Es war der Auftakt zum Superwahljahr 2021: Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz haben gewählt. Anne Will bespricht mit ihrer Runde, was man an diesen ersten beiden Wahlen für die politische Entwichlung und die Bundestagswahl im September ablesen kann. Außerdem geht es um die Masken-Affäre, Nebenverdienste und wieder einmal die gute Laune von Finanzminister Olaf Scholz, der neulich schon Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) zu "schlumpfig" gegrinst hat.
Die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch glaubt, dass diese beiden Wahlen mit den Siegern Malu Dreyer (Ministerpräsidentin Rheinland-Pfalz, SPD) und Winfried Kretschmann (Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Grüne) "ganz stark um die Spitzenkandidaten“ gekreist seien. Die amtierenden Landeschefs hätten den Eindruck vermittelt "uns geht's ums Land". Für SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz seien die Ergebnisse ein gutes Zeichen "Die Wählerschaft ist überwiegend in der politischen Mitte – insofern kann sich Herr Scholz bestätigt fühlen." Für CDU-Chef Armin Laschet sieht sie weniger Positives. "Man hört so wenig von ihm. Die Leute erwarten natürlich auch ein bisschen mehr als nur Ankündigungen."
Robert Habeck beurteilt die Wahlergebnisse aus Grünen-Sicht so:
Als Grund sieht er die "groben Schnitzer der Bundesregierung". Das Corona-Management der großen Koalition auf Bundesebene sei schlecht gewesen in den letzten Monaten, dabei sei auch verpasste Digitalisierung an den Schulen aufgefallen. "Das Vertrauen in die Entscheidungsträger ist erodiert" und werde nur durch "charismatische Personen wie Malu Dreyer" aufrechterhalten, glaubt Habeck.
Einer dieser Entscheidungsträger ist auch Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler und Finanzmister. Er freut sich, dass "dass die SPD gute Ergebnisse erzielt hat und dass sichtbar geworden ist, dass es eine Mehrheit ohne die Union in Deutschland geben kann". Die SPD sei eine "fröhliche Partei". Und bei Scholz, dessen Gesicht im Ruhezustand immer so aussieht als würde er schmunzeln, ist diesmal ein richtiges Lachen zu erkennen. Und sofort schaltet er in den Bundestagswahlkampfmodus: "Die SPD kann führen und den Kanzler stellen. Wir wollen diese Wahl gewinnen". Und dann sagt er noch genüsslich: "Das ist für uns heute kein schlechter Tag – vielleicht für ein paar andere."
Zum Beispiel für den ehemaligen Innenminister Thomas de Maizière, der als Vertreter der CDU geladen ist und dem etwas die Contenance verrutscht.
Da lächelt Scholz einfach noch breiter. Er weiß: Es ist nicht der Abend der CDU. "Historisch schlechte Ergebnisse in beiden Ländern für die CDU", sagt denn Moderatorin Anne Will. Und de Maiziere gibt zu: "Eine bittere Enttäuschung für uns. Wir müssen jetzt sehen, welche Konsequenzen wir ziehen. Dass es nicht so weitergehen kann wie bisher, ist klar."
Allerdings ist es mit der Selbstkritik dann auch schnell wieder vorbei: Die Masken-Affäre sei "keine Krise der Partei, nicht mal der Fraktion" sondern eine beschämende Aktionen einzelner. Spiegel-Journalistin Christina Hoffmann gibt einen Denkanstoß:
Sie schlägt eine Deckelung der möglichen Hinzuverdienste vor. Scholz hingegen will Nebenverdienste zumindest "ab dem ersten Cent" öffentlich anzeigen und das in genauer Höhe. Bisher wird es nur in Stufen angezeigt. "Wer sich um ein öffentliches Amt bewirbt, muss die Regeln der Öffentlichkeit auch aushalten. Transparenz ist der einzige Ausweg aus dieser Sache.“ Außerdem: "Bezahlter Lobbyismus darf gar nicht stattfinden."
De Maizière kontert mit einem Schlag gegen SPD-Altkanzler Gerhard Schröder: "Von einer Partei, die sich nicht distanziert, dass sich ein ehemaliger Bundeskanzler aus Russland bezahlen lässt, lasse ich mir so etwas nicht sagen." Schröder war Ende 2005 unmittelbar nach seiner verlorenen Wahl und dem Ausscheiden aus der Politik zur Nord Stream AG gewechselt. Deren Pipeline hatte er in seiner Amtszeit selbst freundlich vorangetrieben.
Neben dem viel kritisierten Fall Schröder gibt es immer wieder Wechsel von der Politik in die Wirtschaft. Grünen-Chef Habeck fordert in diesen Fällen eine Pause zwischen politischem Amt und Lobbyismus-Job von mindestens zwei Jahren. Aber vor allem die CDU ginge "im besten Falle halbherzig und mit angezogener Handbremse" gegen Lobbyismus allgemein vor. Die CDU habe ein ein "strukturelles Problem" bei den Nebeneinkünften, die bei ihnen von allen Fraktionen am höchsten lägen.
De Maizière startet einem absurden Versuch, in dem er Nebeneinkünfte damit zu erklären versucht, dass ein Abgeordneter mit Beruf Landwirt ja nebenbei noch seine Kühe melken und die Milch verkaufen müsse - ganz so als ob die enormen Summen in Acker und Stall erwirtschaftet würden. Und dann holt er zum Tiefschlag gegen Habeck aus. "Wenn wir nur Beamte im Parlament haben und einen Philosophen wie sie vielleicht demnächst, dann ist das nicht gut." Habeck promovierte übrigens 2000 an der Universität Hamburg mit einer Arbeit über literarische Ästhetizität.
Natürlich fragt Anne Will den Grünen-Chef auch noch nach dem Stand der Kanzlerkandidatenentscheidung zwischen ihm und seiner Co-Parteivorsitzenden Annalena Baerbock: Habeck sagt, was schon mehrfach gesagt hat: "Wir werden die Entscheidung zwischen Ostern und Pfingsten treffen", eine Bevorzugung nach der Frauenquote werde es nicht geben.
Will bohrt nach: Was, wenn Baerbock die Frauenkarte ziehen würde? Dann würde Habeck natürlich den Richtlinien seiner Partei folgend verzichten. "Aber sie argumentiert da nicht so."