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"Sie sagt. Er sagt." im ZDF – das Ende des Schirach-Films erklärt

Ina Weisse spielt in "Sie sagt. Er sagt." die Journalistin Katharina Schlüter
Ina Weisse spielt in "Sie sagt. Er sagt." die Journalistin Katharina Schlüter Bild: ZDF
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"Sie sagt. Er sagt.": Das Ende des Schirach-Films erklärt

27.02.2024, 15:10
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Triggerwarnung: Im folgenden Text werden sexualisierte Gewalthandlungen und deren Folgen für Betroffene geschildert, die belastend und retraumatisierend sein können.

Am Montag läuft die neue Ferdinand von Schirach-Verfilmung "Sie sagt. Er sagt." im ZDF. Nach der TV-Ausstrahlung ist der Thriller weiterhin in der Mediathke verfügbar. "Sie sagt. Er sagt." beschäftigt sich mit einem Vergewaltigungsfall – einem "noch nicht bewiesenen" Vergewaltigungsfall, wie die Beteiligten im Film mehrfach betonen.

Denn die Schuld des Angeklagten kann bis zum offenen Ende nicht eindeutig geklärt werden. Mehr noch: In der letzten Szene stiftet Regisseur Matti Geschonneck zusätzliche Verwirrung. Wir erklären in diesem Artikel das offene Ende von "Sie sagt. Er sagt." und was die überraschende Zeugenaussage zu der Bedeutung des Endes beiträgt.

Das ist der Fall von "Sie sagt. Er sagt."

Die bekannte Fernsehjournalistin Katharina Schlüter (Ina Weisse) lernt den Banker Christian Thiede (Godehard Giese) in ihrer eigenen Talkshow kennen. Sie treffen sich anschließend privat und verlieben sich. Sie erkennen ineinander die Liebe ihres Lebens, allerdings sind beide verheiratet und haben Kinder. Daran zerbricht die Affäre. Das Paar trennt sich zu Gunsten der jeweiligen Familien. Monate später treffen sie sich zufällig wieder. Es kommt in der Wohnung von Thiede zum Geschlechtsverkehr.

Matthias Brandt spielt den Anwalt von Katharina Schlüter.
Matthias Brandt spielt den Anwalt von Katharina Schlüter.Bild: ZDF

Der Film erzählt diese Geschichte aus zwei Perspektiven: der von Katharina Schlüter und der von Christian Thiede. In der Variante von Katharina Schlüter kommt es zu einer eindeutigen Vergewaltigung. Sie will den Geschlechtsverkehr abbrechen. Thiede macht jedoch weiter, bis zum eigenen Orgasmus.

In Thiedes Version finden sich einige Unterschiede, die ihn entlasten sollen. Er gibt an, dass die Trennung von ihm ausgegangen ist. Schlüter habe das nicht verkraftet. Das Treffen Monate später habe stattgefunden, es sei aber nur zum Oralverkehr gekommen. Schlüter habe die Vergewaltigung inszeniert.

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Die Schuldfrage am Ende von "Sie sagt. Er sagt" erklärt

In der "MeToo"-Bewegung, ausgelöst durch den Filmproduzenten Harvey Weinstein, wurde sexuelle Gewalt verhandelt –sexuelle Gewalt vor allem gegen Frauen und vor allem durch Männer. Opfer sexuellen Missbrauchs wandten sich über Zeitung und Social-Media-Accounts an die Öffentlichkeit und beschuldigten (meistens) Männer in Machtpositionen des sexuellen Missbrauchs. Vor Gericht kamen diese Fälle nicht immer. "Sie sagt. Er sagt." betrachtet sich offenbar als Beitrag zur "MeToo"-Debatte und gleichzeitig als Gegenentwurf zu ihren Mechanismen.

Zu Beginn des Films meldet sich deshalb Ferdinand von Schirachs Stimme persönlich aus dem Off. Der Jurist und Strafverteidiger plädiert:

"Über Schuld oder Unschuld eines Menschen wird in einem Rechtsstaat nicht in Zeitungen entschieden. Nicht im Fernsehen, nicht in den sozialen Medien und nicht in den Foren des Internets."

Der Film stellt zwei auf ihre Weise scheinbar vollkommen plausible und stichhaltige Versionen der Wahrheit gegenüber, um einen unauflösbaren Konflikt zu produzieren. Die Wahrheitssuche stellt der Film als vergeblich dar. Das unterstreicht auch die letzte Szene.

Was bedeutet das offene Ende mit der Aussage der Ex-Frau des Angeklagten?

Der Angeklagte Thiede ergreift im Finale des Films das ihm angebotene letzte Wort und schildert seine Perspektive. Anschließend will sich das Gericht zur Beratung zurückziehen. Der Fall kriegt jedoch eine letzte Wendung: Der Staatsanwalt erhält den Hinweis, demzufolge der Angeklagte gegenüber seiner Ex-Frau die Vergewaltigung von Katharina Schlüter gestanden haben soll. Es wird kein Urteil gefällt, alles beginnt von vorne. Die Mühlen des Gerichts mahlen weiter, unbeeindruckt von der Emotionalität.

Auch hier meldet sich von Schirach wieder mit einem kurzen Vortrag aus dem Off. Es gebe eben keine "Wahrheit um jeden Preis." Vielmehr dürfen nur "nach den Regeln der Strafprozessordnung [...] Beweise erhoben werden. Diese Regeln sind streng."

Allen Verhandlungsräumen außerhalb des Gerichts, also "den sozialen Medien" und "den Foren des Internets" unterstellt von Schirach "schwankende Gefühle" sowie "Zorn und Rache". Nur die Regeln der Strafprozessordnung können uns "vor dem voreiligen Griff nach der Wahrheit schützen".

Selbst wenn Emotionalität und Chaos die Würde des Rechts angreifen, bleiben seine Organe (die Richterin und ihre Schöff:innen) erhaben und unkorrumpierbar.

"Sie sagt. Er sagt." bleibt also sehr bewusst offen und uneindeutig. Der Film will seine Zuschauer:innen zu Neutralität, Unvoreingenommenheit und Objektivität verpflichten, um die eine Wahrheit zu finden, die es in diesem Gedankenexperiment "Er sagt. Sie sagt" natürlich nicht gibt.

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