In der Hauptstadt vergnügten sich bereits am Pfingstwochenende tausende junge Leute auf einer Bootparty, am Ballermann feiern unzählige Urlauber auf der Schinkenstraße und auch in Düsseldorf ist die Partyabstinenz längst passé. Nicht weiter tragisch, könnte man meinen – wäre da nicht die Corona-Pandemie, die eben noch längst nicht ausgestanden ist.
Um gerade auch die jungen Menschen auf dieses wichtige Thema aufmerksam zu machen, hatte sich Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD) für einen umstrittenen Botschafter entschieden: Farid Bang. Am Mittwoch wurde ein Video mit einem Appell zur Einhaltung der Corona-Regeln veröffentlicht, das sich an eine hauptsächlich junge Community richtet.
Das veröffentlichte Video löste nicht nur Begeisterung aus, weshalb Geisel den geplanten gemeinsamen Clip mit dem Skandal-Rapper dann doch lieber strich. Viele sahen Farid Bang als extrem ungeeigneten Botschafter, Kritiker störten sich an seiner Vergangenheit. Denn mit sexistischen und antisemitischen Song-Texten hatte er noch 2018 für Ärger gesorgt. Damals löste eine gemeinsame Liedzeile mit Kollegah eine deutschlandweite Debatte über Antisemitismus aus, die letztendlich sogar zur Abschaffung des Musikpreises Echo führte, mit dem die beiden Rapper noch im selben Jahr ausgezeichnet worden waren.
Doch Düsseldorfs Oberbürgermeister störten die Negativschlagzeilen von vor ein paar Jahren offenbar wenig. Er entschied sich trotzdem für den Rapper als Überbringer der Corona-Warnung – und musste dafür massig Kritik einstecken.
Nordrhein-Westfalens Integrationsminister Joachim Stamp (FDP) kritisierte Geisel heftig für die Kooperation. Im Gespräch mit der "Rheinischen Post" schimpfte er:
Auch NRW-Antisemitismusbeauftragte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) konnte dem Corona-Video wenig abgewinnen: "Die Wahl des Rappers Farid Bang für ein öffentliches Projekt, das gerade beim Thema Coronavirus aufklären soll, ist schwer zu ertragen."
Selbst die SPD distanzierte sich von dem Politiker aus ihren eigenen Reihen. "Es ist begrüßenswert, Maßnahmen zu ergreifen, um Vorkommnisse wie in Stuttgart und Frankfurt in Düsseldorf zu verhindern. Dazu können auch bisher nicht erprobte Mittel und Wege genutzt werden. Wir halten aber die Person von Farid Bang für ungeeignet, diesen Weg zu gehen", ließen Düsseldorfs SPD-Fraktionschef Markus Raub und Parteichef Andreas Rimkus am Mittwoch mitteilen. Und auch die CDU schaltete sich ein und forderte eine Sondersitzung des Rates wegen des umstrittenen Videos.
Der Oberbürgermeister hingegen verteidigt seine Wahl. Er wisse zwar, dass Farid Bang eine "ausgesprochen kontroverse Figur" sei und er halte "manches, was er gemacht hat, für widerwärtig", dennoch spreche der Künstler eine Zielgruppe an, die für andere Vertreter der Stadt nicht zugänglich sei.
An einem prallte die Kritik bislang ab: Farid Bang. Der Rapper selbst meldete sich bislang nicht dazu zu Wort, teilte lediglich das Video mit seinen Followern auf Instagram und ließ es sich dann weiter in Madrid gutgehen, feierte dort mit Mund-Nasen-Schutz in einer Bar, shoppte bei Dior oder warf mit Geldscheinen nur so um sich.
Von einem anderen Rapper hingegen bekam Farid Bang nun Rückendeckung. Ausgerechnet Fler, mit dem es in der Vergangenheit ebenfalls Differenzen gab, sprang dem Musiker zur Seite.
Auf Instagram postete er ein Bild von Farid Bang und richtete eindringliche Worte in Richtung der Politiker, die nichts anderes zu tun hätten, als auf der Vergangenheit des Rappers herumzuhacken. Dass Politiker sich über Farid Bang echauffieren, wenn er "eine positive und richtige Message verkündet", machte Fler offensichtlich fassungslos. Er kritisierte, dass offenbar jemand, der in der Vergangenheit Fehler gemacht habe, "auch in Zukunft nicht Teil der Gesellschaft sein" dürfe. Und weiter:
Farid Bang hatte sich nach dem Eklat um seine gewaltverherrlichenden und antisemitischen Liedzeilen von seinen damaligen Worten distanziert. Erst vor wenigen Wochen hatte er in einem Interview mit der "Bild"-Zeitung erklärt: "So etwas wird mir nie wieder passieren. Ich distanziere mich heute wie auch damals ausdrücklich vom Antisemitismus. Mir ist mit dieser Rap-Zeile ein Fehler unterlaufen, für den ich mich bei allen Betroffenen immer noch entschuldigen möchte."
Für den 34-Jährigen sei Rap bis zu dem Eklat "eine Kunstform ohne Grenzen" gewesen. "Ich habe damals diese Zeile einfach ohne Nachzudenken gerappt. Mir fehlte damals die nötige Selbstreflexion", verkündete er.
Doch die Fehler von damals hängen ihm weiter nach – Reue hin oder her.
(jei)