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Leonie Benesch: Warum der "Babylon Berlin"-Star auf Instagram verzichtet

13.02.2025, Berlin: Leonie Benesch, Schauspielerin, steht am Er
Schauspielerin Leonie Benesch auf dem roten Teppich der Berlinale.Bild: dpa / Christoph Soeder
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Leonie Benesch: Warum der "Babylon Berlin"-Star auf Instagram komplett verzichtet

Mit "September 5" ist Leonie Benesch beim Deutschen Filmpreis nominiert. Vorab spricht die Schauspielerin, die auch aus "Babylon Berlin" bekannt ist, über #Metoo-Momente, warum sie bei "The Crown" heute nicht mehr mitspielen würde und darüber, dass sie kein Profil bei Instagram hat.
09.05.2025, 07:2509.05.2025, 07:25
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"Absurd weit weg" sei es für sie, einen Oscar zu gewinnen. Dabei war die 34-jährige deutsche Schauspielerin Leonie Benesch an dem Filmpreis bereits näher dran als die meisten in der Branche es je sein werden.

Sie war 18, als mit "Das weiße Band" zum ersten Mal ein Film mit ihr nominiert war. Das zweite Mal war sie 2024 mit "Das Lehrerzimmer" bei der Oscar-Verleihung. Und erst in diesem Jahr war es erneut so weit: Ihr aktueller Film "September 5" wurde nominiert.

Gewonnen hat Leonie Benesch den Oscar (noch) nicht, dafür hat sie jetzt Chancen, beim deutschen Filmpreis als beste Nebendarstellerin abzuräumen: "September 5" erzählt die Geiselnahme der Olympischen Spiele 1972 aus Sicht eines US-amerikanischen TV-Teams. Benesch spielt eine junge deutsche Übersetzerin.

watson: Es sagen immer alle, Preise seien nicht wichtig. Das ist nicht wahr, oder?

Leonie Benesch: Natürlich sind Preise wichtig, sonst würden sich nicht alle so freuen, wenn sie einen gewinnen. Ein Preis ist eine Anerkennung, die beim Deutschen Filmpreis sogar von Kolleg:innen kommt. Was für eine Ehre: Ich bin nominiert, weil Schauspieler:innen in der Akademie meine Arbeit gut fanden.

Aber?

Die Frage, die mit dranhängt, ist: Sind wirklich immer die richtigen Filme und Schauspieler:innen nominiert und hätten nicht vielleicht andere oder kleinere Produktionen, die nicht so viel Budget für Marketing hatten, genauso verdient, gesehen zu werden?

Wie groß ist dein Wunsch, mal einen Oscar zu gewinnen?

Ich fühle mich sehr privilegiert, in Filmen mitgewirkt zu haben, die bei den Oscars nominiert waren. Dadurch war es mir aber auch möglich, diese Maschinerie mal von nahem zu sehen.

Und?

An den Oscars verdienen sehr viele Leute sehr viel Geld. Da ist der Deutsche Filmpreis, wo man ein paar Interviews gibt, richtig süß und richtig schön, weil es weniger Grauzonen von potenzieller Bestechlichkeit gibt. Bei den Oscars ist es immer auch eine Frage der Kohle und ob ein Studio es sich leisten kann, eine Kampagne zu fahren. Für mich war es eine absolut großartige Sache, im Publikum zu sitzen: Die Amis können einfach Entertainment.

HANDOUT - 01.01.2025, ---: Leonie Benesch (r) als Marianne Gebhardt und Marcus Rutherford als Carter in einer Szene des Films "September 5 - The Day Terror Went Live" (undatierte Filmszene). ...
Leonie Benesch als Übersetzerin Marianne in "September 5".Bild: Constantin Film Verleih GmbH / Jürgen Olczyk

Es war so rührend, so unterhaltsam, so schön, Billie Eilish und Ryan Gosling haben gesungen, die Stimmung war mega. Aber selbst einen Oscar zu gewinnen ist absurd weit weg für mich und generell für uns Europäer:innen. Ich habe mit drei Filmen in den letzten Jahren, die nominiert waren, schon unwahrscheinlich viel Glück gehabt.

Angefangen hat es bei dir eigentlich mit Johnny Depp. Erklär mal bitte.

Ich bin ohne Fernseher aufgewachsen. Gerade deshalb war ich von Bildschirmen und allem, was sich darauf bewegte, extra fasziniert. Wenn wir auf dem Laptop meines Papas einen Film ansehen durften, war das immer etwas Besonderes. Als Anfang der 2000er der erste Teil von "Pirates of the Caribbean" rauskam, hatte das für mich einen totalen Sog. Da gab es Karibik, Segeln, Outdoor, Action, Fechten – das war einfach mindblowing für mich. Ich habe nicht genug davon bekommen, das Behind the Scenes anzusehen, weil ich nicht begreifen konnte, dass es Menschen gibt, die ihr Geld verdienen, indem sie Pirat spielen.

