Omikron bricht in Deutschland täglich Infektions-Rekorde – und gleichzeitig finden Lockerungen bei Quarantäneregeln und Kontaktnachverfolgung statt. "Mit Omikron leben – Konzept oder Kapitulation?" Diese Frage diskutierte Maybrit Illner am Donnerstagabend mit ihren Gästen.
Sowohl Bayerns Ministerpräsident, Markus Söder, als auch Berlins regierende Bürgermeisterin, Franziska Giffey, wollten von politischer Kapitulation bei "Maybrit Illner" nichts wissen. Sie verteidigten die neuesten Beschlüsse der Ministerpräsidentenkonferenz als kluges und notwendig pragmatisches Handeln.
"Spiegel"-Autorin Anna Clauß nannte Markus Söder ein "politisches Chamäleon" – und erntete dafür einen Seitenhieb.
Das waren die Gäste bei "Maybrit Illner" am 20. Januar:
Sehen wir mit Omikron das berühmte Licht am Ende des Tunnels einer lang andauernden Pandemie? Die wissenschaftlichen Experten sind sich in dieser Frage uneins. Immunologe und Infektiologe Clemens Wendtner, Chefarzt an der München Klinik Schwabing, mahnte zur Vorsicht:
Virologe Jonas Schmidt-Chanasit dagegen erlaubte sich mit Blick auf Länder wie Großbritannien oder Italien eine andere Prognose. "Meines Erachtens ist das das Ende der Pandemie", erklärte Schmidt-Chanasit. Nach der Omikron-Welle trete Deutschland nach Einschätzung Schmmidt-Chanasits in die endemische Phase ein.
Markus Söder (CSU) wechselte über die gesamte Corona-Pandemie häufig den Kurs. Lange dem selbst ausgerufenen "Team Vorsicht" angehörend, zählt der bayerische Ministerpräsident sich neuerdings zum "Team Augenmaß". "Vorsicht ja, aber keine Panik", mahnte Söder kürzlich in einer Pressekonferenz.
Nachdem ein Einspieler bei "Maybrit Illner" den häufigen Kurswechsel Söders während der Pandemie noch einmal visuell nachzeichnete, erklärte er erkennend sarkastisch: "Schön, dass Sie sich bei mir so viel Mühe geben, vermeintliche Widersprüche aufzuzeigen, die sich in der Realität durch ein umsichtiges und kluges Management auszeichnen."
Als die "Spiegel"-Autorin Anna Clauß den 55-Jährigen daraufhin ein "politisches Chamäleon" mit Absichten im bayerischen Landtagswahlkampf nannte, reagierte Söder erneut sarkastisch – und verteilte einen Seitenhieb, indem er Clauß' Kommentar eine "politische Betrachtung von der Seitenlinie" nannte.
In einer Pandemie müssten politische Akteure eben, so Söder, auf die wechselnde Situation reagieren. Betont überbetonend fügte der bayerische Ministerpräsident (CSU) hinzu: "Und zu einer klugen Politik gehört, nicht einfach stur oder ideologisch zu reagieren, oder gar persönlich zu reagieren, sondern immer das Wohl der Menschen in den Vordergrund zu rücken."
Man müsse, so Söder, ein "atmendes System" entwerfen.
Das Wohl der Menschen oder doch eher fehlende Kapazitäten für PCR-Tests und ein Erhalt der kritischen Infrastruktur – was ist der Treiber hinter der politischen Führung in der Omikron-Welle?
Die Situation erfordere es laut Franziska Giffey (SPD), zielorientiert und pragmatisch vorzugehen. Es brauche fortan drei Dinge: "Die geänderten Quarantäneregeln, eine veränderte Kontaktnachverfolgung und ein verändertes Testregime."
Unerwartet unverhofft kam für die Politikerin und den Politiker in der Runde jedoch die Verkürzung des Genesenen-Schutzes von sechs auf drei Monate durch das Robert-Koch-Institut.
Sowohl Markus Söder als auch Franziska Giffey mussten zugeben: "Es hat uns alle ein wenig überrascht." Überzeugt davon schienen beide nicht zu sein. Und doch freuen sich Giffey und Söder über den Nebeneffekt der neuen Regelung: Die Booster-Kampagne wird angetrieben.