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"Hart aber fair": Landrat kritisiert Regierungen – "Hütchenspiel"

Stephan Pusch (CDU) ärgert sich, dass Verantwortung abgeschoben wird.
Stephan Pusch (CDU) ärgert sich, dass Verantwortung abgeschoben wird.bild: screenshot ard
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"Hart aber fair": Landrat kritisiert Regierungen – "Hütchenspiel"

09.02.2021, 06:3409.02.2021, 06:33
dirk Krampitz
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Mit Corona, der Politik, dem hakenden Impfablauf und der Reaktion der Bevölkerung sei es ein bisschen so, als würde man einem Kind immer wieder Versprechungen machen und sie dann nicht einhalten. Und stattdessen immer wieder auf später vertrösten, meint Frank Plasberg. "Kann man es verdenken, wenn das Kind dann irgendwann zornig wird und fragt, wer daran schuldig ist?", sagt der Moderator mehr als dass er fragt. Frank Plasberg diskutiert das Thema "Die Frage nach den Impf-Deals: Taugt Europa als Krisenmanager?" Zu Gast sind:

  • Rolf-Dieter Krause, ehemaliger Leiter des ARD-Studios Brüssel
  • Gisela Stuart, Brexit-Befürworterin; ehemals britisches Parlamentsmitglied, jetzt im House of Lords
  • Stephan Pusch, CDU, Landrat des Kreises Heinsberg
  • Linn Selle, Präsidentin der "Europäischen Bewegung Deutschland"
  • Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe (EVP) im Europäischen Parlament
  • Jan Fleischhauer, Kolumnist beim "Focus"
Kennt Brüssel gut: Journalist Rolf-Dieter Krause
Kennt Brüssel gut: Journalist Rolf-Dieter Krausebild: screenshot ard

Rolf-Dieter Krause hat 15 Jahre für die ARD aus Brüssel und von der EU berichtet. Für ihn ist die Situation nach der Bestellung der Impfstoffe durch die EU ganz klar: "Hier hat man ihr eine Aufgabe übertragen, für die sie einfach nicht gewachsen ist." Aber es sei nicht in erster Linie die Bürokratie der EU, die es schwierig mache, "es sind die Mitgliedsstaaten".

Natürlich könnten einzelne Länder allein schneller reagieren als alle 27 zusammen. "Aber die Frage ist, ob es am Ende ein besseres Ergebnis wird – der Impfstoff wird ja nicht mehr." Später in der Sendung scheint er seine Meinung aber zumindest graduell geändert zu habe und sieht ein Versäumnis bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sowie EU-Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides. "Wir haben Leute verhandeln lassen, die mit der Pharmaindustrie keinerlei Erfahrungen hatten."

Gisela Stuart freut sich, dass das Impfen in Großbritannien gut klappt.
Gisela Stuart freut sich, dass das Impfen in Großbritannien gut klappt. bild: screenshot ard

Gisela Stuart, Brexit-Befürworterin und ehemals britisches Parlamentsmitglied, lächelt. Sie ist aus Großbritannien zugeschaltet. Ihr Land hat bereits zwölf Millionen Menschen geimpft (18 Prozent der Bevölkerung). Deutschland nur 2,3 Millionen (2,8 Prozent). Am Morgen nach der Sendung um 8.15 Uhr hat sie ihren ersten Impftermin.

"Wenn es eine Pandemie gibt, muss man agil sein. Ich bezweifle, dass Brüssel in der aktuellen Konfiguration fähig ist, solchen Pandemien entgegenzutreten."
Gisela Stuart

Ein solches Urteil war von einer Brexit-Befürworterin zu erwarten. Linn Selle, Präsidentin der "Europäischen Bewegung Deutschland" hingegen überrascht mit ihren Zahlen zur EU-Verteidigung: "Die EU hat 25 Prozent des weltweit verfügbaren Impfstoffs aber nur fünf Prozent der Weltbevölkerung – das hätten die Nationalstaaten auch nicht besser hinbekommen." Schlechter wäre der Alleingang vor allem für die kleinen Staaten abgelaufen, glaubt sie. Selbst für kleine, aber reiche Luxemburg "ist nicht relevant für Pfizer". Schade, dass Selle mit ihren faktenreichen Beiträgen in der Diskussion nur selten zu Wort kommt.

