Verglichen mit Reality-Shows ist "Let's Dance" eigentlich ein Quell der Harmonie. Allenfalls die deutlichen Urteile von Joachim Llambi sorgen hin und wieder für kleine Aufreger, aber selbst die sind kalkulierbar. Am Ende bilden die Beteiligten eine große Familie, einige Profis halten mit ehemaligen Promi-Kandidat:innen sogar über Jahre hinweg noch Kontakt. Und wenn irgendjemand Nachwuchs erwartet, jubeln alle (fast) so, als wäre es das eigene Kind.
Auch aus Sicht von RTL passt alles, denn die Quoten stimmen auch noch nach mittlerweile 18 Jahren. Dass das Format auch Schwächen – sogar große Schwächen – hat, lässt sich da gut unter den Teppich kehren.
Fakt ist jedenfalls: So mancher Promi erlebte bei "Let's Dance" schon eine böse Überraschung, denn entgegen dem Titel der Show spielt das Tanzen mitunter eine nur untergeordnete Rolle. Dies zeigt sich aktuell extrem am Beispiel der Kandidatin Ann-Kathrin Bendixen.
Nach fünf Ausgaben der Staffel ist es nicht mehr nur ein offenes Geheimnis, sondern ein Running Gag: Ann-Kathrin Bendixen bringt von allen Promis offensichtlich das geringste Talent mit, trotzdem wurstelt sie sich jede Woche durch und wird weiter gewählt. Zum Leidwesen anderer Stars, die besser performt haben.
Schon mehrmals schien ihr Schicksal besiegelt zu sein, doch immer wieder siegt sie über die Erwartungen. Nicht einmal die Abwesenheit ihres Stammpartners Valentin Lusin (der Profi wurde erstmals Vater) hielt sie in Woche vier vom Weiterkommen ab. Für den Partnertausch, der in der nächsten Folge über die Bühne gehen wird, ist das Gleiche zu befürchten.
Die Rangliste am Ende von Ausgabe fünf ist geradezu bezeichnend: Mit 16 Punkten lagen Ann-Kathrin und Valentin nach Jury-Punkten recht abgeschlagen auf dem letzten Platz. Stefano Zarrella und Mariia Maksina kassierten drei Punkte mehr und mussten dennoch die Segel streichen.
Das Bild erinnert an Staffel 15. Hier bekam der Comedian Bastian Bielendorfer auf dem Parkett an der Seite von Ekaterina Leonova kaum einen Fuß vor den anderen und landete wie durch ein Wunder auf Platz sechs – das Publikum wollte es so.
Ergebnisse wie diese sagen am Ende aber weniger über den Promi und dafür umso mehr über den Profi aus. Ekaterina Leonova beispielsweise könnte mit einer Mülltonne tanzen und wurde sehr wahrscheinlich trotzdem nicht schon in Show eins ausscheiden. Sie ist schlicht zu beliebt, insbesondere bei den männlichen Fans des Formats. Menschen rufen aus Prinzip für sie an.
Zwar unterscheidet RTL begrifflich weiter streng zwischen Promis und Profis, nach all den Jahren "Let's Dance" sind aber die Profis teils zu den eigentlichen Stars aufgestiegen ... was der Sender wiederum nach Kräften forciert. Das ist zwar einerseits schön für die Profis und sei ihnen gegönnt, doch die Show, in der es eigentlich um Leistung gehen sollte, leidet darunter. Mit anderen Worten: Bielendorfer hatte einfach Glück, die "richtige" Tanzpartnerin bekommen zu haben.
In der aktuellen Staffel erlebt Ann-Kathrin Bendixen das gleiche Phänomen. Sie tanzt mit Valentin Lusin, dessen Frau Renata bekanntlich ebenfalls zum Kreis der Show-Profis zählt. Momentan besteht ein massiver Hype um das Paar, das nach mehreren Rückschlägen kürzlich endlich sein Wunschkind bekommen hat.
Bereits am Tag nach der Geburt gab es erste offizielle Fotos der Lusins mit Baby aus dem Krankenhaus, egal ob "rtl.de" oder "Bild" – das Internet war voll davon. Der Sender vermarktet seine Profis bis zum Äußersten und so verwundert es auch nicht, dass die Lusins bei Instagram nicht persönlich die Baby-News verkündeten. Vielmehr wurde die Nachricht direkt über RTL beziehungsweise den offiziellen "Let's Dance"-Kanal auf Instagram ausgespielt. Zuvor, bei der Verkündung der Schwangerschaft, verhielt es sich genauso.
Und die Rechnung geht für RTL auf. Der Sender hypet die Lusins und Menschen rufen, große Überraschung, wie verrückt für Valentin an. Dass dessen Tanzpartnerin Ann-Kathrin Bendixen nur dürftige Leistungen abliefert und kaum sichtbare Fortschritte macht: offenbar vollkommen egal.
Auf die Baby-Euphorie soll für Valentin auch noch der Staffel-Sieg folgen. Das muss man natürlich nicht zwangsläufig schlecht finden (wie gesagt: Jedem sei sein Glück gegönnt), mit Fairness im Hinblick auf den Wettbewerbscharakter hat all das aber nichts zu tun.
Die gute Nachricht: Bastian Bielendorfer wurde letztlich immerhin nicht "Dancing Star" und auch für Ann-Kathrin Bendixen dürfte irgendwann Endstation sein. Bislang setzt sich zumindest ganz am Ende die Qualität durch, weshalb zum Beispiel Gabriel Kelly schon jetzt für das "Let's Dance"-Finale gesetzt sein dürfte – obwohl seine Tanzpartnerin Malika Dzumaev keine zweite Ekaterina Leonova ist. Und das ist verdammt gut so.
Richtig spannend wäre die Staffel jedenfalls mit einem permanenten Partnertausch. Hieße Ann-Kathrin Bendixens neuer fester Tanzpartner Vadim Garbuzov, hätte ihr Siegeszug mit hoher Wahrscheinlich ein abruptes Ende. Und zwar schon am kommenden Freitag. So aber bleibt der Partnertausch ein Gimmick.