Andere europäische Länder haben bereits Gas- und Strompreisbremsen. Hierzulande heiße es hingegen "Wait in Germany", witzelt Frank Plasberg. Nicht wirklich interessiert daran scheinen einige Studiobesucher zu sein. Und sie irritieren, erheitern und verärgern die Zuschauer mit ihrem Verhalten. "Wie lange steigen die Kosten für Strom und Gas noch weiter?" heißt das Thema der Sendung, das Frank Plasberg mit folgenden Gästen bespricht:
Frank Plasberg beginnt die Fragerunde mit einer kleinen Provokation. Ob es ein "Affront" oder doch eher eine "Blamage" für die Grünen und Wirtschaftsminister Robert Habeck sei, dass Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) per Richtlinienkompetenz die Ampel im Streit um die Atomkraft auf eine Verlängerung aller drei deutschen Atomkraftwerke bis Mitte April eingenordet habe. Doch Katrin Göring-Eckardt ist Polit-Profi genug, um diese rhetorische Klippe zu umschiffen. Sie antwortet "weder noch". Für sie sei der entscheidende Punkt, dass am 15. April 23 Schluss mit der Atomenergie in Deutschland sei:
Thorsten Frei (CDU) findet hingegen, dass der Kanzler "sein schärfstes Schwert" gezogen habe und doch "nur ein fauler Kompromiss" dabei herausgekommen sei. Mit dem Ausstieg trete Deutschland europäische Solidarität mit Füßen, weil Deutschland auf Energie aus anderen Ländern angewiesen sei, auch Atomenergie. "Die Bundesregierung tut zu wenig, um dämpfend auf die Preise zu wirken", findet Frei. Das werde auch Standortentscheidungen gegen Deutschland zur Folge haben.
Der Ökonomie-Professor Jens Südekum verrät, es sei eigentlich schon zu Beginn des Krieges klar gewesen, dass es Energiepreisbremsen geben müsse. Er sei bei den Beratungen immer mal wieder eingebunden gewesen. "Die Ministerien haben immer gesagt: Es ist zu teuer". Da habe man sich einfach der Illusion hingegeben, dass es schon nicht so schlimm werde. Darum habe man nun eher eine Gießkannenregelung, die auch noch nicht greift, statt einer passenderen. Südekum meint, es müsse unbedingt eine Möglichkeit geben, staatliche Direktzahlungen an die Bürger durchzuführen, anstatt der nun genutzten komplizierten Instrumente:
Die Journalistin Eva Quadbeck würde die Verhandlungen zwischen Grünen und FDP über Atomkraft "nicht Schmierentheater" nennen, aber doch zumindest "Theaterdonner". Kanzler Scholz habe mit der Richtlinienkompetenz sein Pfund schon eingesetzt, das könne man wohl nur einmal pro Amtszeit machen, ohne Glaubwürdigkeit zu verlieren.
Auch ihr ist die Regierung viel zu langsam. Hätte man statt der gescheiterten Gasumlage gleich die Gaspreisbremse in Angriff genomen, "dann wäre das Geld jetzt schon bei den Leuten".
Gebrauchen könnte es Antonio Link, Gastronom aus Dortmund. Er hat die Heizung zu Hause und in seinen Restaurants derzeit noch ausgeschaltet und sei auch deshalb etwas verschnupft, sagt er bei Plasberg. Der Regierung wirft er Zögerlichkeit bei der Energiepreishilfe vor. "Sie handelt nicht, sie diskutiert nur." Da schwinde das Vertrauen. "Corona war ein Pups mit lala dagegen", sagt er und meint, dass diese Situation sehr, sehr ernst ist.
Er spare 30 Prozent Energie ein, habe aber nur noch 50 Prozent des Umsatzes von vor Corona. Sein Restaurant "Hopfen und Malz" hat jetzt drei Tage in der Woche geschlossen. Seine Energiekosten als Besitzer von drei Restaurants betragen manchmal unglaubliche 900 Euro pro Tag, sagt er. Und auch die Preise von Lebensmitteln seien enorm gestiegen: Lachsfilet zum Beispiel von 9 auf 30 Euro pro Kilo. Ein Bier müsste bei ihm acht Euro kosten, damit es sich für ihn lohnt. Das zahlt natürlich niemand, darum kann er auch nicht so viel nehmen und macht minus. Link klagt:
Für ihn steht fest: "Ich bin Unternehmer und trage mein eigenes Risiko. Aber für die Situation, in der wir sind, kann ich nichts, das ist politisch herbeigeführt", und darum müsse die Politik auch helfen.
Frank Umbach ist Experte für Energiesicherheit und Sicherheitspolitik und er mahnt ganz allgemein zu mehr Vorsicht. Der Sabotageaktion bei der Deutschen Bahn könne man eine "politische Motivationen unterstellen" und sie einreihen bei den Attentaten auf die Pipelines. Gerade habe es auch "massive Cyberangriffe in Bulgarien" gegeben, eine russische Hackergruppe habe sich dazu bekannt. Und auch in Deutschland könne man Sorge haben vor Cyberangriffen auf Umspannwerke und Stromunternehmen haben. Die Folge wäre fatal: "Dann geht wirklich das Licht aus."
Alle bisherigen Stresstests zur Stromversorgung in Deutschland hält er für nicht aussagekräftig, sie würden sich "ausschließlich auf ökonomische Analysen konzentrieren und lassen geopolitische Analysen außen vor". Laut einer Studie des Deutschen Bundestags aus dem Jahr 2011 würden flächige Blackout-Situationen "kaskadenartige Auswirkungen" haben, so dass nach vier bis fünf Tagen "das gesamte staatliche Leben aufhört". Für ihn steht fest:
Als er es noch weiter ausführen will, unterbricht ihn Plasberg: "Wir können es uns vorstellen, ich schlafe jetzt schon schlecht." Sein Fazit: Wichtige Infrastruktur muss unbedingt besser gesichert werden. "Wir brauchen ein anderes Bewusstsein, eine andere Sicherheitskultur."
Aber während der Experte über mögliche und drohende Gefahren redet, sind vier Jungs aus dem Studiopublikum im Hintergrund zu sehen. Erst reckt der Rechte zwei Daumen nach oben in die Kamera, dann entdeckt der Linke den Clown in sich, legt den Arm um seinen Nachbarn und leckt ihn an den Schultern und am Ohr. Einige Zuschauer sind irritiert, andere verärgert, manche auch amüsiert.
(Ark)