Daniel Caspary befürchtet ein "Vollchaos" ohne EU.
Daniel Caspary befürchtet ein "Vollchaos" ohne EU.bild: screenshot ard

Stattdessen schiebt sich Daniel Caspary, Vorsitzender der CDU/CSU-Gruppe (EVP) im Europäischen Parlament als EU-Verteidiger nach vorn. Auch er ist davon überzeugt, dass es keine vernünftige Alternative zur Bestellung durch die EU gegeben habe.

"Der Wettlauf aller Mitgliedsstaaten gegeneinander wäre zum Vollchaos geworden. Die Industrie hätte uns gegeneinander ausgespielt. Wir haben auch nichts davon, wenn einzelne Länder aus der Krise rauskommen, Deutschland hat nur etwas davon wenn auch seine Nachbarländer rauskommen."
Daniel Caspary

Es ist ein Talk, der routiniert vor sich hin fließt. Argument trifft auf Gegenargument und eine Behauptung wird einfach mit dem Gegenteil gekontert. Und Plasberg bringt wenig Ordnung rein, allenfalls verweist er auf den Faktencheck am nächsten Tag. Lichtblicke sind aber die Wortmeldungen von Stephan Pusch.

Er glaubt an den Bullshit-Radar beim Wähler: CDU-Landrat Stephan Pusch.
Er glaubt an den Bullshit-Radar beim Wähler: CDU-Landrat Stephan Pusch.bild: screenshot ard

Der CDU-Landrat des seit der ersten Corona-Welle berüchtigten Kreises Heinsberg hat sein Impfzentrum wie von der Bundespolitik gefordert mit viel Aufwand zum 15.12. aufgebaut. Nun fehlt der Impfstoff. Er steht der Bundes- und Europapolitik beziehungsweise ihrer Krisenkommunikation äußerst skeptisch gegenüber. "Die Menschen haben ein unheimlich feines Gespür dafür, ob das, was erzählt wird, auch so ist." Ehrlichkeit schaffe Vertrauen. "Wenn man die Leute mitnehmen will, muss man sich brutal ehrlich machen, sagen, wenn was schiefgelaufen ist." Das Hin- und Hergeschiebe der Verantwortung erinnere ihn an ein "Hütchenspiel".

Deutliche Worte in Richtung seiner Parteikollegen Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU).

Jan Fleischhauer kritisiert falschen Geiz.
Jan Fleischhauer kritisiert falschen Geiz. Bild: screenshot ard

Die scheut auch Focus-Kolumnist Jan Fleischhauer nicht. Für ihn ist es ganz logisch, dass die Amerikaner, die 25 Dollar pro Impf-Dosis bezahlt haben schneller beliefert werden als die Europäer, die nur fünf Dollar zahlen. "Wenn man mehr ausgibt, hat das natürlich einen Effekt. Wir haben an der dümmsten Stelle gespart." Fünf Wochen Lockdownverzug würden Europa 90 Milliarden Euro kosten. Das Sparen und die Langsamkeit beim Impfen lasse für ihn nur einen Schluss zu: "'Dying together' ist offenbar das Motto in Brüssel."

Vor Gerichtsprozess: Alec Baldwin wird in Café provoziert

Vergangenes Jahr erschoss Alec Baldwin versehentlich eine Kamerafrau am Set um Film "Rust", die damals zuständige Waffenmeisterin Hannah Gutierrez-Reed wurde bereits zur Rechenschaft gezogen, da sie ihre Pflichten bei den Drehs vernachlässigte. Ein Gericht verurteilte sie am 15. April wegen fahrlässiger Tötung zu 18 Monaten Haft.

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