Während die Debatte um verlängerte Laufzeiten bei Atomkraftwerken auf Regierungsebene durch ein Machtwort des Bundeskanzlers beendet scheint, ging diese am Dienstagabend bei "Markus Lanz" weiter – und zwar heftig.
Klimaaktivistin Luisa Neubauer kritisierte die Debatte um Atomkraftwerke stark. Die Diskussion lenke von den eigentlichen Problemen in Deutschland und der Welt ab. Für ihre Position erntete die "Fridays for Future"-Aktivistin in der Runde Kritik.
Besonders leidenschaftlich schaltete sich Moderator Markus Lanz in die TV-Sendung ein und warnte vor dem Kollaps.
Das waren die Gäste bei "Markus Lanz" am 18. Oktober:
In der vergangenen Woche wurde Klimaaktivistin Greta Thunberg überraschend zur Gallionsfigur für FDP und CDU, nachdem sie sich in Interviews grundsätzlich eher für den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken als für den Abbau von klimaschädlicher Kohle zur Energiegewinnung aussprach.
Luisa Neubauer, Grünen-Mitglied und "Fridays for Future"-Aktivistin, stimmte Thunberg in der Sache zu, kritisierte aber die einseitige Debatte über Energie-Fragen in Deutschland. "Das Ausmaß der Debatte, das gerade über Atomkraft geführt wird, spiegelt in keiner Weise das Ausmaß wieder, das Atomkraft überhaupt leisten kann", kritisierte Neubauer.
Statt wochenlang über den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken zu streiten, sollten die regierenden Parteien schneller beim Ausbau erneuerbarer Energien vorankommen. Es handelt sich aus Sicht der 26-Jährigen um eine Scheindebatte, die von den eigentlichen Krisen und unbequemen Wahrheiten ablenkt.
Während Ex-Innenminister Thomas de Maizière stets auf die notwendige Pragmatik realpolitischer Entscheidungen verwies, reagierte Moderator Markus Lanz besonders erregt auf die Ausführungen der Klimaaktivistin Neubauer.
"Das ist kein Halligalli", ließ Lanz verlauten. Den Sorgen der Menschen zu unterstellen, diese würden nur die Oberfläche der Debatte treffen, sei nicht angebracht. Der Moderator warnte – statt um die großen Klimafragen müsse die Regierung derzeit Antworten finden für die Fragen, die den kommenden Winter betreffen:
Besonders weil die Menschen zu Recht große Sorgen hätten, konterte Luisa Neubauer, müsse die Debatte jedoch ernsthaft geführt werden. "Wenn wir anerkennen, wie existentiell die Lage ist, dann müssen wir auch anerkennen, dass wir Debatten führen müssen, die sich nicht gut verkaufen", meinte Neubauer.
Von den Vorwürfen in der Runde, die Aktivistin würde über "ein zu viel Apokalypse" (Markus Lanz) sowie mit "Überwältigungsrhethorik" (Anja Meier) sprechen, ließ sich die 26-Jährige nicht einschüchtern. Sie verwies stattdessen auf die Dringlichkeit der Formel: Keine Energiesicherheit und kein Fortbestand der Demokratie ohne erfolgreichen Klimaschutz.
Während Markus Lanz weiter versuchte, die Interessen und Ängste einzelner Bürger:innen gegen die Forderungen der Klimabewegung zu stellen, klärte Soziologe Matthias Quent auf:
Die Forschungsliteratur und Studien seien sich in diesem Punkt einig: Die Mehrheit der Menschen befürworte eine klimaschützende Transformation.
Das Problem, das derzeit bestehe, sei jedoch, dass es keine gerechten Lösungen für die aktuellen Problemen gebe. Der Soziologe stimmte Klimaaktivistin und Grünen-Mitglied Luisa Neubauer zu in ihrer Einschätzung über die Atomkraft-Diskussion: "Diese Polarisierung dieser Debatte, die ist ein Beitrag zur politischen Entfremdung."
Fragen sozialer Gerechtigkeit werden laut Quent sowohl politisch als auch medial – im Vergleich zu stark aufgeladenen Diskussionen wie der Atomdebatte – zu wenig diskutiert.