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"Lanz": Rapper Marteria hatte Sympathien für Putin – "Damals so eingespielt"

Der Rapper Marteria hinterfragt bei sozialen Themen den Begriff der Demokratie.
Der Rapper Marteria hinterfragt bei sozialen Themen den Begriff der Demokratie.Bild: ZDF screenshot
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"Markus Lanz": Rapper Marteria hatte einst Sympathien für Putin – "Hat sich damals so eingespielt"

14.04.2022, 06:1614.04.2022, 06:17
bleranda Shabani
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Klischees: ein verbreitetes Phänomen. Deutschland schlägt sich bereits seit über 30 Jahren mit den Ost-West-Klischees durch. Diese sind mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine intensiver geworden. Die Toten Hosen und der Rapper Marteria haben zeitgleich jeweils einen Song über die Befindlichkeiten des Ostens und Westens veröffentlicht. Die zwei Songs, die "Scheiß Wessis" und "Scheiß Ossis" heißen, sind inhaltlich verbunden und behandeln die typischen Stereotypen Ost- und Westdeutschlands.

Die Lieder sollen als Plädoyer für Zusammenhalt und als Erinnerung daran, wie wichtig die Wiedervereinigung war, dienen. In dieser verkürzten Sendung bespricht Markus Lanz mit Campino, Frontmann von "Die Toten Hosen", und Marten Laciny, bekannt als der Rapper Marteria, die systematischen und gesellschaftlichen Zustände und was zukunftsorientiert passieren soll.

Marteria, ein früherer Putin-Verteidiger

Der jetzige Krieg in der Ukraine wird kurz angesprochen und als Übergang zur mutmaßlich typischen Russland-Nähe der Ostdeutschen genutzt. Marteria berichtet, er habe Putin früher oft verteidigt: "Das hat sich damals irgendwie so eingespielt, du hast die Ostseite immer verteidigt, jetzt wurde ich aber eines Besseren belehrt." Die Nähe zu Russland sei damals selbstverständlich gewesen und somit habe ein Drang existiert, den Osten immer in Schutz zu nehmen. Auf die Frage von Markus Lanz, woher dieser Drang denn kam, geht Marteria auf Kuba und die menschenrechtlichen Werte des Landes ein.

Markus Lanz diskutiert mit den Musikern Marteria und Campino.
Markus Lanz diskutiert mit den Musikern Marteria und Campino.Bild: ZDF screenshot

Er vergleicht das vermeintlich gute Schul- und Gesundheitssystem Kubas mit dem Amerikas, welches er harsch kritisiert. Da könne sich eine alleinerziehende Mutter bei Krankheit nämlich nicht auf den Staat verlassen. "Da fragst du dich: Was ist eigentliche Demokratie? Das soll Demokratie sein?" Diese Erkenntnisse aus seiner persönlichen Erfahrungsspanne hätten ihn dazu motiviert, das sozialistische System immer zu verteidigen. Dies ging automatisch mit Russland und Putin einher, drückt der Rapper aus.

"So haben wir dem Westen immer sagen wollen: 'Ihr seht da was falsch! So wie ihr den Osten immer darstellt, ist es nicht immer.' Da waren diese Ost-Werte, an denen wir einfach festgehalten haben, egal was war."
Marten Laciny aka Marteria

"Die Wiedervereinigung ist nie auf Augenhöhe geschehen"

Die Ost-West Befindlichkeiten hätten eine Wurzel, die diese Anspannungen immer aufheizen, so Campino. Er sagt, die Wiedervereinigung habe teilweise einer Annexion geglichen: "Da wurden Dinge rübergebracht, das Geld, die Westmark, die ganzen Regeln, die Ostprodukte sind aus den Läden verschwunden. Ich glaube, da hat sich ein 'Überholt-werden' verinnerlicht."

Dies seien Gründe dafür gewesen, dass die Menschen in Ostdeutschland auf Entscheidungen des Ostens milder reagiert hätten. Man habe vieles als gut empfunden und somit auch mehr verzeihen können, schildert Campino. Weiter warnt er vor extremistischen Systemen und berichtet, dass auch der Westen nicht immer alles richtig gemacht habe. Das ließe sich beispielsweise daran erkenne, dass Donald Trump US-Präsident werden konnte.

