Vor dem Beginn einer Evakuierungsaktion der Bundeswehr hat der Bundestag dem Einsatz von mehreren Hundert Soldaten zugestimmt. Die Linkspartei hat sich bei dieser Abstimmung enthalten.
Für diese Haltung in einer hochmoralischen Frage – Retten oder nicht? – erntete Linken-Chefin Janine Wissler bei "Markus Lanz" viel Kritik.
Gegen die Vorwürfe des Moderators sowie des "Welt"-Journalisten Robin Alexander, die Linkspartei würde mit ihrer Enthaltung Menschen im Stich lassen, wehrte sich die Politikerin vehement. CSU-Politiker Markus Blume nannte das Verhalten der Linkspartei gar "niederträchtig und abscheulich".
Das waren die Gäste bei "Markus Lanz" am 25. August 2021:
Bei der Abstimmung über die bisher größte Evakuierungsmission in der Geschichte der Bundesregierung am Mittwoch hat sich die Linksfraktion im Bundestag weitgehend enthalten. "Warum?", wollte Markus Lanz gleich zu Anfang seiner Sendung von Janine Wissler wissen.
Die Linken-Chefin lieferte diese Erklärung: "Wir wollten zwei Botschaften senden: Wir sind dafür, dass evakuiert wird, dass so viele Menschen wie möglich gerettet werden – deshalb haben wir nicht dagegen gestimmt. Wir haben aber Kritik daran, wie das passiert." Die Bundesregierung habe zu sehr auf Zeit gespielt und es versäumt, die rauszuholen, die man hätte rausholen müssen.
Der Moderator des ZDF-Talks hatte offenbar von Anfang an vor, die Haltung der Linkspartei in dieser Frage nicht nur kritisch zu hinterfragen, sondern auch zu bewerten. Direkt zu Beginn warf Markus Lanz Janine Wissler und ihren Parteikollegen vor:
Diese Anschuldigung wies Wissler entschieden zurück. Die Linke habe zwanzig Jahre gegen den Afghanistan-Einsatz gestimmt. Heute habe sie sich enthalten, um ein Signal zu setzen. "Wir haben immer einen Abschiebe-Stopp nach Afghanistan gefordert und wir haben immer gefordert, mehr Menschen aus Afghanistan aufzunehmen", betonte Wissler.
Der Autor Emran Feroz, ein Journalist mit Eltern aus Afghanistan, schreibt über die Intervention am Hindukusch der vergangenen 20 Jahre in einem neuen Buch. Über den Auslandseinsatz der Bundesregierung zieht er am Mittwochabend bei "Markus Lanz" eine nüchterne Bilanz:
Wie Janine Wissler kritisierte auch Emran Feroz, dass die Bundesregierung sich monatelang nicht für eine Rettungsmission in Gefahr lebender Ortskräfte und Menschenrechtler in Afghanistan eingesetzt habe. Feroz erklärte: "Es ist generell schockierend, nicht nur wie sich die Linke enthält, sondern dass hier in dieser deutschen Blase so getan wird, als ob man die Menschen doch alle retten will."
"Welt"-Journalist und Kommentator Robin Alexander dagegen schloss sich einer klaren Kritik an der Haltung der Partei Die Linke in der Abstimmung um die Evakuierungsmission von Moderator Markus Lanz an.
Die Linksfraktion im Bundestag habe sich nicht nur enthalten, sondern auch dafür und dagegen gestimmt. Die Partei habe keine sortierte Meinung in einer Frage, in der es um Leben oder Tod gehe. Dies nannte Alexander "skandalös".
Auf eine Abstimmung zum Kosovo-Krieg Bezug nehmend, urteilte der Journalist: "Das ist nicht der alte grüne Gewissenskonflikt, das ist außenpolitische Orientierungslosigkeit."
CSU-Generalsekretär Markus Blume ging – voll im Wahlkampf-Modus – noch weiter und entzog Janine Wissler gar die Legitimierung bei "Markus Lanz" überhaupt noch über Afghanistan mitzudiskutieren. Blume wurde deutlich:
Die Linkspartei habe in den vergangenen Jahren noch nie an der Seite der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr gestanden und bekenne bis heute keine klare Distanzierung zu den Taliban. "So etwas Niederträchtiges, Abscheuliches", schob Markus Blume diesem Kommentar hinterher.
Janine Wissler forderte entschieden nach dieser Anschuldigung: "Jetzt machen Sie mal einen Punkt!" Die Linken-Chefin feuerte stattdessen zurück: "Bis vor zwei Wochen wollten Sie Menschen nach Afghanistan abschieben und jetzt werfen Sie uns vor, wir würden Menschen im Stich lassen, das ist doch lächerlich."
Lächerlich oder nicht – in jedem Fall markierte die Diskussion zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr bei "Markus Lanz" noch einmal mehr, dass die Entscheidungen zu diesem Thema keineswegs frei sind vom Einfluss der bevorstehenden Bundestagswahl. Der Rest des Talkshow-Abends zeigte: Besonders nicht von den schlechten Umfrageergebnissen von CDU und CSU.