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Neues Album von K.I.Z: Was du über die Rapper und "Görlitzer Park" wissen musst

ABD0195_20230819 - ST. PÖLTEN - ÖSTERREICH: Rapper Nico Seyfrid, Rapper Tarek Ebéné und Rapper Maxim Drüner der Band "K.I.Z" während eines Konzertes auf der "Space Stage" im Rahmen ...
Die drei Rapper von K.I.Z polarisieren mit ihren Texten und schießen gegen die AfD. Bild: picturedesk / FLORIAN WIESER
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Neues Album von K.I.Z: Trio zwischen "Rüpelrapper" und "Batman der linken Szene"

30.09.2023, 09:1130.09.2023, 09:16
Chiara Menner
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K.I.Z stehen für anstößige Lines, ihre Texte kennen keine Tabus, im Logo der Hiphop-Formation ist der berühmt-berüchtigte "Notenständer". Eine Rap-Gruppe, deren Texte die Grenze zwischen absichtlichen Regelbrüchen und moralisch verwerflichen Thesen verwischen. Wenn die Inhalte der Songs von K.I.Z stellenweise so ausufern, warum sind sie dann so erfolgreich? Und verbirgt sich hinter der Fassade aus Gewalt und Hass eine Gesellschaftskritik?

Die Anfänge von K.I.Z: Aus dem Royal Bunker in die Charts

Bereits im Jahr 2000 wurden K.I.Z gegründet. Dabei hat das Akronym keine feste Bedeutung, die Band selbst bezeichnet sich des Öfteren als "Kannibalen in Zivil" oder auch als "Künstler in Zwangsjacken". Knapp 18 Jahre lang bestehen K.I.Z aus Nico, Maxim, Tarek und DJ Craft – letzterer verlässt die Gruppe 2018. Die Crew startete im "Royal Bunker" – einer der bedeutendsten Orte der Anfangszeit von Deutschrap.

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Damals begann der Hiphop-Aktivist Marcus Staiger nach amerikanischem Vorbild Open-Mic-Sessions zu veranstalten. Schauplatz war eine Kellerkneipe namens "Royal Bunker" in Berlin. Anfang der 2000er Jahre gründete Marcus Staiger dann das Independent-Label "Royal Bunker" – eines der ersten Labels, die den derzeit noch als provokant geltenden Battle-Rap vertrieb. Im Royal Bunker haben nicht nur Rapper wie Sido, Kool Savas oder Eko Fresh ihren Ursprung, sondern eben auch K.I.Z.

"Das RapDeutschlandKettensägenMassaker" der Gruppe erscheint rund fünf Jahre nach ihrer Gründung. Zwei Jahre später folgt das zweite Album "Hahnenkampf". Die Platte schaffte es damals auf Platz 9 der Charts. Insgesamt veröffentlichten K.I.Z bis heute sechs Studioalben, ihr 2021 releastes und letztes Album "Rap über Hass" schlug große Wellen und chartete direkt auf die Eins.

K.I.Z: Doppelmoral, Rücksichtslosigkeit oder doch Gesellschaftskritik?

Das Trio pflegt einen ganz eigenen Stil: Sie gehen nicht mit der Zeit, ihre Texte sind oberflächlich betrachtet menschenverachtend, oft werden dabei Grenzen überschritten. K.I.Z ist eine Rap-Gruppe, die keine Tabus kennt – könnte man zumindest meinen. Das Motto der "Kannibalen in Zivil" ist, mit Hass die Hassenden zu bekämpfen – sie also mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Dazu passt auch der Titel ihres dritten Albums "Sexismus gegen Rechts".

Sie wollen mit teils verwerflichen Lyrics und Aussagen Missstände anprangern und auf Ungerechtigkeiten aufmerksam machen, ohne dabei eine Vorbildrolle ausfüllen zu wollen. Maxim erklärt ihre Mission in einem Interview mit dem Tagesspiegel folgendermaßen: "Wir trauen uns, auch die Bösen zu sein. Das ist das große Opfer, das wir bringen. Wir trauen uns, ohne die weiße Rüstung und die Bewunderung ins Feld zu ziehen. Wir machen uns die Hände schmutzig."

Dabei bedienen sie sich an Übertreibungen, Sarkasmus und Ironie. Dass Lines wie "Ramm' meine Zunge zwei Meter in deine Schwulenfresse" aus dem Track "VIP in der Psychiatrie", dennoch Personen verletzen, weiß das Trio. Maxim erklärt: "Ich würde niemals jemandem absprechen, verletzt zu sein von dem, was wir sagen. Ich finde das selber grauenhaft, was wir rappen!"

Die Jungs bezeichnen sich als "Batman der linken Szene", die sich "das Recht heraus" nehmen, ihre Texte ohne Tabus so zu formulieren, wie sie wollen. Was K.I.Z definitiv nicht wollen, ist sich instrumentalisieren zu lassen – beispielsweise von der AfD.

