27 Jahre Deutsche Einheit – und dennoch sprechen noch viele Menschen von Ossis, Wessis und der Mauer in den Köpfen. Der Sport ist dabei keine Ausnahme und so träumen viele Ostalgiker davon, wie eine DDR-Fußballnationalmannschaft dieser Tage aussehen könnte.
Wir haben uns dieses Gedankens einmal angenommen und den ultimativen WM-2018-Kader der untergegangenen Deutschen Demokratischen Republik zusammengestellt. Einziges Kriterium, um von DDR-Nationaltrainer watson berücksichtigt zu werden: ein Geburtsort auf dem Gebiet Ostdeutschlands.
So würde die DDR-Nationalmannschaft 2018 in einem 4-5-1-System aussehen:
Ralf Fährmann (29), FC Schalke 04, Marktwert: 13 Millionen Euro, geboren in: Karl-Marx-Stadt
Ralle, wie die Schalker Nummer 1 von allen in und außerhalb des Ruhrpotts genannt wird, hat die DDR noch knapp mitgemacht und kann deshalb auch mit Fug und Recht behaupten, in Karl-Marx-Stadt, wie Chemnitz zu Zeiten der DDR hieß, geboren worden zu sein. Trotz seiner überragenden und konstanten Bundesliga-Leistungen wäre eine DDR-Auswahl wohl die einzige Möglichkeit für ihn, auf internationale Einsätze. Der West-Jogi setzt nämlich nicht auf ihn.
Marcel Schmelzer (30), Borussia Dortmund, Marktwert: 5 Millionen Euro, geboren in: Magdeburg
Schmelle kommt immerhin auf 16 Länderspiel für die Bundesrepublik und wäre beinahe Weltmeister geworden – hätte sich Jogi Löw nicht für seinen Vereinskameraden Erik Durm auf der linken Abwehrseite entschieden. Schmelzer steckte die vielleicht größte persönliche Niederlage seiner Karriere professionell weg und verteidigte trotz aller Kritik seinen Stammplatz beim BVB, während Weltmeister Durm in der Versenkung verschwand.
Jordan Torunarigha (20), Hertha BSC, Marktwert: 4 Millionen Euro, geboren in: Chemnitz
Eines der größten deutschen Verteidiger-Juwele könnte für die DDR auflaufen, wäre die Mauer 1989 niemals gefallen: Jordan Torunarigha ist 1997 in Chemnitz geboren worden und begann seine ersten professionellen Schritte im Fußball beim örtlichen CFC, bevor er in Herthas Jugendakademie wechselte. In der abgelaufenen Saison machte er 20 Bundesliga-Spiele und erzielte zwei Tore für die "Alte Dame".
Robert Huth (33), Leicester City, Marktwert: 2,5 Millionen Euro, geboren in: Ost-Berlin
"Huuuuuuuuuuuuth" schallte es bei der Heim-WM 2006 über die Fanmeilen, als der damals 21-jährige Novize sich mit dem Charme eines Dorfdisco-Türstehers in die Herzen der Republik grätschte. Huth ist 1984 in Ost-Berlin geboren und ist damit der Spieler mit der größten DDR-Erfahrung im Kader. Nach mehreren schweren Verletzungen wurde sein diesen Sommer auslaufender Vertrag beim ehemaligen englischen Meister Leicester City nicht verlängert. Wo Huth seine Karriere fortführt, ist noch nicht bekannt.
Tony Jantschke (28), Borussia Mönchengladbach, Marktwert: 3,5 Millionen Euro, geboren in: Hoyerswerda
Die Gladbacher Identifikationsfigur (seit 2009 im Verein) hat es nie zum A-Nationalspieler geschafft, einzig 18 Spiele für die bundesdeutsche U21 stehen für Jantschke auf der Habenseite. Dass sich daran noch etwas ändert, dürfte als nahezu ausgeschlossen gelten: Jantschke ist äußerst verletzungsanfällig und Joshua Kimmich wird vermutlich die kommenden zehn bis 15 Jahre beim DFB auf der Rechtsverteidiger-Position gesetzt sein.
Arne Maier (19), Hertha BSC, Marktwert: 7,5 Millionen Euro, geboren in: Ludwigsfelde
Arne Maier darf sich bereits Deutscher Meister nennen. Gut, zwar hat er mit Hertha BSC "nur" den A-Junioren-Titel errungen, aber was noch nicht ist, kann noch werden – insbesondere, wenn Maier weiter so auftrumpft wie in seiner Debütantensaison in der Bundesliga. Über 1.000 Minuten stand der junge Sechser bereits für die Hertha auf dem Platz und machte darüber hinaus drei Europa-League-Auftritte mit. Es dürfte nicht allzu lange dauern, bis auch Jogi Löw Gefallen an Maier als Khedira-Alternative finden dürfte.
Toni Kroos (28), Real Madrid, Marktwert: 80 Millionen Euro, geboren in: Greifswald
Der beste bundesdeutsche ist auch der beste ostdeutsche Kicker. Vierfacher Champions-League-Sieger, Deutscher Meister, Spanischer Meister, Weltmeister – wir könnten ewig so weitermachen. Kroos ist der Boss im deutschen Spiel, er könnte mit seiner Passsicherheit selbst einen Kreisliga-Stolperer aus Rathenow in eine so aussichtsreiche Position schicken, dass er kaum noch etwas zum Torerfolg beisteuern müsste, als seinen Fuß hereinzuhalten. Gott, was lieben wir Toni Kroos...