"Ganz egal, ob links oder rechts, sobald du Autokraten oder Extremisten an der Macht hast, wird es ungemütlich. Davor muss sich die freie Welt schützen."
Andreas Frege aka Campino
Campino hat Verständnis für die einstige Russland-Nähe der Ost-Deutschen.
Campino hat Verständnis für die einstige Russland-Nähe der Ost-Deutschen.Bild: ZDF screenshot

Für Freiheitswerte kämpfen

Campino greift eine persönliche Geschichte auf, wonach er damals den Wehrdienst verweigert habe. Unter den derzeitigen Umständen in Europa würde er heute den Wehrdienst antreten. Auf Nachfrage von Markus Lanz, versichert er nochmals, dass der Krieg in der Ukraine für einen Perspektivwechsel gesorgt habe. Zustimmung ist bei Marteria zu finden. Er würde im Kriegsfall nicht aus Deutschland flüchten, sondern sich "stellen" und für seine Freiheitswerte kämpfen. Er sei sehr freiheitsstrebend erzogen worden und dafür würde er sich einem Krieg stellen. "Ich würde nicht fliehen, wenn es in Deutschland Krieg gäbe", so der Rapper.

Der größte rechtsextremistische Anschlag nach dem 2. Weltkrieg

Die Ausschreitungen in Rostock-Lichterhagen im Jahr 1992 spielen in dem Talk eine wichtige Rolle. Marteria war zu dieser Zeit gerade mal elf Jahre alt und berichtet davon, wie er mit seiner Mutter "heulend und ängstlich" im Wohnzimmer saß, während draußen die Wohnheime der Geflüchteten und Asylbewerber angegriffen wurden. "Wir haben uns damals gefragt: Wieso greift die Polizei nicht ein?" Die Zustände seien sehr angsteinflößend gewesen. Selbst sein Bruder sei damals von Rechten geschlagen worden.

Marteria berichtet von systematischen Fehlern und kritisiert die damalige Zurückhaltung der Polizei. Nichtsdestotrotz sei er heute sehr erfreut darüber, wie sich die Stadt entwickelt habe: "Was wir erlebt haben an Wahnsinn und wie stolz ich heute bin, was aus dieser Stadt geworden ist." Jetzt sei wieder ein Gefühl von Offenheit und Zusammenhalt zu finden. Früher sei Rostock sofort mit den Anschlägen von 1992 in Verbindung gebracht worden: "Du konntest nie sagen, du bist aus Rostock. Das war immer eine Stunde Diskussion. Es war unangenehm. Man hat sich schnell in die Ecke gedrängt gefühlt."

"Als Rostocker musstet du immer eine Stunde diskutieren, wenn du erzählt hast, dass du aus Rostock bist. Du warst halt für alle außerhalb ein Rechter, weil alle diese Stadt mit Rechts verbunden haben."
Marten Laciny aka Marteria

"Die Wut wird weitervererbt"

Zum Ende der Debatte wirft Markus Lanz die Perspektivfrage in die Runde. Wie lange würde dieses "Ost-West-Ding" denn noch gehen? Marteria hat eine entschlossene Meinung dazu. Es sei viel Unrecht passiert, was dazu führe, dass die Ost-Deutschen eine Frustration und "Grundablehnung" aufgebaut hätten. Grund dafür seien die Vermögensunterschiede, die zwischen in Ost- und Westdeutschland klar zu erkennen seien: "Im Osten hat man im Durchschnitt halb so viel Vermögen. 80.000 Euro bis 82.000 im Osten, im Vergleich zu 182.000 Euro im Westen", berichtet Markus Lanz.

Systematisch gebe es sehr viel zu tun, um eine Gleichberechtigung zu erlangen. Schlussendlich sind sich Campino und Marteria auf der zwischenmenschlichen und gesellschaftlichen Ebene einig: Wenn man sich darüber klar werde, wie wichtig die Wiedervereinigung war, sollte es keine Feindseligkeiten mehr geben.

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