als ungeeigneter Gastgeber

Dass die "beste WM aller Zeiten" nicht in Katar stattfinden würde, war eigentlich schon vor Turnierbeginn klar. Und es wurde immer deutlicher, je näher der Tag der Eröffnung kam.

Die Zustände der migrantischen Arbeiter:innen, Katars Umgang mit Homosexuellen, Spionage-Affären, die Debatte um das kurzfristige Alkoholverbot vor dem Turnier, die Diskussionen um die One-Love-Kapitänsbinde und die Regenbogenfahne auf Shirts und Armbändern, die Israel-Feindlichkeit der Fans, der Protest und die Solidarität der iranischen Spieler mit den Demonstrierenden in ihrer Heimat oder der Verbot politischer Symbole im Stadion sind nur einige Beispiele.

Gianni Infantino forderte vor dem Turnier, dass der Fußball im Mittelpunkt stehen solle. Doch bei dieser Weltmeisterschaft stand er so deutlich wie noch nie im Hintergrund.

Wo sind die Top-Nationen?

So sehr einen die Überraschungserfolge mit den Halbfinal-Teilnahmen von Marokko und Kroatien auch freuen: ansehnlich war das alles nicht. Auch für die beiden Teams galt häufig: hinten sicher und vorne wird schon einer reingehen.

Natürlich ist das eine legitime Spielidee und den beiden Teams ist das Unvermögen von Deutschland, Spanien, Brasilien, Belgien oder Italien, die sich erst gar nicht qualifizierten, nicht anzulasten. Aber um einem WM-Halbfinale wirklich die richtige Spannung zu verpassen, hätte es neben Frankreich und Argentinien noch zwei der absoluten Top-Teams im Halbfinale gebraucht.

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Das DFB-Team flog erneut in der Vorrunde aus dem Turnier.Bild: www.imago-images.de / imago images

Weihnachtsstimmung statt Fußballeuphorie

In Deutschland herrschen Minusgrade und die Vorfreude auf das Turnier war schon weit vor Beginn unter dem Gefrierpunkt. Die organisierten Fanszenen in der Bundesliga sprachen sich schon früh für einen Boykott aus. Und dem folgten auch zahlreiche Zuschauende, die für gewöhnlich einschalten würden.

Der Fußball konnte nicht von den zahlreichen Problemen wie Ukraine-Krieg, Inflation und Energiekrise ablenken. Statt Public Viewing und Bier waren es diesmal Existenzkrise, Weihnachtsmarkt und Glühwein.

Und sind wir mal ehrlich: Wie kann etwas die beste WM aller Zeiten sein, wenn Deutschland bereits in der Vorrunde rausfliegt.

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