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ARD: "Hart aber fair"-Gast wittert Not bei Wladimir Putin

Marina Weisband ist 1994 aus der Ukraine nach Deutschland gezogen.
Marina Weisband ist 1994 aus der Ukraine nach Deutschland gezogen.bild: Screenshot ard
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"Hart aber fair": "Wir lachen oft" – Marina Weisbands Telefonate mit Verwandten in Kiew

08.03.2022, 15:49
dirk krampitz
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Vor zwölf Tagen hat die russische Armee mit Überraschungsangriffen auf diverse Städte der Ukraine den Krieg begonnen. Und obwohl es täglich Kämpfe und Opfer gibt, täglich mehr Ukrainer flüchten, stockt der russische Angriff seit einigen Tagen im Großen und Ganzen. Dabei hatten Beobachter zuerst einen Sieg der Russen erwartet. Bei Frank Plasberg werden diesmal schriftliche Fragen der Zuschauer zu Ukraine-Krieg gestellt. Das macht aber keinen spürbaren Unterschied. Plasberg diskutiert das Thema "Die ukrainische Tragödie: Wohin führt dieser Krieg noch?" mit folgenden Gästen:

  • Omid Nouripour (B‘90/Grüne, Bundesvorsitzender)
  • Marina Weisband (Deutsch-ukrainische Publizistin)
  • Erich Vad (Brigadegeneral a.D., war sicherheitspolitischer Berater der Bundeskanzlerin und im Führungsstab der Streitkräfte)
  • Isabel Schayani (Weltspiegel-Moderatorin und Reporterin)
  • Christian Hacke (Politikwissenschaftler; Fachgebiete u.a. Außenpolitik sowie transatlantische Beziehungen)
  • Gesine Dornblüth (Journalistin, war Korrespondentin des Deutschlandradios in Moskau)

Marina Weisband wurde in Kiew geboren, 1994 zog sie mit ihrer Familie nach Deutschland. Die Publizistin und ehemalige Politikerin der Piratenpartei ist heute Mitglied bei den Grünen. Sie glaubt, dass es für die meisten Ukrainer undenkbar ist, unter einer russischen Regierung in der Ukraine zu leben, nachdem sie sich in den vergangenen Jahren die Demokratie erkämpft haben. Sie schätzt, dass der Kampfesgeist selbst im Falle des Todes von Präsident Wolodymyr Selenskyj nicht abnehmen würde.

Regelmäßig telefoniert sie mit ihren Verwandten in Kiew. Darunter ist eine Tante, die Kiew nicht verlassen wollte, weil es ganz einfach ihrer Heimat sei. Und inzwischen sei die Flucht sowieso zu gefährlich. Wasser und Lebensmittel würden knapper, Benzin gebe es gar nicht mehr, berichtet Weisband. "Sie versuchen ruhig zu bleiben, wir lachen erstaunlich oft, wenn wir miteinander telefonieren", erzählt Weisband. Ein Mechanismus, um mit der Situation klar zu kommen. Sie würden zum Beispiel Witze über den schwerhörigen Onkel machen, der den Fernseher so laut stellt, dass man Kriegsgeräusche gar nicht mehr hört.

Trotz ihrer persönlichen Beziehungen hat Weisband einen analytischen Blick auf den Ukraine-Krieg: Ihre Verwandten würden "auf Knien betteln: schließt den Himmel", doch Weisband ist gegen die Sperrung des Luftraums über der Ukraine durch die Nato.

"Wir können das nicht, weil es meiner Meinung nach der Weg in den 3. Weltkrieg ist."
Marina Weisband

Dadurch würde nichts besser, auch nicht für die Ukraine, die derzeit wenigstens Unterstützung im offiziell nicht beteiligten Westen findet. "Die Solidarität ist überwältigend", bilanziert Weisband, die sich in der Hilfe für Flüchtlinge einsetzt. Ohne Umschweife äußert sie ihre Vermutung, dass der Einsatz auch daran liegt, dass diese Geflüchteten "weiß und christlich sind". Aber auch insgesamt hofft sie, "dass wir nie mehr empathielos sind".

Zeitgleich zur Sendung hat Russland zum ersten Mal damit gedroht, von sich aus die Gaslieferungen für den Westen einzustellen. Weisband würde diese Entscheidung willkommen heißen. Täglich 700 Millionen Euro zahlt der Westen für Öl, Gas und Kohle. "Wir bezahlen noch immer einen Teil der Bomben, die auf die Ukraine fallen."

