Eine Sendung der gesellschaftlichen Abgründe bei "SternTV" am Mittwochabend. Moderator Steffen Hallaschka leitete mit einem Klagelied über maue Wirtschaftsprognosen für das restliche Jahr 2024 die Show ein. Konsequenzen dessen zeigte die RTL-Redaktion mit einem Besuch in zwei Pfandleihhäusern: "Oma braucht Geld", sagte ein Kunde in einer Koblenzer Pfandleihe, der selbst sicher ist, der Altersarmut entgegenzusehen.
In der Sendung sprachen eine Staatsanwältin und der Betreiber der queeren Berliner Bar "Große Freiheit 114" über den Dark-Room-Mörder, der Schwule in Berlin 2012 in Angst und Schrecken versetzte. Anlässlich einer Anfang April veröffentlichten Netflix-Dokumentation ist der Fall wieder ins öffentliche Bewusstsein gerückt.
Barbetreiber Danijel Zarte errinerte sich im Gespräch mit Hallaschka und der Staatsanwältin an die drei Morde, die Dirk P. begangen hatte: Der Täter sei in Schutzräume queerer Männer, wie die "Große Freiheit 114", eingedrungen. Miroslav V. überlebte einen Mordversuch durch P. und führte die Ermittelnden erst auf die Spur des Serienmörders. Er habe "schieres Glück" gehabt, sagte V. im Einspieler. Schieres Glück, dass er die Überdosis K.o.-Tropfen überlebte.
Alexander, P.s erstes Opfer, starb in der eigenen Wohnung an einer Überdosis. Den zweiten Mann, Nicky M., ermordete er im Dark Room der "Große Freiheit 114". Dann der Mordversuch an V. Zehn Tage später tötete P. einen weiteren Mann. Die Mordserie dauerte drei Wochen an. Insbesondere die Boulevard-Presse stürzte sich damals auf den Mord im Dark Room.
Einem Ort, an dem, nicht nur in der Schwulen-Szene, Sexualität im Schutze der Dunkelheit und Anonymität ausgelebt werden kann. Die Medien, so Zarte, hätten damals den Opfern auch einen Teil der Schuld zu geschoben. Nach dem Motto: "Warum machen die auch so etwas?"
Staatsanwältin Kathrin Faust sagte bei "Stern TV", es sei einer der wenigen Fälle, der ihr "wirklich Angst einjagt". Und zwar wegen der Beliebigkeit der Opferauswahl. Es hätte damals jeden offen schwulen Mann in Berlin treffen können.
V.s glückliches Überleben führte Faust und die Polizei damals auf die Spur des Täters: Sie fanden ein Video von einer Überwachungskamera und die Mutter des ersten Opfers meldete sich. Sie erkannte dann auch die Jacke des Täters. Sie gehörte ihrem Sohn. Das sei der Punkt gewesen, an dem ihr klar geworden sei, mit wem sie es zu tun habe, sagte Faust.
Nach der Festnahme stellte sich heraus: P. führte ein völliges unauffälliges Leben. Er war Grundschulreferendar in Brandenburg. Doch er habe etwas "abgrundtief Böses" in sich gehabt, wie die Staatsanwältin im Verfahren ausführte.
Kaum ein Jahr nach den Morden wurde der Täter zu einer lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt. Kurz darauf begang er im Gefängnis Suizid. Die Doku soll noch weitere Hintergründe der Taten ausleuchten. Die Frage, inwieweit diese Art True-Crime übereifrige Zentrierung der Täterperspektive ist, stellt sich durchaus.
Harter Bruch zum Thema Armut in Deutschland 2024. Der Koblenzer Pfandleiher Armend Kuqi erzählt, seit Beginn der Pandemie kämen "sehr häufig" Menschen zu ihm, bei denen es am Monatsende einfach nicht mehr reicht. Pfandleihen sind also ein Indikator für steigende Armut. Ein besonders trauriger Fall sei beispielsweise ein Mann, der alles außer dem Schmuck in der Ahrtal-Flut verloren habe. Deshalb habe er alles beliehen, also bei Kuqi gegen Gebühr und Zinsen verwahren lassen und dafür einen Kredit erhalten.
Die Kosten solcher Kredite liegen deutlich über denen regulärer Banken. Doch Pfandleihhäuser müssen keine Kreditwürdigkeit überprüfen. Kann der Kunde den Kredit nicht zurückzahlen, so wird die Ware versteigert, wobei der Kunde, sind seine Schulden abbezahlt, Anspruch auf etwaige Gewinne hat.
Besonders eindringlich wird das System in einer Nürnberger Pfandleihe vorgestellt: Dort werden auch Sozialleistungsschecks umgetauscht – gegen fünf Prozent Gebühr. Davon betroffen sind Empfänger:innen von Sozialleistungen, die aus irgendeinem Grund kein Bankkonto haben.
Und davon gibt es im Land der Schufa viele. Im "Stern TV"-Studio betont Pfandleiher Kuqi, dass seine Branche nicht "machen darf, was sie will", und es durchaus Gesetze gebe, an die sie sich halten muss. Die Sendung schließt damit, dass Kuqi einer Rentnerin für 80 Euro eine Uhr abkauft.