Die Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland stand 2006 ganz im Zeichen des Sommermärchens. Italien ging damals im Finale als Sieger gegen Frankreich hervor. Deutschland schaffte es auf den dritten Platz. Die Euphorie und die gute Stimmung im Land waren in den vier Wochen bezeichnend. Es entstand sogar ein Dokumentarfilm unter dem Titel "Deutschland. Ein Sommermärchen".
Dort wurde die deutsche Nationalmannschaft rund um die WM begleitet. Schon vor dem Start der diesjährigen Heim-EM stellte sich die Frage, ob es in diesem Sommer ähnliche Bilder geben werde. Esther Sedlaczek sagte dem "Express" dazu: "Die beiden letzten Länderspiele haben mir ein gutes Gefühl gegeben und haben noch einmal sehr viel Euphorie ausgelöst. Ich hoffe auf eine begeisternde Zeit."
ZDF-Moderator Jochen Breyer meinte zur "Prisma": "Dass wieder Leichtigkeit und Lockerheit einziehen, kann man natürlich nicht auf Knopfdruck bewirken. Aber wenn das Wetter und die Leistungen der Nationalelf stimmen, könnte wieder eine Atmosphäre entstehen wie 2006."
Sein Kollege Markus Lanz kann diesem Gedanken in jedem Fall nichts abgewinnen. Das machte er jetzt in seiner neuesten Podcastfolge von "Lanz & Precht" deutlich.
Markus Lanz schwärmte zunächst von seinem Stadionbesuch beim WM-Halbfinale im Jahr 2006. Er freute sich über "diese große Begeisterung". Zudem sagte er: "Plötzlich kommt dieses Tor in der 118. Minute und neben mir ist Totenstille. Das werde ich nie mehr vergessen." Mit seinem Bruder habe er sich auch noch im Berliner Olympiastadion das Finale angeschaut. "Das war herrlich, ein schöner Moment, der uns beide auch sehr geprägt hat", gab er an. Italien wurde damals Weltmeister.
Der Moderator gab zu, die EM und WM zu schauen, "die Bundesliga eher weniger". Schließlich meinte der 55-Jährige zu Richard David Precht: "Wie empfindest du die Atmosphäre? Wie nimmst du die EM wahr? Wir sind ja immer so furchtbare Klischee-Maschinen und das Wort 'Sommermärchen' taucht in jedem zweiten Artikel auf."
Lanz betonte: "Ich kann es nicht mehr hören. Ich denke immer: Hör' auf damit! Es gibt kein zweites Sommermärchen mehr, wir leben in völlig anderen Zeiten. Lasst uns doch eine neue Geschichte erzählen."
Precht stimmte ihm zu, dass man die besondere Zeit zur Heim-WM nicht kopieren könne. "Eine neue, schöne Geschichte" sah der Philosoph aber "durch den großartigen Auftaktsieg der deutschen Nationalmannschaft".
Er betonte: "Stell dir mal vor, die Deutschen hätten nicht gut gespielt und gegen Schottland verloren. Dann hätte das tatsächlich meines Erachtens dazu beigetragen, bei der besonders schlechten Stimmung, die wir augenblicklich im Land haben, noch mal richtig Benzin ins Feuer zu gießen."
Daher sei "so ein glänzender Sieg besonders wichtig" gewesen. Precht fragte sich: "Was wäre wohl passiert, wenn die deutsche Mannschaft ganz schlecht spielen würde? Wer dann wieder meint, es wären zu viele Spieler mit Migrationshintergrund in der Mannschaft? Was da alles wieder losgebrochen wäre."
Zudem merkte er an: "Deswegen freue ich mich sehr darüber, dass die deutsche Mannschaft so einen guten Fußball spielt und jetzt schon vorzeitig qualifiziert ist."
Zum Schluss zeigte sich auch Markus Lanz von der "verbindende Kraft des Fußballs" begeistert und sagte: "Wenn dann das deutsche Tor fällt, hast du den Mechaniker aus Schwerin, der liegt der Studentin aus Tübingen im Arm, alle brüllen 'Tor' und freuen sich. Da fragt keiner mehr, wo du gerade politisch stehst."
Precht gab zu verstehen: "Wir sind uns einig, diese Themen sollen nicht ganz weg sein, aber wir nehmen auf diese Art und Weise Urlaub vom Leben und lassen uns euphorisieren."