Auch die diesjährige "Wetten, dass..?"-Ausgabe mit Thomas Gottschalk war ein Quoten-Erfolg.Bild: www.imago-images.de / IMAGO / Future Image
Analyse
Nach dem überaus erfolgreichen Show-Revival von "Wetten, dass..?" im vergangenen Jahr gab es auch 2022 wieder eine Ausgabe des Kult-Formats. Natürlich mittendrin: Thomas Gottschalk, der in gewohnter Manier durch das Format führte. Dabei blieben diverse Fremdscham-Momente nicht aus: Unter anderem brachte er mehrmals das Liebesleben seiner Kollegin Michelle Hunziker auf den Tisch – was dieser sichtlich unangenehm war. Außerdem sprach er die Fußballerin Giulia Gwinn mit "Giuliana" an.
In sozialen Medien war daraufhin reichlich Kritik an dem 72-Jährigen zu lesen. Weder seine Sprüche noch die Sendung an sich seien demnach zeitgemäß. Anzumerken ist, dass das das große Prinzip hinter dem Show-Comeback ist. Während sich die Welt in den vergangenen 30 Jahren weitergedreht hat und die Gesellschaft merklich progressiver geworden ist, steht "Wetten, dass..?" noch immer mit beiden Beinen fest in den 90er Jahren – und ja, genau das feiert die schweigende Mehrheit.
"Wetten, dass..?" erneut mit starker Quote – auch dank Gottschalk
Nach Angaben von "DWDL" schalteten am Samstagabend im Schnitt 10,09 Millionen Menschen bei "Wetten, dass..?" ein. Das waren zwar über 3,5 Millionen weniger als noch im Vorjahr. Trotzdem ist es eine Quote, von der jede andere Show aktuell nur träumen kann.
Nicht nur farblich lag bei "Wetten, dass..?" einiges im Argen, wenn es nach der Twitter-Community geht.Bild: www.imago-images.de / imago / future image
Dabei war die Liste an – mutmaßlichen – Verfehlungen Gottschalks an diesem Abend besonders lang. Erwachsene Frauen spricht er weiterhin fröhlich mit "Mädchen" an, den ersten Witz übers Gendern gab es bereits nach wenigen Minuten und natürlich musste gebetsmühlenartig betont werden, dass auch Frauen Bagger fahren können.
Derweil öffnet sich "Wetten, dass..?" nur sehr widerspenstig der jungen Zielgruppe. Wenn schon überraschend die Influencerinnen Lisa und Lena Mantler auftauchen, dann nicht, ohne, dass Gottschalk seine allgemeine Abneigung gegen Netz-Stars kundtut ("Influencerinnen haben sonst immer so dicke Lippen, aber ihr seid echt nette Mädchen.").
Michelle Hunziker funktioniert derweil als weiblich-aufgeklärtes "Korrektiv" nur sehr bedingt. Am Ende kann sie auch nicht mehr tun, als ihren Kollegen mit mehr oder weniger gespielter Empörung zurechtzuweisen – und das auch nur, bis er zum wiederholten Male süffisant einen Ex von ihr erwähnt.
Wenn am Samstagabend eines klar wurde, dann, dass der Entertainer weiterhin Narrenfreiheit genießt. Bei Gottschalk ist das besonders "gefährlich", weil er sich nachweislich nicht um politische Korrektheit schert – und das ZDF ihn auch nicht ändern könnte, selbst wenn der Sender es denn wollte. Die Alternativen – etwa, ihn auszutauschen, die Sendung Hunziker zu übergeben oder wieder komplett abzusetzen – sind angesichts des anhaltenden Erfolgs noch realitätsferner.
"Wetten, dass..?" erfüllt seine wichtigste Aufgabe nach wie vor
In den vergangenen Monaten feierten mehrere Kultshows ein Comeback im Fernsehen. Doch keine Sendung blieb von ihrer Ausrichtung her so unangetastet wie "Wetten, dass..?". Was vor Jahren nicht einmal weiter auffiel, wird heute im Netz mit dem "Cringe"-Stempel belegt. Und Thomas Gottschalk ist nicht mehr bloß der Elefant, sondern nunmehr der Dinosaurier im Porzellan-Laden.
Dass das Format aber auch heute noch – nicht trotz, sondern wegen Thomas Gottschalk – ungemein unterhaltsam ist, kann kaum jemand abstreiten. Gottschalks verbale Entgleisungen sind es am Ende, die viele bei der Stange halten. Sie machen die Sendung mitunter zu einem "Autounfall", bei dem es schwer bis unmöglich ist, wegzuschauen. Mit anderen Worten: Samstagabend-Unterhaltung der effektivsten Sorte.
Früher haben "Wetten, dass..?" alle geliebt, heute wird es auch "gehatewatcht" – von Menschen, deren Meinung schon vor dem Erklingen der Titelmelodie feststeht und die sich einfach nur ein bisschen über ein wiederauferstandenes TV-Relikt lustig machen wollen. Den Quoten ist das vollkommen egal.
Gottschalk und "Wetten, dass..?": Viel Aufregung um nichts
Bei aller sicherlich auch berechtigten Kritik an "Wetten, dass..?": Einmal im Jahr kann das Fernsehen – und auch Twitter – dieses größenwahnsinnige Pannen-Event mit verwirrten Weltstars verkraften.
Michael "Bully" Herbig und Christoph Maria Herbst zählten am Samstag zu den Star-Gästen.Bild: www.imago-images.de / imago / future image
Zumindest für die meisten über 30 ist es in nach wie vor in erster Linie diese eine Show, die die Wärme eines Lagerfeuers ausstrahlt und für wohlige Nostalgie sorgt wie keine zweite. Wenn das Thomas Gottschalks Sprüche mit einschließt, ist es eben so.
Solange "Wetten, dass..?" am Sonntagmorgen noch für Gesprächsstoff sorgt (und das tut es nachweislich), gibt es auch für das ZDF keinen Grund, das Konzept zu überdenken. Bis dieser Dino stirbt, könnte es noch eine ganze Weile dauern – leider und Gott sei Dank.
Es geht wieder los: Am 23. November startet "The Masked Singer" in Deutschland bereits in seine elfte Staffel. Vor allem eine Show-Änderung sticht hervor: Gleich vier Prominente raten um die Wette. Schauspielerin und Moderatorin Palina Rojinski rätselt gemeinsam mit Sänger Rea Garvey in allen sechs Live-Shows. Herausgefordert werden sie von wöchentlich wechselnden Rate-Duos. Das Team, das verliert, muss zum "Großen Star-Büßen" antreten.