"Meine deutsche Agentin hat Eier aus Stahl. Die hat sich immer getraut, die Fame-Projekte mit mir zusammen abzusagen, um mich nicht zu verheizen."

Es gibt viele junge Menschen, die Schauspieler:innen werden wollen und nie dahin kommen, wo du bist. Was ist bei dir anders?

Ich war wahnsinnig stur und wusste sehr früh, dass ich das machen will. Es gehört sehr viel Fleiß dazu. Und – ich weiß, dass das immer gesagt wird, aber es ist wahr: Es war auch Glück. Dazu kommt: Meine deutsche Agentin hat Eier aus Stahl. Die hat sich immer getraut, die Fame-Projekte mit mir zusammen abzusagen, um mich nicht zu verheizen.

Viele haben dich in "The Crown" gesehen.

Wenn man sich eine Karriere aufbaut und versucht, in den englischsprachigen Markt zu kommen, ist "The Crown" ein so krasses Geschenk. Weil es von allen gesehen wird, weil Stephen Daldry ein großartiger Regisseur ist und das Set wirklich opulent ist. Ich habe einfach alles aufgesaugt. Für mich war "The Crown" ein sehr guter, aber auch ein erster Schritt in die internationale Richtung. Angesichts der Größe der Rolle würde ich "The Crown" heute so nicht mehr machen. Jetzt suchen meine Agentinnen Projekte, in denen die Rollen größer sind.

Was ist an internationalen Produktionen anders als an deutschen und wie stehen die Deutschen da im internationalen Vergleich?

Ich drehe gerade in Cardiff für Sky eine Serie. Das ist Fließbandarbeit – und das sage ich, ohne, dass ich es abwertend meine: Es wird sehr schnell gedreht, die Konzentration ist extrem hoch und es gibt kaum Zeit, um etwas auszuprobieren. Bei deutschen Produktionen nimmt man sich relativ viel Zeit, um mit Schauspieler:innen zu diskutieren, was funktioniert und was nicht. Da geht es oft einen Ticken gemütlicher zu. Mich nervt das hin und wieder. Mein Ansatz ist eher: ausprobieren und anbieten. Wenn etwas nicht funktioniert, dann besprechen und ändern. Aber ich diskutiere eher ungern lange davor.

"September 5" ist eine deutsche Produktion, aber mit internationaler Besetzung. Du bist die einzige Frau mit einer tragenden Rolle. Wie war das am Set?

Das war ein ordentlich mit Testosteron geladener Raum und manchmal etwas anstrengend. Aber da das Teil der Geschichte war, hat es Sinn ergeben. Und meine Kollegen waren großartig!

Die #MeToo-Bewegung ist acht Jahre her. Wo stehen wir da heute?

Wenn ich an das denke, was wir jeden Tag in den Nachrichten lesen, dann lässt sich aktuell ein Cultural Shift ausmachen. Die Macho-Attitüden werden wieder mehr.

Du denkst an Donald Trump und Elon Musk?

Ja. Und all die anderen Kleinkindmänner, die gerne bestimmen wollen und sich um Kopf und Kragen schreien mit ihrem Hass. In der Filmwelt ist dieses Verhalten zwar noch nicht wieder so doll angekommen. Aber ich frage mich manchmal, ob das nur eine Frage der Zeit ist.

Du bist nicht bei Instagram oder anderen Social-Media-Apps. Warum nicht?

Weil ich es nicht möchte. Ich möchte so meine Zeit nicht verbringen. Instagram ist eine der Apps, die allein dafür designt sind, dass wir den ganzen Tag damit verbringen, das Handy anzustarren. Das kann nicht gesund sein. Die Möglichkeiten von "Compare and Despair" (auf Deutsch: vergleichen und verzweifeln; Anm.d.Red.) sind mir auch anderswo gegeben. Das brauche ich nicht auch noch auf meinem Handy.

Was stört dich noch?

Ich bin als Schauspielerin ein Stück weit öffentliche Person. Dass ich immer wieder navigieren muss zwischen Beruf und privat, bringt dieser Job mit sich. Aber das möchte ich ungern auch noch online die ganze Zeit.

Es heißt immer, ein Social-Media-Profil mit möglichst großer Reichweite sei für Schauspieler:innen unabdingbar.

Das stimmt auch. Ein Instagram-Profil kann Casting-Entscheidungen beeinflussen. Ganz ohne kommt man inzwischen nicht weit. Richtig groß geworden ist diese Annahme allerdings erst, nachdem ich schon ein paar Sachen gemacht habe. Heute bin ich an einem Punkt in meiner Karriere, an dem es ohne geht. Aber würde ich jetzt erst anfangen, hätte ich wohl auch ein Instagram-Profil.

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