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"Maischberger" – Sahra Wagenknecht provoziert: "Ob es 60 Geschlechter geben muss..."

Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht macht sich mit ihrem neuen Buch Feinde in den eigenen Reihen.
Linken-Abgeordnete Sahra Wagenknecht macht sich mit ihrem neuen Buch Feinde in den eigenen Reihen.bild: screenshot ard
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Wagenknecht provoziert bei "Maischberger. Die Woche": "Ob es 60 Geschlechter geben muss ..."

06.05.2021, 17:07
Dirk Krampitz
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Ziemlich genau ein Jahr ist es her, dass der Kabarettist Mathias Richling das letzte Mal bei Maischberger zu Gast war. Damals erntete er einen Shitstorm. Weil er Öffnungen forderte und beklagte, dass die Gesellschaft "ermordet" werde. Ob sich seine Sicht geändert hat und wie sie die aktuelle Corona-Situation einschätzen, bespricht Sandra Maischberger mit ihm und den anderen Gästen:

  • Mathias Richling (Kabarettist)
  • Prof. Hendrik Streeck (Virologe)
  • Sahra Wagenknecht, Die Linke (Bundestagsabgeordnete)
  • Anette Segtrop (Intensivpflegerin in Köln)
  • Anna Dushime („taz“-Kolumnistin)
  • Markus Feldenkirchen ("Spiegel"-Autor)

Diesmal versucht es Mathias Richling mit angekündigter Ironie. Er habe den Lockdown genossen, "soviel geschafft, wie in 50 Jahren nicht mehr". Er frage sich erwartungsfroh: "Wann kommt der nächste Virus?" Er plädiert, jetzt aber ernsthaft, für baldige Öffnungen von Theatern, Cafés und Biergärten. "Die Leute können nicht mehr", es sei schwer, die Moral hochzuhalten. Dann zitiert er Zahlen, die er beim RKI gefunden haben will: 85 Prozent der Erkrankten zeigten keine Symptome und "nur" 0,1-1 Prozent der Infizierten würden sterben. Und den tausenden Toten in Deutschland stünden von der WHO prognostizierte "Millionen Hungertote" gegenüber.

Entsetzt wirft ihm "taz"-Kolumnistin Anna Dushime vor, dass er Tote gegeneinander aufrechne. "Es ist merkwürdig, darüber zu sprechen, wieviele Tote ok sind. Tote können ja auch nicht Cafés und Biergärten besuchen." Das habe ich nicht getan, behauptet Richling. Er kenne aber viele Leute, denen die Pandemie auch finanziell sehr zusetzt.

"Die sind nicht an der Existenzgrenze, die sind über die Existenzgrenze hinaus."
Mathias Richling

"Spiegel"-Autor Markus Feldenkirchen sieht die Schuld vor allem darin, dass die Maßnahmen erst zu spät kamen. "Die Bräsigkeit im Umgang mit all den Hilfsmitteln ist das größte Versäumnis der Politik." Aber in der Diskussion um die Rückgabe von Rechten für vollständig Geimpfte ist er dafür "alles medizinisch Sinnvolle" zu erlauben. Eine Neiddebatte sei fehl am Platz.

"Die ganze Pandemie ist ein Charaktertest für unsere Gesellschaft."
Markus Feldenkirchen
Virologe Hendrik Streeck hat Erfahrungen mit Shitstorms.
Virologe Hendrik Streeck hat Erfahrungen mit Shitstorms.bild: screenshot ard

Auch der Virologe Hendrik Hendrik Streeck hat Erfahrungen mit hochkochenden Emotionen. "Nach der letzten Sendung habe ich ja wieder meinen üblichen Shitstorm geerntet", gibt er sich lässig. Da sprach er davon, dass man die Kliniken einem Stresstest unterziehen solle. Das hatte für Irritationen und Ärger gesorgt. Heute stellt er klar, dass er eine Computersimulation meinte und nicht die Intensivbetten vollaufen lassen wollte. Maischberger bekräftigt, dass sie das auch so verstanden habe.

Ob er Corona noch immer noch für eine schwere Grippe halte, wie er anfangs immer gesagt hatte, fragt Maischberger. "Ich sehe es nicht sehr viel anders als im April, Mai", antwortet Streeck. Er meint das aber wohl vor allem angesichts der Wirkungsweise des Virus. Es sei so saisonal wie die einheimischen Corona-Viren – darauf führt er unter anderem auch die aktuell sinkenden Zahlen zurück. Er stellt aber auch klar: "Es ist ein deutlich gefährlicheres Virus als die Grippe. Für einige Menschen ist das ein enorm tödliches Virus." Aber aktuell ist er ganz optimistisch. "Wir werden auf niedrige Zahlen im Sommer kommen.“ Ob im Herbst eine Welle kommt, könne man schwer sagen. Wichtig sei, dass Missstände im Pflegebereich behoben werden. "Während der Pandemie ist nichts passiert außer klatschen."

