Am 5. November 2021 ist Margot Friedländer 100 Jahre alt geworden. Die Jüdin gehört zu den wenigen Überlebenden der Shoa, die heute noch als direkte Zeugen dieser Zeit erzählen können.
Bei "Markus Lanz" sprach die in Berlin lebende 100-Jährige in ergreifender Weise darüber, wie sie erleben musste, all ihre Angehörigen im Holocaust zu verlieren und wie sie in Theresienstadt ihren späteren Mann Adolf Friedländer kennenlernte, obwohl an Liebe damals nicht zu denken war.
Die Tausenden Kinder und Jugendlichen, denen sie seit zehn Jahren ihre Familiengeschichte mitteilt, mahnt sie: "Seid menschlich."
Nach ihrer eigenen Kindheit gefragt, erklärte Margot Friedländer bei "Markus Lanz": "Sie war schön, aber kurz." Die Jüdin war gerade einmal 12 Jahre alt, als Hitler an die Macht kam. Sie habe erwachsen werden müssen in einem Alter, in dem es für junge Menschen gerade anfange, nett zu werden, so Friedländer.
Auch mit 100 Jahren treiben sie nach eigenen Aussagen die letzten Fragen und möglichen Gedanken ihrer Eltern und ihres Bruders um, die alle in Auschwitz ermordet wurden. "Ich frage mich, was waren seine letzten Gedanken, bevor er im Gas war – hat er an uns gedacht oder war er mit sich selbst beschäftigt?", lautet eine dieser Fragen, auf die Margot Friedländer gerne von ihrem Vater eine Antwort hätte.
Friedländer selbst wurde kurz vor der Befreiung und dem Ende des Zweiten Weltkrieges verraten und nach Theresienstadt deportiert, wo sie knapp überlebte.
Nachdem sie zunächst mit ihrem späteren Mann Adolf Friedländer nach New York emigrierte, kehrte sie nach dessen Tod, mit 88 Jahren, zurück nach Berlin. Seitdem berichtet sie besonders Kindern und Jugendlichen hierzulande von ihren Erfahrungen und ihrer Familiengeschichte.
Bei "Markus Lanz" äußerte Friedländer: "Ich werde es nie verstehen, wie es möglich war, dass so viele Menschen ihre Hand für sowas gegeben haben. Es waren doch Menschen, Menschen, die andere Menschen anerkannt haben. Warum?"
Ihren Zuhörern macht die Jüdin stets klar:
In der ZDF-Sendung mahnte Friedländer, wie sie auch die Kinder und Jugendlichen stets mahne: "Seid menschlich, respektiert jeden, ganz egal, welche Religion sie haben, welche Hautfarbe sie haben." Man müsse nicht jeden Menschen lieben, aber respektieren.
Ihren späteren Ehemann Adolf Friedländer traf Margot Friedländer in Theresienstadt wieder, sie kannten sich bereits aus dem Kulturbund in Berlin. Von Liebe zu ihrem Mann wollte die Jüdin bei "Markus Lanz" nur zögernd sprechen.
"Es war keine Liebe, dazu war man nicht fähig", erzählte Friedländer von ihrem Wiedersehen in Theresienstadt. Über ihren Ehemann sagte sie: "Er war ein unglaublich guter Mensch." Liebe, das sei nicht wichtig, denn die könne ja vergehen. Freundschaft und Anerkennung, das sei es, worauf es ankommt.