Die 17. "Bauer sucht Frau"-Staffel ist zu Ende und setzte einen Trend fort: Die Bauern bzw. jetzt auch Bäuerinnen, die auf Liebessuche gehen, sind teils sehr viel jünger als noch zu Anfang des Formats. Immer öfter erhalten Kandidaten unter 35 die Chance, die große Liebe durch die Sendung zu finden. Vier Landwirte der jüngsten Staffel waren sogar deutlich unter 30. Auf eben diesen Teilnehmern liegt auch seitens des Publikums ein besonderer Fokus. Diesmal beispielsweise erhielt der 32-jährige gelernte Agraringenieur Björn die meisten Zuschriften, in der Staffel zuvor war es Jungbauer Patrick gewesen.
Daneben zeichnet sich aber noch eine andere Entwicklung ab, denn gerade 2021 taten sich viele Bauern schwer, durch die Sendung eine feste Partnerin oder einen Partner zu finden – dabei ist "Bauer sucht Frau" eigentlich dafür bekannt, im Vergleich zu anderen Kuppel-Formaten zahlreiche Paare hervorzubringen, deren Beziehungen häufig sogar auch von Dauer sind. In Staffel 17 fanden aber nur noch drei von zwölf Bauern ihr Glück.
Ein Kandidat aus der aktuellen Staffel, über den besonders hitzig diskutiert wurde, ist Dirk. Er vergraulte gleich zwei Hofdamen nacheinander mit Macho-Sprüchen und deutete an, er könne ja immer noch auf andere Bewerberinnen zurückgreifen – Szenen, die man aus dieser Show eigentlich nicht kennt.
Die ehemalige "Bauer sucht Frau"-Teilnehmerin Antonia Hemmer äußerte vor Kurzem deutliche Kritik an der Entwicklung des Formats und urteilte bei Instagram: "Es wird halt leider auch von Jahr zu Jahr immer mehr Selbstvermarktung oder Deppen, die diese einmalige Chance kriegen, dort teilzunehmen, bauen dann bei zwei Frauen hintereinander den gleichen Mist." Daneben stellte sie einen interessanten Vergleich an: "Es sind ein paar Nette dabei. Obwohl, so ein bisschen geht es jetzt in die Richtung 'Bachelor'. Die alten Bauern sterben so ein bisschen aus."
Iris Abel, die ihren Mann Uwe durch "Bauer sucht Frau" kennenlernte, schlägt in eine ganz ähnliche Kerbe: "Also da sind bestimmt jetzt welche dabei, denen es nicht ums Kennenlernen geht", so ihre Einschätzung bei "Promiflash". Und auch Uwe bestätigt: "Es war immer bei 95 Prozent der Teilnehmer tatsächlich so der erste Gedanke, dass sie jemanden kennenlernen möchten, und ich glaube, das ist gesunken."
Doch bringen die Veränderungen bei "Bauer sucht Frau" wirklich nur Nachteile? Die Medienexpertin Janine Griffel äußert auf Anfrage von watson eine ganz andere Einschätzung im Vergleich zu den Ex-Kandidaten:
Weiter weist sie darauf hin, es liege ohnehin "in der Natur der Sache, dass alle Kandidaten einen Hang zur Selbstvermarktung haben, ansonsten wären sie ja zum einen nicht bereit an der Show teilzunehmen und zum anderen auch fürs Bewegbild total ungeeignet." Auch das Publikum scheint der Sendung die neue Ausrichtung nicht zu verübeln: Das TV-Wiedersehen 2021 brachte es in dieser Woche laut "dwdl.de" auf eine Gesamtreichweite von 3,98 Millionen Zuschauern, die regulären Ausgaben zuvor lagen sogar darüber. Damit bleibt "Bauer sucht Frau" einer der zuverlässigsten Quotenbringer für RTL, wogegen andere Kuppelshows zuletzt strauchelten.
Ferris Bühler, Medienexperte und Host des Podcasts "StoryRadar", sieht die Sendung im Zwiespalt. Als "unaufgeregte, volksnahe Kuppelshow" unterscheide sich "Bauer sucht Frau" eigentlich stark von Formaten wie "Der Bachelor". Das ursprüngliche Erfolgsrezept beschreibt Bühler wie folgt:
Ganz anders sei dies beim "Bachelor", "wo die teilnehmenden Kandidaten jederzeit jemanden in einem Club oder einer Bar um die Ecke kennen lernen könnten. Deswegen ist in diesem Format auch mehr Inszenierung nötig als bei 'Bauer sucht Frau'", meint der Experte weiter.
Noch in den ersten Staffeln hätten sich die Landwirte über jede Bekanntschaft mit einer Frau gefreut, "als wäre es ihre letzte Möglichkeit, jemanden kennen zu lernen". Die jungen Bauern, die jetzt vermehrt zu sehen sind, entsprechen laut Bühler hingen "oft nicht dem klassischen Bild eines Hofbauers", was wiederum Folgen mit sich bringt: "Dementsprechend locker gehen sie mit den vorgestellten Kandidatinnen um, schließlich bietet ihnen das Leben noch genügend Möglichkeiten."
Auch in dem immer steigenden Bekanntheitsgrad von "Bauer sucht Frau" sieht der Experte einen potentiell wichtigen Faktor. Eben dieser könnte dazu beitragen, dass die Teilnehmenden die Sendung "mehr als Plattform für ihre Selbstvermarktung nutzen und viel weniger für die Suche für die Liebe ihres Lebens sehen." Als Hinweis darauf macht Bühler nicht zuletzt die Aktivität vieler jüngerer Kandidaten in sozialen Netzwerken aus:
So verliere das Format immer mehr seine "Unaufgeregtheit" von einst und nähere sich letztlich dem "Bachelor" an. Angesichts der anhaltenden "Traumquoten" müsse dies RTL allerdings keineswegs Sorgen bereiten, meint Bühler.
Zu befürchten bleibt jedoch, dass die Fans immer seltener emotionale Happy Ends zu sehen bekommen. Das Fazit des Experten: "Der Sender wird wohl auch künftig auf jüngere Bauern setzen – dies wohl oder übel auf Kosten der Liebe, welche im Format immer mehr vergessen geht. Bestenfalls bleiben den Bauern nach der Sendung dann ein paar Tausend Follower auf Instagram übrig."