
Der "Squad" aus "Bad Influence" erinnert an den früheren Disney-Club. Bild: Netflix
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"Bad Influence: Die Schattenseite von Kidfluencing" beschreibt ein erschreckendes System, in dem Kinder für Webvideos ausgebeutet und missbraucht wurden.
10.04.2025, 20:0510.04.2025, 20:05
Piper Rockelle ist zumindest den Zahlen nach ein Mega-Star. Den Youtube-Kanal der 17-Jährigen haben über 12 Millionen Menschen abonniert. Dazu kommen millionenstarke Reichweiten bei Instagram und Tiktok.
Piper Rockelle war eine sogenannte Kidfluencerin, also eine Influencerin, deren Follower:innenschaft sich größten- und bestenfalls (später mehr dazu) aus Kindern zusammensetzt. Die Persona Piper Rockelle bildet das Zentrum der neuen Netflix-Doku "Bad Influence: The Dark Side of Kidfluencing".
Was hinter Netflix' "Bad Influence" steckt
Die dreiteilige Serie zeichnet eine Linie von den Kinderschönheitswahlen im Süden der USA bis zur systematischen Ausbeutung von Jugendlichen auf Webvideoplattformen. Das angeblich missbräuchliche System, das von Piper Rockelles Mutter Tiffany Smith errichtet wurde, dürfte hier nur die Spitze des Eisberges bilden.
Die Vorwürfe gegen Tiffany Smith reichen von gezielter Manipulation bis zu schwerem Kindesmissbrauch. Die Anschuldigungen sind nicht neu, bereits im Jahr 2022 wurde Tiffany Smith von Eltern verklagt, die ihre Kinder in die Obhut der Frau gaben. In der Doku erzählen sie ihre Geschichten.
Nicht alle Erkenntnisse sind neu, dennoch zeichnet die Doku ein prägnantes Porträt einer bislang wenig beleuchteten Branche. Das hier sind die erschreckendsten Einblicke. Achtung: Es folgen Schilderungen von schweren Missbrauchshandlungen.
Für die Klicks: Kinder zu Küssen gezwungen
Die "Erfolgsgeschichte" von Piper Rockelle beginnt im Jahr 2016. Ihren Youtube-Kanal betreibt die heute 17-Jährige zunächst alleine beziehungsweise lediglich zusammen mit ihrer Mutter. Tiffany Smith steuert sämtliche Bewegungen des Kanals. Sie kontrolliert die Strategie und die Inszenierung der Videos.
Um die Reichweite zu erhöhen, schließt sich Piper Rockelle nach dem Umzug nach Los Angeles mit anderen jungen Video-Creator:innen zusammen. Es bildet sich ein sogenannter Squad, der an die fein säuberlich kuratierten Nickelodeon- und Disney-Club-Cliquen der 90er- und 00er-Jahre erinnert. Den jungen Fans wird in den Videos die Illusion eines stets aufregenden Gruppenalltags vermittelt.
Das passiert zunächst über harmlosere Inhalte. Es folgen mit dem höheren Alter der Beteiligten härtere Prank-Videos – und später sogenannte Ships, also Liebesgeschichten, die sich gut an die jungen Zuschauenden verkaufen lassen. Tiffany Smith castet Kinder und verkuppelt sie mit bereits eingegliederten Haus-Stars.

Tiffany Smith in der Doku "Bad Influence".Bild: Netflix
Fast nichts daran ist echt. Die Kinder müssen offenbar über Monate hinweg Liebesgeschichten vorleben, auch mit Partner:innen, die sie in der Realität nicht anziehend finden. Die etwa 11- bis 13 Jahre alten Mädchen und Jungen werden Aussagen in der Doku zufolge zu körperlichen Annäherungen, etwa zu Küssen, gedrängt.
Kinderunterwäsche wurde an Männer verkauft
Die Millionen Fans und Zuschauer:innen des Kanals bestehen vor allem aus Kindern und Jugendlichen. Tiffany Smith nahm durch eine teilweise übersexualisierte Präsentation der Kinder-Stars aber wohl billigend in Kauf, dass sich von den Inhalten auch Menschen mit pädophilen Neigungen angeregt fühlen.
Sie soll gar wirtschaftlichen Profit daraus geschlagen haben.
Das ehemalige Squad-Mitglied Corinne gibt in der Doku an, sie würde sich daran erinnern, wie sie im Alter von 12 oder 13 Jahren mit Tiffany Smith zu einem Postamt gegangen sei. Dort habe die Frau ein Paket mit Unterwäsche ihrer Tochter Rockelle abgegeben. Auf die Frage nach dem Hintergrund habe Tiffany Smith erklärt: "Alte Männer riechen gerne daran."
Missbrauch durch Tiffany Smith
Tiffany Smith betreut die Produktion und Inszenierung. Ihr Einfluss greift durch die brüchige Grenze zwischen Realität und Fiktion teilweise auch auf das Privatleben der Kinder über. Manche der Squad-Mitglieder lebten später offenbar im Haus von Tiffany Smith und Piper Rockelle.
Es ist ein bereits in seiner Anlage problematisches und schiefes Machtverhältnis, ganz ohne externe Beaufsichtigung, wie es etwa in Hollywood-Produktion üblich ist.

Der Squad von Piper Rockelle. Die Zusammensetzung wechselte. Bild: Netflix
Im Jahr 2022 reichten elf ehemalige Mitglieder des Squads Klage gegen Tiffany Smith und deren Mitarbeiter und angeblichen Liebhaber Hunter Hill ein. Es geht um Verstöße gegen das Kinderarbeitsgesetz sowie eine "unangemessene, beleidigende und missbräuchliche Behandlung". Es soll zu "äußerst beleidigenden und sexuell eindeutigen Kommentaren" seitens Smith gekommen sein, berichtet "Time".
Die Doku zeigt nun einen Ausschnitt aus einem Livestream, in dem Tiffany Smith einem der Kinderdarsteller einen Kuss aufzwingt. Das ehemalige Mitglied Reese schildert später in der Serie eine Situation, in der Tiffany Smith sie in ihrem Bett festhielt und bedrängte.
Das Mädchen habe sich befreit, sei ins Bad geflohen, draußen habe die erwachsene Frau gewartet, nach Angaben des Kindes nackt. Tiffany Smith habe das Mädchen am ganzen Körper berührt, nachdem es das Bad verlassen hatte.
Tiffany Smith soll ihre Missbrauchshandlungen in Rollenspiele eingefasst haben, sie sei hinter Kuschel- und Haustieren aufgetreten, habe mit verstellter Stimme gesprochen. Die Squad-Mitglieder Sophie und Claire schildern in der Doku ähnliche Szenen.
Die Doku weist mehrfach darauf hin, dass Tiffany Smith ihr Mitwirken an der Doku ablehnte. Sie und ihr Mitarbeiter Hunter Hill stritten sämtliche Vorwürfe ab. Der 2022 begonnene Rechtsstreit wurde im vergangenen Jahr beigelegt. Piper Rockelle ist weiterhin auf Social Media aktiv.
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