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"The Zone of Interest". Highlight mit Sandra Hüller bei Oscars wohl chancenlos

"The Zone of Interest" ist unter anderem als "Bester Film" bei den Oscars nominiert.
"The Zone of Interest" ist unter anderem als "Bester Film" bei den Oscars nominiert.Bild: Leonine
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"The Zone of Interest" ist der beste Oscar-Film 2024 – trotzdem hat er keine Chance

28.02.2024, 19:01
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Mit Sandra Hüller schnuppert ein deutscher Star dieses Jahr gleich doppelt Oscar-Luft: Die Schauspielerin hat sowohl mit "Anatomie eines Falls" als auch "The Zone of Interest" Nominierungen eingefahren. Beide Dramen sind in der Königsdisziplin "Bester Film" im Rennen.

Ab dem 29. Februar kann sich das deutsche Publikum im Kino selbst ein Bild von "The Zone of Interest" machen, "Anatomie eines Falls" startete bereits im vergangenen November. Doch auch, wenn Sandra Hüllers Präsenz bei den Oscars beeindruckend und auch absolut gerechtfertigt ist: "The Zone of Interest" hat wohl nur geringe Chancen, in der Hauptkategorie abzuräumen.

Achtung: Dieser Artikel beschreibt konkrete Szenen aus "The Zone of Interest", beinhaltet also Spoiler! Wer im Kino überrascht werden möchte, sollte entsprechend vorsichtig sein.

"The Zone of Interest" ist ein verstörendes Erlebnis

Der neue Film von Jonathan Glazer ("Under the Skin") beleuchtet das Leben des Auschwitz-Kommandanten Rudolf Höß (gespielt von Christian Friedel), der zu Beginn der 1940er Jahre direkt neben dem Konzentrationslager lebt. Seine Familie hat sich hier eine Idylle aufgebaut, inklusive großem Garten und Swimmingpool.

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Seine Frau Hedwig (Sandra Hüller) ist auf dieses "Paradies" besonders stolz. An einer Stelle prahlt sie damit, sie werde als "Königin von Auschwitz" bezeichnet. All das klingt bereits hochgradig bedrückend und ist auf der Leinwand auch wirklich nur schwer auszuhalten. Kurzum: "The Zone of Interest" ist ein verstörender Film.

Dabei ist die Produktion überhaupt nicht mit anderen erfolgreichen "Holocaust-Filmen" wie "Das Leben ist schön" oder "Schindlers Liste" zu vergleichen. Das Besondere: Das Leid der KZ-Gefangen wird nicht visualisiert, sondern kommt "nur" auf der Tonspur zum Ausdruck. Auf Filmmusik hat Glazer zudem weitgehend verzichtet. Die Wirkung ist deshalb aber nicht geringer – im Gegenteil.

Allein an der Soundkulisse arbeitete der Regisseur ein Jahr lang. Immer wieder zu hören sind Geräusche von Produktionsmaschinen, Krematorien, Stiefeln, Schüssen sowie Schreie. Da das Publikum weiß, was in Auschwitz passierte, wird damit ein Kopfkino in Gang gesetzt, und dieses ist vermutlich grausamer als explizitere Szenen es je sein könnten.

Zum Vergleich: In "Schindlers Liste" von Steven Spielberg gibt es eine Sequenz, in der jüdische Gefangene mit der Erkenntnis des baldigen Todes in den Duschraum getrieben werden. Jedoch kommt (entgegen der Erwartung) kein Gas aus den Brausen, sondern Wasser. Dieser dramaturgische Kniff ist bis heute höchst umstritten, wird teils als geschmacklos bezeichnet. Derartiger Kritik entgeht Jonathan Glazer von vornherein – genau wie dem Vorwurf, den Nationalsozialismus für filmischen Kitsch zu missbrauchen.

Während nämlich bei dem NSDAP-Mitglied Oskar Schindler in "Schindlers Liste" ein Erkenntnis-Prozess einsetzt, der Hoffnung vermittelt, ist bei "The Zone of Interest" für so etwas kein Platz. Wenn sich Rudolf Höß am Ende des Films allein auf einer Treppe übergibt, zeigt dies lediglich einen Restfunken Menschlichkeit in ihm, der aber für andere verborgen bleibt.

Der Alltag der Familie gestaltet sich beunruhigend "normal".
Der Alltag der Familie gestaltet sich beunruhigend "normal".bild: Leonine

Daneben gibt es weitere Hinweise, die vergleichsweise subtil angebracht sind: Hedwigs Mutter, die zu Besuch kommt, reist unvermittelt wieder ab und eines der Kinder schlafwandelt nachts. Etwas, das nicht weiter verbalisiert wird, ist nicht in Ordnung. Diese Risse im Paradies werden dem gewöhnlichen bürgerlichen Alltag der Familie gegenübergestellt.

Die einst von der Publizistin Hannah Arendt beschriebene "Banalität des Bösen" erhält hier noch einmal einen neuen Dreh und wird bereits im Titel vermittelt: Das Sperrgebiet Auschwitz wurde während des Zweiten Weltkrieges tatsächlich beschönigend als "Interessengebiet" bezeichnet.

"The Zone of Interest": Kein typischer Oscar-Film

Dass "The Zone of Interest" in fünf Rubriken für einen Oscar nominiert wurde, ist bereits eine Überraschung, denn mit Mainstream-Kino, das in erster Linie unterhalten soll, hat diese Produktion nicht viel zu tun. Eigentlich ist sie ein klassisches Beispiel für einen Film, der zumindest Teile des Publikums dazu bringt, den Saal zu verlassen. Er ist nicht nur inhaltlich unbequem, sondern betritt auch gestalterisch neue Wege.

Gleichwohl sich die Academy zuletzt durchaus für weniger konventionelle Kost geöffnet hat, wäre eine Auszeichnung als "Bester Film" doch eine echte Überraschung – auch im Hinblick darauf, dass "The Zone of Interest" im Vergleich zu beispielsweise "Oppenheimer" nicht schon seit Sommer 2023 einen Hype um sich aufbauen konnte. Er besitzt auch nicht annähernd dieselbe Star-Power: Die US-Kritik beginnt gerade erst damit, Sandra Hüller für sich zu entdecken.

Es müsste noch eine weitere Kategorie geben: "Film, der am längsten nachwirkt". Dieser Preise wäre "The Zone of Interest" sicher.

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