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Physikerin warnt bei "Maischberger" davor, dass Impfungen nutzlos werden

Die Physikerin Viola Priesemann erforscht die Pandemie mathematisch.
Die Physikerin Viola Priesemann erforscht die Pandemie mathematisch.bild: screenshot ard
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Physikerin warnt bei "Maischberger" davor, dass Impfungen nutzlos werden

25.03.2021, 06:1525.03.2021, 08:42
dirk krampitz
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Erst "Osterruhe", dann heute die Absage und Bitte um Verzeihung von Bundeskanzlerin Angela Merkel – ihre kurze Rede wird wohl zu einem Eckpunkt von Merkels Politbiografie werden. Natürlich geht es bei "Maischberger", die ja immer die Themen der Woche aufarbeitet, um die fast schon historische Entschuldigung und natürlich auch um die Corona-Lage allgemein. Dazu hat sich die Moderatorin folgende Gäste geladen:

  • Helge Braun, Kanzleramtsminister (CDU)
  • Dirk Neubauer, Bürgermeister von Augustusburg (SPD)
  • Viola Priesemann, Physikerin
  • Dagmar Rosenfeld, Chefredakteurin "Die Welt"
  • Micky Beisenherz, TV-Moderator
  • Manfred Lütz, Theologe und Psychotherapeut
Sandra Maischberger (re.) mit ihren Kommentatoren Manfred Lütz, Dagmar Rosenfeld und Micky Beisenherz (v. li.).
Sandra Maischberger (re.) mit ihren Kommentatoren Manfred Lütz, Dagmar Rosenfeld und Micky Beisenherz (v. li.).bild: screenshot ard

Zu Beginn bespricht Maischberger die Lage mit ihren drei Kommentatoren. Moderator und Gagschreiber Micky Beisenherz reißt erstmal einen Witz über Merkels heutige Entschuldigung.

"Jens Spahn hat gesagt: 'Wir werden uns alle viel verzeihen müssen.' Und wer bittet um Verzeihung? Die Frau!"
Micky Beisenherz

Er findet: "Die Entschuldigung war richtig, aber für die falschen Dinge." Entschuldigen sollen habe sich Angela Merkel eher für das schlechte Impfmanagement und die Entscheidung, die beiden CDU-Pannenminister Jens Spahn (Gesundheit) und Andreas Scheuer (Verkehr) als Taskforce zur Organisation von Corona-Tests eingesetzt zu haben. "Das hat sich wie Hohn angefühlt."

Der Theologe Manfred Lütz schätzt Merkels Entschuldigung. "Mir hat eine solche Geste gefehlt. Ich glaube, wenn sie so weiter macht, dass es ein guter Weg ist." Dazu müssten sich aber auch die langen Ministerpräsidentenkonferenzen ändern. "Eine wirklich konstruktive Debatte kann nicht über 15 Stunden gehen." Auch nächtliche Entscheidungen sieht er skeptisch. Lütz erzählt, dass er als Psychotherapeut seine Patienten immer vor Ideen warne, die ihnen im Dunkeln kommt. Er rät, die Idee aufschreiben und erstmal nicht zu machen. "Wenn es wieder hell ist, klärt sich das." Andererseits wünscht er sich auch "mehr angelsächsische Pragmatik.“ Er findet: "Wir reden meist zwei Drittel der Zeit über das Problem und dann noch ein bisschen über die Lösung."

"Welt"-Chefredakteurin Dagmar Rosenfeld sieht das Problem ähnlich. Nämlich darin, dass "Bürokratie und Verwaltung arbeiten wie in normalen Zeiten. Wir haben verlernt zu organisieren und wir lernen nicht zu improvisieren. Deshalb hängen wir fest."

Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) erzählt von der nächtlichen Ministerpräsidentenkonferenz.
Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) erzählt von der nächtlichen Ministerpräsidentenkonferenz.bild: screenshot ard

Es liegt also einiges im Argen. Zeit, jemanden zu diesen Dingen zu befragen, der es wissen sollte. Kanzleramtsminister Helge Braun (CDU) soll erklären, wie es zur Idee der "Osterruhe" kam, die dann wegen der großen organisatorischen und rechtlichen Umstände genauso überraschend wieder verworfen wurde, wie sie aufgetaucht war. Er sagt, dass sie während der Ministerpräsidentenkonferenz in der Nacht zum Dienstag eine Idee gesucht hätten, "je kürzer desto einschneidender", um das Virenwachstum zu bremsen.

Zudem sollte die Maßnahme ein Zeichen sein: "Wir müssen ein deutliches Signal setzen, dass wir in einer ersten Lage sind." So wie er das erzählt, klingt es erstaunlich improvisiert. Darum fragt Maischberger mehrfach ungläubig nach: "Dann schießt man aus der Hüfte, ohne zu prüfen, ob es überhaupt geht? Warum wurde das nicht vorher geklärt? Wie kann das passieren, ist das nicht vorher abgesichert?" Braun drückt sich mit vielen Worten um eine wirkliche Antwort. Es hätten "viele Vorschläge auf dem Tisch" gelegen. Es sei nicht immer einfach zwischen Schnelligkeit und Genauigkeit abzuwägen. Maischberger schafft es nicht, ihn festzunageln. Erst als sie ihn fragt, ob es, wie berichtet wurde, sein Vorschlag war und ob er Ärger bekommen habe, wird er etwas konkreter.

