Rund 1,5 Millionen Film- und Serienfans nutzen in der Türkei das Angebot von Netflix. Die im Land produzierten Stoffe wie "Börü – Die Wölfe" oder "The Protector" sind auch bei den internationalen Streaming-Fans gefragt. Eigentlich sollte mit der türkischen Serie "If Only" für Nachschub gesorgt werden. Doch dazu wird es nie kommen.
Denn das türkische Kulturministerium hat dem Streaming-Giganten die Dreharbeiten erst gar nicht erlaubt. Der Grund ist ein schwuler Charakter, der in der Serie gezeigt werden sollte. "If Only" sei einen Tag vor Drehstart abgesagt worden, sagte die Drehbuchautorin Ece Yorenc im Interview mit einem türkischen Magazin.
Netflix entschied sich nach der versagten Genehmigung für einen radikalen Schritt und strich die Produktion der türkischen Serie ganz. Man habe sich dagegen entschieden, das Drehbuch umzuschreiben und stattdessen die Produktion abgesagt, sagte eine mit der Angelegenheit vertraute Person der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch.
Homosexuelle Menschen wie auch bisexuelle, trans, intersexuelle und queere Personen sowie Transgender sind auch in der Türkei starker Diskriminierung ausgesetzt. Erst im Mai hatte der Chef der türkischen Religionsbehörde, Ali Erbas, gesagt, Homosexualität bringe Krankheiten mit sich und lasse Generationen "verrotten". Präsident Recep Tayyip Erdogan stellte sich hinter Erbas und erklärte, seine Aussagen seien korrekt, aber nur bindend für Muslime.
Netflix bestätigte die Entscheidung offiziell übrigens nicht, teilte aber mit, man bleibe den türkischen Kunden zutiefst verpflichtet.
Im vergangenen Jahr hatte eine brasilianische Netflix-Produktion für Furore gesorgt. Politiker und Geistliche kritisierten die Satire "A Primeira Tentação de Cristo" ("Die erste Versuchung Christi"). Nachdem der Streifen erst gerichtlich verboten worden war, wurde die Entscheidung im Berufungsprozess gekippt, er ist in Brasilien nach wie vor abrufbar. "Es ist nicht davon auszugehen, dass eine Satire die Macht hat, die Werte des christlichen Glaubens zu untergraben, die mehr als 2000 Jahre alt und in der Überzeugung der Mehrheit der Brasilianer verwurzelt sind", schrieb Gerichtspräsident José Antonio Dias Toffoli in seiner Begründung.
(ab/mit dpa)