Wie gut ist der "Tatort" von gestern? Lena Odenthal (Ulrike Folkerts) ermittelte in einem Krimi mit dem Titel "Avatar" aus Ludwigshafen. Blaue Aliens kommen in der Handlung allerdings nicht vor, stattdessen geht es um eine Mutter, die den Tod ihrer Ziehtochter rächen will – und dafür Internet-Bots nutzt.
Beim Publikum kam der Mix aus Cyber-Krimi und Rachegeschichte aber gemischt an. Viele Zuschauer:innen hatten Schwierigkeiten, der komplizierten Handlung zu folgen. Ist die Kritik berechtigt? Der "Tatort" aus Ludwigshafen versucht sich an einem gegenwärtigen wie komplexen Thema, beginnt aber sehr konventionell.
Am Rheinufer wird eine Leiche aufgefunden. Der Unbekannte erlitt einen Herzinfarkt. Gegen eine natürliche Todesursache spricht das Pfefferspray in seinem Gesicht. Die Ermittlerinnen Odenthal und Stern (Lisa Bitter) stoßen zudem auf die geheimnisvolle Zeugin Julia: Hat sie das Opfer gezielt getroffen?
Deren Ziehtochter Sina (Ziva Marie Faske) starb vor Kurzem, nachdem sie sich im Internet einem Mann anvertraute – ein typischer Cyber-Grooming-Fall. Gemeint ist damit die gezielte Manipulation von Minderjährigen durch Erwachsene im Internet, häufig mit dem Ziel des sexuellen Missbrauchs. Julia sucht nun nach dem Täter. Und Odenthal und Stern stecken mitten in einer Rachegeschichte, die noch lange kein Ende hat.
"Tatort: Avatar" folgt nicht dem üblichen Schema eines Krimis. Die Tätersuche und die Ermittlung stehen weniger im Vordergrund als das Schicksal von Julia. Wer zufällig in die Folge schaltet, würde gar nicht bemerken, dass es sich um eine "Tatort"-Folge handelt. Eigentlich ein gutes Zeichen.
Die vielen Handlungselemente sorgten aber für Verwirrung bei X, ehemals Twitter. "Welches Masterstudium braucht man eigentlich, um dieses inhaltliche Chaos noch zu begreifen?", fragt dieser Nutzer giftig.
Und er legt direkt nach: "Wenn du seit 20.15 Uhr versuchst, die 'Handlung' vom 'Tatort' zu begreifen."
Die Motivation der von Rachegefühlen getriebenen Julia erschließt sich einigen Zuschauer:innen nicht: "Verstehe ich das richtig? Sie chattet mit Männern und bringt sie so lange um, bis sie den hat, der mit ihrer Tochter Cybermobbing betrieben hat?"
Es gab für diese Herangehensweise an das Thema aber auch Lob. "Ich gucke nur noch sporadisch 'Tatort'. Muss aber ehrlich sagen, dass ich den heutigen gar nicht so schlecht fand. Ganz schön heftig natürlich, mit sehr unerwarteten Wendungen und mal ohne, dass Kommissare privat involviert sind. Gut und spannend, finde ich."
Ob einem der neue "Tatort" gefällt, hängt wahrscheinlich auch davon ab, was man von einem Krimi erwartet. Wer Lust auf eine etwas anspruchsvollere Struktur hat, sollte "Avatar" definitiv eine Chance geben. Die Folge ist weiterhin in der ARD-Mediathek abrufbar.