Seit 2007 ist Anne Will fester Bestandteil der Polit-Talk-Landschaft im TV. Ihre Sendung am Sonntagabend gehört zu den beliebtesten dieser Art. Doch nun verabschiedet sie sich. An diesem Sonntag findet der letzte Talk mit ihr statt, ehe die "Tagesthemen"-Moderatorin Caren Miosga von ihr übernimmt.
Anne Will fällt der Abschied von ihrer gleichnamigen Sendung nicht ganz leicht, immerhin hat sie 16 Jahre lang mit ihren Gästen über aktuelle, meist hochpolitische Themen gesprochen. Allerdings hat sich in den vergangenen Jahren auch einiges verändert – nicht unbedingt zum Positiven, wie sie findet.
Vor allem Social Media habe einen großen Teil dazu beigetragen, dass die Journalistin immer mehr das Gefühl hatte, sie müsste in ihrer Sendung in der "Tonalität nüchterner" werden, dass man "abrüsten" müsste. Sie erklärte dazu im Gespräch mit der "FAZ":
Deshalb hätten sie sich dagegen entschieden. "Das war auch ein Gegenentwurf zu dem, was die sogenannten sozialen Medien mit ihrem Clickbaiting machen. Es gab und gibt den großen Wunsch nach Vertiefung, den haben wir versucht zu bedienen."
Dass sie und ihr Team besonders viele negative Erfahrungen mit Feedback machen mussten, weil irgendwelche Dinge aus der Sendung aus dem Zusammenhang gerissen wurden, konnte sie allerdings nicht beobachten.
Es habe nicht unmittelbar mit ihr und der Sendung zu tun, meint sie und stellt klar: "Ich habe auch nichts gegen soziale Medien, ich nutze die selber und finde, das ist ein tolles Tool, und ich werde darüber nach wie vor gut informiert. Was mich stört, kann ich auch ausblenden. Aber insgesamt hatten mein Team und ich den Eindruck, es verändert sich was. Es fühlte sich nicht mehr richtig an. Der Krawall, die Überspitzung, die wollen wir nicht mehr."
Grundsätzlich zählte Anne Will in den vergangenen 16 Jahren zu den Talkmaster:innen, die auch in Konfliktsituationen im Studio eher ruhig und sachlich blieben. Sie suchte weniger die direkte Konfrontation, wie beispielsweise ein Markus Lanz. Sie ist aber überzeugt, dass sie sehr wohl an den richtigen Stellen nachbohrt und sich nicht abwimmeln lässt. "Wann immer das in der Sendung angezeigt ist, mache ich das", stellt sie klar.
Zu lautstarken Rededuellen kam es in ihrer Sendung in den vergangenen Jahren natürlich dennoch. Dass sie jedoch deutlich und hart einschreiten musste, kam nicht so oft vor. "Es gab allerdings solche Momente, zuletzt vor zwei Wochen mit Alexander Dobrindt, als ich, wie seit Jahren nicht mehr, aufgestanden bin, um eine nicht enden wollende Auseinandersetzung zu unterbrechen", erinnerte sie sich, erklärte aber auch: "Viele solcher Situationen gab es nicht."
Warum es bei ihr weniger eskalierte als in anderen Talk-Formaten? Anne Will hat da ein paar Erklärungen:
Nach ihrem Polit-Talk-Aus will sich Anne Will wieder breiter aufstellen. "Nach all den Jahren, die ich ungefähr immer das Gleiche gemacht habe, werde ich jetzt wieder viele unterschiedliche Sachen machen. Ich bin Journalistin und auch als solche ausgebildet, war jetzt aber sehr lange Moderatorin, was nur eine Spielform des Journalismus ist", sagte sie. Jetzt wolle sie wieder "rausgehen, Reporterin sein, Dokumentationen drehen, Einzelinterviews führen" oder auch "ausgesuchte Veranstaltungen moderieren" und Podcasts machen. Selbst Radio könne sie sich vorstellen.
Für Anne Will steht fest: "Jetzt hab ich 16 Jahre lang ziemlich genau das Gleiche gemacht. Fand ich auch super, aber reicht dann jetzt mal."