Deutschland hat ein Problem in der Pandemiebekämpfung. Karl Lauterbach nannte das Kind am Mittwochabend beim Namen: Es ist die große Gruppe der älteren Ungeimpften. Sie könnten die Omikron-Welle tragischer ausfallen lassen als gewünscht.
Während SPD-Gesundheitsminister Lauterbach deshalb bei "Markus Lanz" für eine allgemeine Impfpflicht wirbt, gehen zehntausende Menschen hierzulande täglich auf die Straße – aus Protest dagegen.
Die Journalistin Franziska Klemenz sieht in den Demonstrationen eine neue Qualität der Feinseligkeit gegenüber der Polizei in Sachsen. Die Bewegung der Protestierenden werde auch von extremistischen Gruppen aus dem Westen unterwandert.
Das waren die Gäste bei "Markus Lanz" am 19. Januar:
In Deutschland wurden dem Robert-Koch-Institut am Mittwoch erstmals mehr als hunderttausend Neuinfektionen an einem Tag gemeldet und dennoch, so Karl Lauterbach bei "Markus Lanz", kommen wir bisher so gut durch die Welle wie erhofft.
Noch, denn: Schon Mitte Februar könnte die Omikron-Welle dem SPD-Bundespolitiker zufolge mit mehreren hunderttausend Fällen pro Tag ihren Höhepunkt erreichen. Ein besonders Problem stellt, so Lauterbach, die große Gruppe der älteren Ungeimpften dar.
"Wenn in dieser Gruppe jeder Dritte erkranken würde, dann hätten wir innerhalb ganz kurzer Zeit eine massive Überlastung der Gesundheitskapazität", erklärte der 58-Jährige.
Nun sei der Zeitpunkt gekommen, an dem die Ungeimpften ihren Beitrag leisten sollen. "Und das ist aus meiner Sicht die Impfpflicht", verkündete der Bundesgesundheitsminister. Details dazu verriet er nicht.
Ein großer Teil der ungeimpften Erwachsenen in Deutschland stammt aus Ostdeutschland, auch aus Sachsen. Dort finden seit Wochen die größten und gewaltsamsten Corona-Demonstrationen statt. Politisch und medial ist seitdem häufig die Rede von einer neuen gesellschaftlichen Spaltung und einer neuen Feindseligkeit gegenüber der Polizei.
Journalistin Franziska Klemenz, sie schreibt für die „Sächsische Zeitung", berichtet von gesellschaftlichen Gräben, die sich teilweise durch Familien ziehen. Die sogenannten Spaziergänge in Sachsen und Corona-Demos seien von einem typischen Freund-Feind-Denken geprägt.
Besonders die Polizei stehe – im Gegensatz zu früheren Pegida-Demonstrationen – im Fokus der Anfeindungen und Angriffe: "Die Polizei ist jetzt der Feind", stellt sie fest. Klemenz beschrieb die Situation als "apokalyptisch".
Die Proteste gegen die Corona-Politik der Regierungen und eine mögliche Impfpflicht werfen die Frage auf, ob eine allgemeine Impfpflicht die Spaltung im Land verstärken könnte. Laut Extremismus-Forscher Matthias Quent hat die Corona-Pandemie keinesfalls zusätzlich zu gesellschaftlichen Spaltungen geführt.
"Es sind Spaltungen viral geworden, die schon vorher da waren", sagte Quent vielmehr. Der Professor für Soziologie von der Hochschule Magdeburg-Stendtal warnt gar davor, Corona für Spaltungen im Land verantwortlich zu machen. Diese lägen in einer lange währenden, massiven sozialen Ungleichheit begründet.
Diese Phänomene sind in der Dimension neu. Die Strukturen, die Narrative, die Erzählungen, das Misstrauen dahinter, das ist gewachsen und wurde systematisch aufgebaut, erklärt Quent.
Er forderte die Zivilgesellschaft mit Blick auf die zunehmende Gewalt gegen die Polizei in Sachsen sowie den steigenden Hass gegen Politikerinnen und Politiker auf, eine rote Linie zu ziehen. Matthias Quent fordert: "Es braucht einen Aufstand der Anständigen!"
Ob eine allgemeine Impfpflicht eingeführt wird oder nicht, da waren sich im Studio letztlich alle einig, wird gesellschaftliche Spaltungen im Land weder neu erzeugen noch beheben.