"Es war nicht allein mein Vorschlag, ich habe meinen Anteil daran."
Helge Braun

Darum schließe er sich Merkels Entschuldigung an. "Das ist ein großer Fehler", beurteilt er die "Osterruhe" mittlerweile. "Sowas darf nicht nochmal passieren. Wir müssen in Zukunft diese Dinge anders vorbereiten", sagt er und man fragt sich: Wie werden diese Konferenzen denn bisher vorbereitet? Werden sie überhaupt vorbereitet?

Dann geht es noch um die restlichen Corona-Probleme: Zu wenig vorhandene Tests zum Beispiel. "Fast kein Bundesland bekommt es hin, zweimal zu testen in der Woche", sagt Maischberger. Und Braun drückt sich wieder um eine konkrete Antwort. "Es ist nicht so, dass es an Tests mangelt." Und es würden auch keine Impfdosen ungenutzt lagern. In den Impfzentren werde das Tempo gesteigert, und die Hausärzte könnten, wenn denn in vier bis sechs Wochen genug Impfstoff da ist allein 7 Millionen Impfungen pro Woche durchführen. "Auch wir werden dann sehr schnell den Ausgang aus der Pandemie finden."

Dirk Neubauer, SPD-Bürgermeister von Augustusburg startet einen Test-Modellprojekt.
Dirk Neubauer, SPD-Bürgermeister von Augustusburg startet einen Test-Modellprojekt.bild: screenshot ard

Den Ausweg sucht auch Dirk Neubauer. Der SPD-Bürgermeister von Augustusburg in Sachsen hat ein Modellprojekt auf die Beine gestellt, der am 1. April startet: Nach einem negativen Schnelltest bekommt man einen "Tagespass", mit dem man das Museum, Geschäfte in Restaurants besuchen kann. Und das trotz hoher Inzidenz von derzeit 350 (19 Fälle bei nur 4512 Einwohnern). "Maske und Abstand bleibt bestehen, wir fangen nicht an, auf Tischen zu tanzen, wir sind nicht leichtsinnig", beteuert der Bürgermeister. Es gehe ihm auch nicht darum, möglichst früh zu öffnen. "Wir haben Angst dass sich im Herbst 21 der Herbst 20 wiederholen könnte." Er will "aus Angst, dass sonst viel kaputt geht" diesmal rechtzeitig die Strukturen aufbauen, die im vergangenen Sommer vernachlässigt wurden.

Viiola Priesemann blickt skeptisch in die Pandemie-Zukunft.
Viiola Priesemann blickt skeptisch in die Pandemie-Zukunft.bild: screenshot ard

Die Physikerin Viola Priesemann erforscht die Pandemie mathematisch und modelliert Infektionskurven. Sie beobachtet solche Experimente mit Interesse aber auch Sorge. "Viele Testkonzepte haben irgendwo eine Lücke." Das fange ja schon damit an, dass sie auch immer richtig angewendet werden müssen. Aber das Städtchen Augustusburg habe "eine klasse Ausgangssituation". Man müsse Test in den Alltag einbauen „wo es keine Mühe macht“, damit die Leute sie auch wahrnehmen.

Denn die Lage sei nicht rosig: Die ansteckendere Variante B117 habe die Oberhand gewonnen, ungebremst rechnet Priesemann mit einer Verdopplung der Fallzahlen alle zwei bis drei Wochen. Eine Entwicklung, die "innerhalb von wenigen Wochen die Intensivstationen füllen würde". Bis Ende Mai oder im Juni die Impfung in Schwung kommt und Auswirkungen sichtbar werden, zitiert Maischberger eine Modellrechnung, nachdem die Inzidenz ungebremst auf bis zu 2000 steigen könne. Gutes Wetter könne die Infektionen zwar um 20 bis 30 Prozent senken, sagt Prisemann, allerdings würde weder die Impfung der Risikogruppen noch das Wetter davor schützen, dass sich die Intensivstationen wieder füllen werden. "Das liegt daran, dass keiner der Impfstoffe perfekt schützt – und dann macht es die Masse."

"Ein harter kurzer Lockdown, ist etwas, was man gerne hätte", sagt sie. Ob die abgesagte Osterruhe gewirkt hätte, findet sie allerdings "fraglich". Priesemann favorisiert immer noch einen "europaweiten Reset für drei bis vier Wochen". Ihre Warnung: "Wenn die Inzidenzen hoch sind, können sich diese Escape-Varianten entwickeln." Also Viren-Varianten, die so mutiert sind, dass die bisherigen Impfungen keine Wirkung mehr zeigen.

"Es gibt erste Erkenntnisse, dass manche der Virus-Varianten das zumindest zum Teil schon können. Im schlimmsten Fall entwickelt sich eine Variante, die uns zwingt mit dem Impfen wieder bei Null anzufangen."
Viola Priesemann
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