Intensivpflegerin Anette Segtrop hat in 40 Berufsjahren nichts so Schlimmes erlebt wie Corona.
Intensivpflegerin Anette Segtrop hat in 40 Berufsjahren nichts so Schlimmes erlebt wie Corona.Bild: screenshot ard

Streecks vorwärtsgewandten Optimismus teilt die Kölner Intensivpflegerin Anette Segtrop nicht. Dafür sind die täglichen Erlebnisse zu hart. Ihr Jüngster Patient auf Station ist 22 Jahre alt, schwerst erkrankt. "Und es geht ihm jeden Tag schlechter", obwohl er die bestmögliche Versorgung bekomme.

"Ich bin schon seit 40 Jahren in diesem Beruf und sowas habe ich noch nie erlebt. Die Patienten kommen, wir beginnen mit den Maßnahmen, und die greifen auch am Anfang. Und dann kippt das so ganz langsam. Alle Organe des Körpers werden angegriffen von diesem Virus. Das ganze System kippt und dann ist es einfach zu Ende.“
Anette Segtrop

Viele Pfleger haben unter der körperlichen und psychischen Belastung aufgegeben. Sie bleibt dabei. "Ich bin zu lange in dem Beruf, dass ich ihn wegen einem Virus aufgebe.“

Sahra Wagenknecht kritisiert "skurrile Minderheiten".
Sahra Wagenknecht kritisiert "skurrile Minderheiten".bild: screenshot ard

Nach der vollen Corona-Packung gönnt sich Maischberger noch ein Einzelgespräch mit Sahra Wagenknecht (Die Linke). Sie hat ihr kontrovers aufgenommenes Buch "Die Selbstgerechten" dabei, in dem sie "Lifestyle-Linke" kritisiert, die im Elfenbeinturm mit Öko-Essen leben und von allen anderen erwarten, dass sie ebenfalls öko und vegan leben und Fahrrad fahren. "Das muss man sich erstmal leisten können." Und auf dem Land brauche man eben oft ein Auto statt eines Fahrrads. "Linke Parteien distanzieren sich immer mehr von Leuten, die sie brauchen." Das gelte nicht nur materiell, sondern ideell. Besonders kritisiert sie "skurrile Minderheiten, die ihre Identität in irgendeiner Marotte finden". Maischberger fragt, wen sie damit meine und Wagenknecht tut sich schwer bei der Definition. Diskriminierte Minderheiten meint sie offenbar nicht. Aber: "Meinetwegen kann jeder sein Geschlecht definieren, wie er will. Aber, ob es 60 Geschlechter geben muss …" Die Leute würden sich fragen "Ist die Linke noch für uns da?" und im Zweifelsfall zur AfD abwandern.

"Die Überheblichkeit, mit der man sich über Belange hinwegsetzt, das ist nicht links."
Sahra Wagenknecht

Nächster Punkt: Gendergerechtes Sprechen und Sprachsensibilität im Umgang mit Gruppen. Wagenknecht beklagt, dass das ein akademischer Diskurs sei. "Wer nicht fünf Politikseminare besucht hat, weiß gar nicht, warum sie etwas Geächtetes sagen." Auf einmal stünden irgendwelche Worte auf dem Index. Das Streiten um Wörter sei eher "symbolisch" während die wirklich wichtigen Themen wie faire Bezahlung und soziale Gerechtigkeit in den Hintergrund rücken.

Für Aufsehen sorgte an dem Tag die Nachricht, dass der ehemalige Fußballnationaltorhüter Jens Lehmann in einer fehlgeleiteten SMS den Ex-Nationalspieler Dennis Aogo als "Quotenschwarzen" bei seinem Job als Experte beim Bezahlsender Sky bezeichnet hat. Ob das für sie ok sei, fragt Maischberger Wagenknecht. Sie kommt ein bisschen ins Schwimmen und sagt, dass sie schon unterscheiden würde, ob man das Wort wie bei Lehmann im privaten Kontext verwendet oder öffentlich, beispielsweise in einer Talkshow. "Privat Heil Hitler ist ok?", provoziert Maischberger.

Für Anna Dushime ist Jens Lehmann der Verlierer der Woche.
Für Anna Dushime ist Jens Lehmann der Verlierer der Woche.Bild: screenshot ard

Anna Dushime sieht das komplett anders. Lehmann ist für sie der Verlierer der Woche. Der Begriff sei weder privat noch öffentlich tolerabel. Besonders ärgert sie die ausweichende Entschuldigung von Lehmann. Er hatte versucht, sich herauszureden, dass er mit Quoten die guten Einschaltquoten meine, die Dennis Aago bringe. Aber für sie steht fest:

"Rassismus beginnt nicht erst, wenn Menschen umgebracht werden."
Anna Dushime
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