K.I.Zs Fehde mit der AfD

K.I.Z sind politisch: Sie rufen zu Demos auf, die Mitglieder Maxim und Nico kandidierten 2016 als Spitzenkandidaten für "Die Partei" für die Wahl zum Abgeordnetenhaus von Berlin, gemeinsam verabschiedeten sie Mutti Merkel im Jahr 2021 zum Ende ihrer Amtszeit mit ihrem Song "Danke Merkel":

Das Rap-Trio schießt nicht, wie im Deutschrap sonst üblich, vornehmlich gegen andere Rap-Artists, sondern gegen Hassende. Zu diesen gehören auch weite Teile der AfD. 2018 spielten K.I.Z auf dem "Wir sind mehr"-Konzert in Chemnitz gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Besagtes Konzert wurde aufgrund eines tödlichen Messerangriffs auf einen deutsch-kubanischen Mann in Chemnitz veranstaltet, der zu rechtsextremen Ausschreitungen und einem antisemitischen Angriff auf ein jüdisches Restaurant in der sächsischen Stadt führte.

Das "Wir sind mehr"-Konzert wurde vom Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier vorab beworben – was von der AfD kritisiert wurde. Ähnlich ironisch wie die Texte von K.I.Z ist der Versuch der Partei, das Rap-Trio aufgrund von angeblicher Gewaltverherrlichung und Deutschfeindlichkeit sowie Christenfeindlichkeit zu verteufeln. Die Rede eines AfD-Partei-Mitglieds zweckentfremdeten K.I.Z auf ihrer letzten Platte "Rap gegen Hass" als Album-Intro.

Auf dem Album gibt es – wie es sich für K.I.Z gehört, Moshpit-taugliche Hooks, "In die Fresse"-Beats und geschmacklose Texte – aber eben auch jede Menge ernsthafte Gesellschaftskritik:

Die jährlichen Frauen-Konzerte von K.I.Z

Schon seit 2013 geben K.I.Z jedes Jahr am Internationalen Weltfrauentag ein Konzert, das nur "Frauen, trans-frauen, cis-frauen, inter-menschen und nicht-binäre Menschen, die sich eher weiblich einordnen" besuchen dürfen. Zur exklusiven Veranstaltung gehört auch, dass sich das Rap-Trio selbst als Frauen verkleidet:

Männer dürfen hier nicht anwesend sein – auch die vor Ort arbeitenden sind allesamt weiblich. Ursprünglich haben die Drei mit den Frauen-Konzerten angefangen, um Männer zu ärgern. In Reaktion darauf hätten Männer auch direkt auf Gleichberechtigung gepocht und "ein Konzert für Männer" gefordert. Auf diesem Wege könnten männliche Fans, die im Alltag oftmals Privilegien genießen, auf Geschlechtergerechtigkeit aufmerksam gemacht werden.

Die Frauen-Konzerte von K.I.Z sind wichtig, gerade um zu zeigen, dass auch männliche Rapper den Feminismus unterstützen und versuchen, das im Rap weit verbreitete Narrativ von "starken Männern" und "schwachen Frauen", aufzubrechen.

Viele Besucherinnen des Frauen-Konzerts von K.I.Z berichten, dass die Veranstaltung ein absoluter Safe Space ist. Tarek von K.I.Z erzählt: "Es ist einfach schön zu sehen, was da für eine Atmosphäre ist und wie wohl sich alle auf diesen Konzerten fühlen".

Das Konzept kommt an: Beim diesjährigen Konzert am Weltfrauentag in Berlin waren alle 17.000 Tickets innerhalb von 24 Stunden restlos ausverkauft. Dort performten K.I.Z übrigens mit der in den 2000ern beliebten Popband "No Angels":

"Görlitzer Park": K.I.Z kündigen neues Album an

Gerade legten K.I.Z dann einen Auftritt beim Reeperbahn-Festival hin – und kündigten dort prompt ihr kommendes Album "Görlitzer Park" an. Ihre Fans können anscheinend nicht früh genug von der neuen Platte erfahren – bis zum Release am 21. Juni 2024 dauert es nämlich noch knapp neun Monate. Wie schon bei ihrem letzten Album "Rap über Hass" soll es wieder "ein Album zum Album" geben – dieses Mal jedoch exklusiv für diejenigen, die sich bereits jetzt das "Görlitzer Park"-Bundle bestellen. Den erwähnten Gig beim Reeperbahn-Festival nutzten die Berliner direkt dafür, den Titeltrack ihrer neuen Platte live zu performen.

Namensgebend für die Single – und ja auch das Album – ist dabei der Drogen-Hotspot der Hauptstadt, der Görli in Kreuzberg. Im Track geht es um so ziemlich alles, was in und um den Görli passiert: Drogenhandel und Gewalt. In typischer K.I.Z-Manier werden aber ebenso Racial Profiling der Polizei oder auch Schikanen vom Staat thematisiert.

Auch hier gilt wie sonst auch bei K.I.Z wieder: Nicht oberflächlich zuhören, sondern hinterfragen und kontextualisieren.

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