Weltspiegel-Moderatorin Isabel Schayani berichtet von den Ukraine-Flüchtlingen an der ukrainisch-polnischen Grenze.
Weltspiegel-Moderatorin Isabel Schayani berichtet von den Ukraine-Flüchtlingen an der ukrainisch-polnischen Grenze.bild: screenshot ard

Weltspiegel-Moderatorin und ARD-Reporterin Isabel Schayani meldet sich von der polnisch-ukranischen Grenze. Die Polen seien mit vollem Herzen und Mitgefühl dabei zu helfen, nachdem sie zuvor oft quergetrieben haben bei der Aufnahme von Flüchtlingen. "Die Polen denken auch: Endlich werden wir positiv in Europa wahrgenommen." Aber für Schayani ist auch klar, dass es ein fragiler Zustand ist. "Im Moment sind wir in der Phase, dass noch immer die Euphorie ist, aber die wird von Tag zu Tag weniger, weil die Anzahl der Menschen immer mehr wird. Gestern 142.000 – heute werden es mehr gewesen sein."

Grünen-Chef Omid Nouripour glaubt nicht, dass es einen Weg um den Krieg herum gegegben hätte.
Grünen-Chef Omid Nouripour glaubt nicht, dass es einen Weg um den Krieg herum gegegben hätte.bild: Screenshot ard

Grünen-Chef Omid Nouripour glaubt, dass es mittelfristig nicht bei Geflüchteten aus der Ukraine bliebe, wenn man Putin keinen Einhalt gebieten würde. Länder wie Moldau und Kasachstan wären als nächstes dran, glaubt er. Der Westen dürfe sich auch nicht durch Putins Atom-Andeutungen abschrecken lassen. "Es ist offensichtlich, dass damit gedroht wird, ich würde mich nicht von der Angst leiten lassen." Für ihn steht bei Putin fest. "Er ist einfach nicht zuverlässig, er lügt, er will diesen Krieg."

Auch für die ehemalige Moskau-Korrespondentin Gesine Dornblüth steht fest, dass Putins anfangs vorgebrachte Argumentation einer zu nahen Nato nur ein vorgeblicher Grund war: "Putin will keine neutrale Ukraine, Putin will sich die Ukraine einverleiben." Einzig sein Umfeld oder die Oligarchen könnten ihn aus der Macht heben, aber konkrete Hoffnung hat sie wenig: Alle ihre Bekannten würden Russland gerade "fluchtartig" verlassen. "Ich bin sehr skeptisch, dass sich in allernächster Zeit etwas an der Machtsituation ändert."

Politikwissenschaftler Christian Hacke lobt den "Selbstbehauptungswillen" der Ukrainer.
Politikwissenschaftler Christian Hacke lobt den "Selbstbehauptungswillen" der Ukrainer.bild: Screenshot ard

"Als ob in Russland nur Oppositionelle sind – wir wissen nicht, wie viele Russen diese Operation unterstützen", findet Politikwissenschaftler Christian Hacke, der in der Runde etwas quertreibt und findet, dass der Westen auch Fehler gemacht hat: Man hätte die Ukraine als neutrale Pufferzone festschreiben sollen. Allerdings hofft er nun, dass es "innerhalb des Kremls anständige Leute gibt, oder Leute, die ihre eigene Haut retten wollen" und darum Putin stürzen. Denn die russischen Streitkräfte hätten nun bemerkt, dass "die Ukrainer einen grimmigen Selbstbehauptungswillen haben".

Brigadegeneral a. D. war sicherheitspolitischer Berater von Angela Merkel.
Brigadegeneral a. D. war sicherheitspolitischer Berater von Angela Merkel.null / screenshot ard

Für Brigadegeneral a. D. Erich Vad spielt die Zeit den Ukrainern in die Hände. Wenn der Krieg noch lange dauert, werde Putins Armee "ausbluten und verlieren". Er spürt schon jetzt "eine gewisse Not" bei Putin, weil er mit den Atomwaffen gedroht hat. Aktuell würden sich die russischen Truppen sammeln, um mit "zigfacher Überlegenheit" Kiew zu stürmen. "Straßenkampf, Häuserkampf, das ist Kampf Mann gegen Mann, eine sehr dramatische Geschichte, die da abläuft."

Abbringen von einem langen blutigen Krieg werde sich Putin allenfalls von chinesischer Seite lassen, aber nicht durch Zureden von einem seiner Generäle oder gar militärischer Präsenz der EU.

"Wir Europäer sind doch Habenichtse, haben keine funktionierende Armee, wir Deutschen am allerwenigsten.“
Erich Vad

Ausgerechnet der Militär ist in der Runde eine der vorsichtigsten Stimmen, was den Umgang mit Putin angeht. Und er bemängelt auch die "eskalatorische Sprache" der anderen Diskutanten. "Wir kriegen dort keine militärische Lösung hin. Wir müssen ab einem bestimmten Punkt wieder mit Putin reden", steht für ihn fest.

"Mir fehlt die Dialogbereitschaft. Wo ist die Politik, wo ist die Diplomatie? Wie gehen wir damit um? Unsere politischen Führer werden dafür bezahlt. Ich sehe hier keinen Lösungsansatz."
Erich Vad
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