Maximilian Arnold (24), VfL Wolfsburg, Marktwert: 10 Millionen Euro, geboren in: Riesa
Kroos' Schatten und Wasserträger im DDR-Mittelfeld wäre Wolfsburgs Maxi Arnold: grundsolide, ausdauernd, schlitzohrig. Mit diesen Attributen leistete er 2017 einen entscheidenden Beitrag dazu bei, dass der DFB die U21-Europameisterschaft für sich entschied. Noch wurde er jedoch nicht für die A-Nationalmannschaft berücksichtigt, was sich – wenn wir uns die Konkurrenz auf seiner Position anschauen (Khedira, Gündogan, Goretzka) – nicht so schnell ändern wird.
Leonardo Bittencourt (24), 1. FC Köln, Marktwert: 6 Millionen Euro, geboren in: Leipzig
Leonardos Vater, der ehemalige Bundesligaprofi Franklin, besitzt die brasilianische Staatsbürgerschaft, verbrachte jedoch seine Karriere nahezu ausschließlich in ostdeutschen Gefilden. Bittencourt würde einer DDR-Auswahl mit seinen Wurzeln einen "joga bonito"-Touch mitgeben, von dem Jürgen Sparwasser und Co. in etwa so weit entfernt waren wie Energie Cottbus von der Rückkehr in die Bundesliga.
Steven Skrzybski (25), 1. FC Union Berlin, Marktwert: 2,5 Millionen Euro, geboren in: Berlin-Kaulsdorf
Wer sich etwas mit dem Berliner U-Bahnnetz auskennt, weiß: Kaulsdorf, das ist da, wo die U5 im tiefsten Osten (manchmal) endet. Von dort kommt Steven Skrzybski, der in der abgelaufenen Saison mit 19 Torbeteiligungen für Union Berlin die Aufmerksamkeit seines Lieblingsvereins seit Kindheitszeiten weckte und mit ihm ab der nächsten Saison Champions League spielt: dem FC Schalke 04.
Nils Petersen (29), SC Freiburg, Marktwert: 12 Millionen Euro, geboren in: Wernigerode
Sandro Wagner hält sich selbst für den besten deutschen Stürmer. Blöd nur, dass Jogi Löw Nils Petersen ihm vorgezogen hat. Gut, Petersen hat es schlussendlich auch nicht nach Russland geschafft, aber da wollen wir mal drüber hinwegsehen. Ansonsten steht Petersen vor allem für eins: ein Wechsel von Energie Cottbus zum FC Bayern München muss deine Karriere nicht zerstören – auch wenn bei ihm nicht viel gefehlt hat. Seit seinem Wechsel in den beschaulichen Breisgau netzte Petersen in 117 Spielen für den SC Freiburg bockstarke 64-mal. Sandro Wagner sollte Nils Petersen also zumindest für den besten ostdeutschen Stürmer halten.
René Adler (33), Torwart, 1. FSV Mainz 05, Marktwert: 1 Million Euro, geboren in: Leipzig
Die verletzungsgeplagte, ehemalige bundesdeutsche Nummer Eins würde es in einer DDR-Auswahl nicht über den Status des guten Geistes im Team schaffen. Nach einer schweren Knieverletzung fehlte er Mainz bereits am Ende der abgelaufenen Saison und droht seinen Stammplatz im Kasten zur neuen Saison an den aus Kiel zurückkehrenden Robin Zentner oder den Senkrechtstarter Florian Müller zu verlieren.
Marcel Franke (25), Innenverteidiger, Dynamo Dresden, Marktwert: 2 Millionen Euro, geboren in: Dresden
Franke kehrte in diesem Jahr nach einem missglückten England-Abenteuer bei Norwich City zurück zu seinem Heimverein Dynamo Dresden und wurde mit seiner Konstanz im Defensivzentrum zu einem wichtigen Faktor auf dem Weg zum Klassenerhalt in der zweiten Liga. Das wird mit einem Platz im DDR-Kader belohnt.
Paul Seguin (23), Defensives Mittelfeld, Dynamo Dresden, Marktwert: 1,5 Millionen Euro, geboren in: Magdeburg
Mit dem beim VfL Wolfburg ausgebildeten Paul Seguin schafft es ein weiterer Dresdner Dynamo-Spieler auf die DDR-Ersatzbank. Paul könnte zuhause übrigens ein paar DDR-Nationalmannschaftsgeschichten einholen: Sein Vater Wolfgang war Teil der legendären Magdeburger Mannschaft, die 1974 den Europapokal der Pokalsieger holte und schaffte es in seiner Karriere auf 21 Einsätze im blauen DDR-Leibchen.
Kevin Möhwald (24), Offensives Mittelfeld, 1. FC Nürnberg, Marktwert: 2 Millionen Euro, geboren in: Erfurt
Erst der Bundesligaaufstieg mit dem "Glubb" aus Nürnberg und jetzt die Berufung in den (watson-)DDR-Kader. Was ein Sommer für Kevin Möhwald. Der Offensivmann könnte bei einer Einwechslung seinen natürlichen Tordrang aufs Feld bringen und sowohl die Flügelspieler entlasten als auch Nils Petersen im Sturmzentrum zuarbeiten.
Tim Kleindienst (22), Mittelstürmer, SC Freiburg, Marktwert: 2 Millionen Euro, geboren in: Jüterbog
Nicht nur im Verein, sondern auch in der Nationalmannschaft die Nummer-Eins-Alternative zu Nils Petersen: Kleindienst machte gut die Hälfte seiner Bundesligaminuten in der abgelaufenen Saison als Einwechselspieler und schaffte es dennoch in 22 Spielen auf immerhin fünf Torbeteiligungen.