Im vergangenen Jahr wurde die Realityshow "Promis unter Palmen" nach dem Tod von Willi Herren endgültig abgesetzt. Zuvor gab es allerdings schwere Vorwürfe gegen die Show. In der ersten Staffel sorgten Mobbing-Vorwürfe gegen Claudia Obert für einen Eklat, in der zweiten gab Prinz Marcus von Anhalt homophobe Äußerungen von sich. Er sagte: "Es ist eklig, wenn zwei Männer sich küssen. Da stehe ich zu – basta!" Und weiter: "Wenn ich sage, schwul sein ist scheiße, dann ist das so für mich."
Der Sender nahm daraufhin die bereits ausgestrahlte Folge offline. Eine Sprecherin erklärte damals watson dazu: "Nach den Zuschauerreaktionen von Montag prüfen wir aktuell alle verbleibenden Folgen. Daher gibt es auch keine Preview auf Joyn." Gezeigte Alkoholexzesse brachten dem Sender ebenfalls Kritik ein.
Jetzt wird mit "Club der guten Laune" ab dem 4. Mai eine neue Realitysendung gezeigt, bei der die Promis wieder mittels verschiedener Spiele um eine Siegprämie von 50.000 Euro kämpfen. Insgesamt wurden acht Episoden unter der Sonne Thailands produziert. Auch hier soll das Gefühl von Urlaubsfeeling im Paradies vermittelt werden. Mit Blick auf den Cast wird allerdings schnell klar, dass die Show dieses Mal tatsächlich in eine andere Richtung gehen soll.
Ins "Club der guten Laune"-Abenteuer stürzen sich dieses Mal die Stars Martin Semmelrogge, Jenny Elvers, Joey Heindle, Cora Schumacher, Marc Terenzi, Julian F.M. Stoeckel, Iris Abel, Lorenz Büffel, Vanessa Mariposa, Sebastian Fobe und Theresia Fischer. Alle Promis haben im Laufe ihrer Karriere natürlich bereits Trash-TV-Erfahrung gesammelt, sind aber noch lange nicht wie ein Sebastian Yotta oder Prinz Marcus von Anhalt in einer Realityshow derart negativ in Erinnerung geblieben.
Christian Schicha, Professor für Medienethik an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen, sagt über das neue Showkonzept von Sat.1 gegenüber watson Folgendes: "Der Titel suggeriert ein harmonisches Miteinander, das aber schnell langweilig werden kann. Ich gehe davon aus, dass es zu Konflikten zwischen den Teilnehmerinnen und Teilnehmern kommt, was den Unterhaltungswert steigern wird."
Der Sender gab mit Blick darauf bereits zu verstehen: "Und es wird gelacht, gesportelt, gesungen, gelästert, getanzt – und ja: viel geflirtet!" Besonders durch die eine oder andere Lästerattacke gab es in der Vergangenheit immer mal wieder Zoff unter den Promis. Dennoch räumt der Medienthiker im Hinblick auf die Skandalszenen der vergangenen "Promis unter Palmen"-Staffeln ein:
Senderchef Daniel Rosemann sagte im vergangenen Jahr "Dwdl": "Sat.1 wird sich verändern. Dazu werden wir in den nächsten Monaten viele neue Programme beauftragen – und uns auch von der ein oder anderen Programmmarke wie 'Promis unter Palmen' verabschieden." Ob der Sender mit dieser Strategie den richtigen Schritt geht, sieht der Medienexperte so:
RTL erklärte bereits im Interview mit der "Wirtschaftswoche": "Bei allen gesellschaftlichen Spaltungstendenzen registrieren wir einen zunehmenden Wunsch nach Gemeinschaft und Nähe." Und weiter: "Wir setzen auf positive Unterhaltung, auf großes, innovatives Familienfernsehen." Die Zeit sei gekommen, "Gewohntes infrage zu stellen", und zwar "nicht nur im Programm". Showlegende Dieter Bohlen beispielsweise ist schon seit rund einem Jahr kein Teil mehr davon.
Nach "Promis unter Palmen" gab es bei Sat.1 noch einen weiteren Eklat. Auch die Sendung "Plötzlich arm, plötzlich reich" wurde nach Enthüllungen von Ikke Hüftgold eingestellt. Der Mallorca-Sänger erhob damals schwere Vorwürfe gegen den Sender sowie die Produktionsfirma und beschuldigte das Team, Quotenjagd auf dem Rücken von Kindern zu betreiben. Es würde das "Kindswohl von zwei schwer traumatisierten Kindern mit Füßen" getreten und es missachten.
Wie groß der bisherige Imageschaden durch solche Formate für den Sender sind und inwiefern sich dieser davon wieder erholt hat, beschreibt Schicha so: "Die Enthüllungen von Hüftgold haben dem Sender sicher geschadet. Gleichwohl generieren Skandale auch immer öffentliche Aufmerksamkeit und Einschaltquoten. Langfristige Schäden für das Image von Sat.1 befürchte ich nicht. Gleichwohl sollte der Sender aus den gemachten Fehlern bei 'Plötzlich arm, plötzlich reich' lernen, damit sie sich nicht wiederholen."
Dies wird wohl nun mit "Club der guten Laune" versucht. Senderchef Rosemann gab im Gespräch mit "Dwdl" zu verstehen, dass Sat.1 damit nicht "das Genre Reality-TV beerdigt". Zudem merkte er an: "Im Gegenteil: Gutes Reality-TV ist großartige Fernsehunterhaltung. Aber der Kompass muss richtig kalibriert sein."
Damit das auch funktioniert, müssen laut dem Medienexperten schließlich folgende Fehler vermieden werden, sodass es zu keinem weiteren Skandal, auch im Hinblick auf den Umgang mit Kritik, kommen kann: "Reality-TV erfreut sich nach wie vor großer Beliebtheit und es wäre ein strategischer Fehler, wenn Sat.1 aus dem Genre aussteigt. Die Aufgabe liegt darin, einerseits den Spannungs- und Unterhaltungsgehalt derartiger Formate aufrecht zu erhalten. Anderseits ist darauf zu achten, dass Menschen dort nicht missbraucht werden."