Wenn Popsänger Ben Blümel zur Primetime singend ein Ciabattabrot bricht und an Model Larissa Marolt und "GZSZ"-Star Timur Ülker verteilt, ist es wieder so weit: RTL hat sich an die Passionsgeschichte gewagt.
"Unser Bevölkerungsmittelpunkt heute ist RTL und Kassel soll unser neues Jerusalem sein", erklärte Schauspieler Hannes Jaenicke, der am Mittwochabend als Erzähler durch das Musik-Live-Event "Die Passion" führte.
Trotz Regen standen zahlreiche Menschen vor der Hauptbühne auf dem Kasseler Friedrichsplatz und erlebten live mit, wie Blümel in der Rolle des Jesus erst von Jimi Blue Ochsenknecht (Judas) verraten, von Polizisten verhaftet, von Ülker (Petrus) verleugnet und schließlich von Schauspieler Francis Fulton Smith (Pontius Pilatus) verurteilt wurde.
Zeitgleich startete Moderatorin Angela Finger-Erben drei Kilometer entfernt mit einigen hundert Menschen eine Prozession, bei der Gläubige ein 230 Kilo schweres Kreuz bis zur Bühne schleppten und zwischendurch über ihr eigenes Verhältnis zu Gott plauderten.
Für einen denkwürdigen Moment sorgte dabei ein Paar, das mitsamt Baby angereist war. Während der Familienvater das Kreuz mittrug, startete Finger-Erben ein Gespräch mit den Worten:
Nach sieben Jahren Ehe sei er seiner Frau fremdgegangen und habe dann zwei Jahre lang mit seiner Affäre zusammengelebt, berichtete der Mann frei von der Leber weg. Nun sei er aber wieder mit seiner Frau verheiratet.
Wie sie ihm das habe verzeihen können, wollte Finger-Erben von Ehefrau Julia wissen. "Durch Gottes Kraft, er hat mir Mut gemacht", erzählte die.
Das Hauptaugenmerk lag am Dienstagabend aber natürlich auf der Passionsgeschichte, die gleich von mehreren Orten wie dem Kasseler Bahnhof oder aus der Markthalle übertragen wurde. Auch dabei kam es zu mehr als einer kuriosen Szene.
Da war beispielsweise Jenny Elvers, die als blinde Frau in der Bahnhofshalle kauerte und flehte: "Jesus, erbarm' dich."
Jesus Blümel ließ sich das natürlich nicht zweimal sagen und nahm ihr die Sonnenbrille ab mit den Worten: "Du sollst sehen können, dein Glaube hat dich gerettet."
Ebenfalls bizarr: Der Moment, als Petrus Ülker nach Jesus' Verhaftung in die Nacht davonlief und auf TV-Richter Ulrich Wetzel traf, der gerade einen Dalmatiner spazieren führte.
"Gehörst du nicht auch zu diesem Jesus?", fragte Wetzel Petrus Ülker. "Von wem redest du?", verleugnete der seinen Freund.
Wer meinte, komischer geht es nicht, musste nicht lange warten, denn: In einer Dönerbude traf Petrus Ülker kurz danach auch noch auf Reporter Wolfram Kons, der ebenfalls wissen wollte, ob er nicht "zu diesen Jesus-Leuten" gehöre. "Ich weiß nicht, wovon du sprichst", log Petrus Ülker noch einmal.
Natürlich wurde am Dienstag nicht nur gesprochen, sondern vor allem gesungen. Besonders hervor stach dabei ein Duett von Jimi Blue Ochsenknecht und Blümel.
Als sich Judas und Jesus nach dessen Verrat erstmals wieder gegenüberstanden, sangen die beiden mit Tränen in den Augen Falcos "Out of the Dark". Auf X erhitzte das so manches Gemüt:
Überhaupt schwankte das Publikum dort zwischen Faszination und Entsetzen, wie es schien:
Und dann war da noch der Moment, in dem Ochsenknecht bei einem deutschen Cover von Tina Turners "We Don’t Need Another Hero" das Mikrofon im Stich ließ.
Während Jesus Blümel und Pontius Pilatus Fulton-Smith bestens zu hören waren, blieb ausgerechnet bei Ochsenknechts Einsatz der Ton weg. Man sah den Judas-Darsteller nur dabei, wie er die Lippen bewegte und Geldscheine, die er von der Polizei für den Verrat bekommen hatte, in die Menge warf.
Und dies war nicht die einzige Panne am Abend. An einer Stelle setzte der Hannes Jaenicke plötzlich aus, im Anschluss las er unsicher von Moderationskarten ab. Die Vermutung: technische Probleme, ihm wurde der Text nicht mehr eingeblendet.
Fazit: Trotz vieler bizarrer Momenten hielt "Die Passion" auch Höhepunkte bereit. Für die sorgten Jesus Blümel und die No-Angels-Sängerin Nadja Benaissa (Maria) mit ihren Gesangseinlagen.
Ob Gottes Gabe, harte Übung oder beides – ihre stimmlichen Live-Darbietungen waren trotz Regen und bizarrem Kontext tadellos. Hallelujah!