
Stephen Colbert moderiert seine Trump-kritische Late-Night seit zehn Jahren.Bild: cbs
Analyse
Die "Late Show with Stephen Colbert" wird abgesetzt. Der Sender bemüht sich um eine sachliche Erklärung. Der aber wollen gewichtige Stimmen der liberalen USA nicht glauben. Und es gibt gute Gründe dafür.
18.07.2025, 16:3318.07.2025, 16:33
Der Moderator verkündete die Nachricht selbst in seiner eigenen Show, noch vor der offiziellen Bekanntgabe durch den Sender CBS: Die "Late Show with Stephen Colbert" wird enden.
Und als die enttäuschten Buh-Rufe bereits das Studio erfüllten, da musste Stephen Colbert erneut den Finger in die Wunde legen. Es werde keinen Ersatz geben. "Es ist nicht nur das Ende unserer Show, es ist das Ende der Late Show auf CBS [...]. Das alles wird einfach verschwinden."
Diese Erklärung musste Colbert hinterherschieben, denn er selbst hatte das Late-Night-Flagschiff vor zehn Jahren von David Letterman übernommen. Der wiederum hatte das Format seit seiner Gründung im Jahr 1993 betreut. Es sind klangvolle Namen. Hier stirbt US-Fernsehgeschichte, die auch deutsche TV-Köpfe inspiriert hatte.
In einem Statement bezeichnete der Sender den Schritt als "rein finanzielle Entscheidung", die vor dem Hintergrund eines schwierigen Markts getroffen worden sei. Die Reichweite von Colbert ist und war stabiler und größer als die von Konkurrenzformaten. Der Sender betonte, dass weder Quoten, Inhalte noch andere unternehmensbezogene Faktoren eine Rolle gespielt hätten.
Interessant, dass CBS das überhaupt klarstellen musste.
Colbert-Absetzung passt Trump in den Kram
Denn es gibt Zweifel an der Unabhängigkeit dieser Entscheidung. Medienexpert:innen und Brancheninsider:innen stellen den Zeitpunkt der Absetzung infrage – insbesondere, weil sie nur zwei Wochen nach einem millionenschweren Vergleich von CBS-Mutterkonzern Paramount mit Donald Trump bekanntgegeben wurde.
Laut "Variety" zahlte Paramount 16 Millionen Dollar, um eine Klage des Ex-Präsidenten wegen angeblich manipulierter Interviews mit Kamala Harris beizulegen. Trump hatte dem CBS-Format "60 Minutes" vorgeworfen, die ehemalige Präsidentschaftskandidatin durch gezielte Schnitte vorteilhafter dargestellt zu haben – was die Verantwortlichen bestritten.
Es kam zum Vergleich und trotz aussichtsreicher Lage zur Zahlung des Millionenbetrages durch das Unternehmen, was Colbert als "fette Schmiergeldzahlung" kritisiert hatte. Denn Paramount benötigte von der US-Regierung gerade zufällig die Zustimmung für einen Eigentümerwechsel, der die Zukunft des Konzerns mitbestimmt, berichtet die "Zeit".
Trump-Kritiker: Stephen Colbert wird fehlen
Ein guter Moment, um nochmal auf das zurückzukommen, was Stephen Colbert vielleicht meint, wenn er sagt, "Das alles" werde verschwinden. Ein Studio, eine Redaktion, ein Autor:innen-Team natürlich. Aber vor allem eben ein politisch unbequemes Format.
Stephen Colbert ist bekannt für seine kritische Haltung gegenüber Trump, seine Monologe gegen das Maga-Lager sind legendär.
Colbert pflegte stets einen komplexeren politischen Fokus als die meisten anderen US-Late-Nighter. Insbesondere seit der Wahl Donald Trumps 2016 entwickelte er sich zur Stimme des liberalen Amerikas und kommentierte politische Ereignisse regelmäßig mit tiefschneidender Schärfe.
Er griff Themen wie Korruption, Justizreformen, Fake News und autoritäre Tendenzen mit klarer Haltung auf – oft deutlich kritischer als andere Hosts.
In der Branche löst das baldige Ende der Show entsprechend Entsetzen aus.
Große Kritik an Colbert-Absetzung
Die demokratische Senatorin Elizabeth Warren äußerte sich besorgt. Amerika habe ein Recht darauf zu erfahren, ob die Absetzung politische Gründe habe, schrieb sie auf X. Auch Medienjournalist Bill Carter von der "New York Times" zweifelt an der rein finanziellen Begründung: Wer glaube, sich damit aus der Affäre zu ziehen, unterschätze die öffentliche Aufmerksamkeit.
Damit könnte er Recht haben. Der Schauspieler Xander Berkeley schrieb auf Blue Sky: "Stephen Colbert, der beste Mann des Fernsehens, wurde aus politischen Gründen entlassen." Auch Hollywood-Größen wie Ben Stiller äußerten sich kritisch über das Ende.
Unterstützung für Colbert kommt zudem von Kollegen. Late-Night-Host Jimmy Kimmel veröffentlichte auf Instagram ein kurzes Statement, das man in dieser Klarheit nicht auf Deutsch übersetzen muss: "Love you Stephen. Fuck you [...] CBS."
Donald Trump selbst machte aus seiner Freude indes keinen Hehl: "Ich bin absolut begeistert, dass Colbert gefeuert wurde", schrieb er am Freitagmorgen in einem Beitrag auf Truth Social. "Sein Talent war noch kleiner als seine Einschaltquoten."
Bis Mai kommenden Jahres wird die "Late Show with Stephen Colbert" nun noch laufen. Und wahrscheinlich wird das Format mehr als nur eine Lücke hinterlassen. Die Absetzung schlägt vielmehr einen Krater in die kritische politische Berichterstattung der Trump-Ära.
Die "Late Show with Stephen Colbert" wird abgesetzt. Der Sender bemüht sich um eine sachliche Erklärung. Der aber wollen gewichtige Stimmen der liberalen USA nicht glauben. Und es gibt gute Gründe dafür.
Der Moderator verkündete die Nachricht selbst in seiner eigenen Show, noch vor der offiziellen Bekanntgabe durch den Sender CBS: Die "Late Show with Stephen Colbert" wird enden.