Die Lieferung von schweren Kampfpanzern an die Ukraine wird derzeit derzeit heftig diskutiert. Bundeskanzler Olaf Scholz kann sich nicht entscheiden. Was dauert da so lange und wann kann mit einer Lieferung gerechnet werden? Während europäische Politiker überlegen, sterben die Menschen in der Ukraine.
Am 22. Januar im Studio bei "Anne Will":
Der Druck auf den neuen Verteidigungsminister Boris Pistorius ist hoch. Beim Treffen der Ukraine-Unterstützer:innen in Ramstein sollte eine Entscheidung für die Lieferung der schweren Kampfpanzer "Leopard 2“ getroffen werden. Der Leopard 2 ist ein Kampfpanzer aus deutscher Produktion und wurde bereits von vielen europäischen Partnern in Kriegen eingesetzt.
Es wird gezögert: "Es gibt dazu kein einheitliches Meinungsbild", äußert Pistorius nach der Ramstein-Konferenz. Er ist im Studio zugeschaltet und kann auch hier nur halbwegs auf die Fragen der Moderatorin eingehen. Man wolle einen Alleingang verhindern, man sei sich nicht einig und es fehle die Abstimmung mit dem transatlantischen Partner, den USA. Pistorius erläutert:
Pistorius betont, die aktuellen Ereignisse in der Ukraine, die russischen Kriegsverbrechen und die humanitäre Situation forderten Deutschland sowie seine Verbündeten und Partner dazu auf, die Ukraine weiter mit Ausrüstung und Waffen zu unterstützen. Rund 3,3 Milliarden Euro habe Deutschland bislang dafür aufgewendet. Das Frühjahrspaket für die Ukraine habe einen finanziellen Umfang von rund einer Milliarde Euro.
Kampfpanzer will Deutschland aber bisher nicht liefern. "Wie viel Zeit will und darf sich Deutschland noch leisten? Was sind die Konsequenzen des Nichthandelns?", möchte die Moderatorin von Pistorius wissen. Schuldzuweisungen würden jetzt niemandem helfen, antwortet dieser. "Es geht hier um die Frage der Abwägung von Konsequenzen von Nichthandeln, aber auch genauso von Handeln."
Der SPD-Parteivorsitzende Lars Klingbeil ist im Studio und unterstützt das Bedenken des Kanzlers: "Das ist eine historische Phase. In 30 Jahren wird man zurückblicken und darüber sprechen. Und die Verantwortung dafür trägt Olaf Scholz."
Klingbeil beklagt sich oftmals über Debatten, die von der Öffentlichkeit ausgetragen werden. Meistens zum Nachteil seiner Partei. Die "schrillen Töne" der Debatte um die vermeintliche Handlungsunfähigkeit des Kanzlers nerven ihn. "So eine Entscheidung muss man wohlüberlegt im Kanzleramt treffen."
Die Zeit dazu habe Deutschland nicht, entgegnet ihm der Militärexperte Sönke Neitzel. "Was gibt es da noch abzuwägen? Was bringt Herrn Scholz zum Zögern?", fragt er und wirft dem Kanzler vor, keine Argumente für sein Nichthandeln zu haben. Man wolle nicht zur Kriegspartei werden und keinen Atomkrieg provozieren, zitiert Klingbeil den Kanzler. "Es ist doch Quatsch, dass wegen so alten Panzern ein Atomkrieg kommt", kontert Neitzel.
Das Netz stellt sich auf die Seite des Militärexperten:
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter hat ebenfalls kein Verständnis für das Abwarten und Hinausschieben dieser wichtigen Entscheidung. Deutschland habe eine Verantwortung und diese müsse getragen werden, äußert er immer wieder. An erster Stelle müsse man der Ukraine beistehen.
Darüber hinaus würde man mit der Lieferung ein klares Signal an Russland senden und der Ukraine dabei helfen, weiter Gebiete zurückzuerobern, zählt Kieswetter als Argumente für die Lieferung auf. "Die Entscheidung muss schnell kommen. Weil noch nichts geliefert wurde, wird Olaf Scholz in Russland schon als Star gefeiert, man will ihm einen Orden erteilen, ironisch natürlich", berichtet er.
"Es entsteht ein falsches Bild", widerspricht Klingbeil, "Deutschland ist unter den ersten Plätzen, was die Hilfe für die Ukraine angeht. Ich bitte darum, dass man jetzt nicht so tut, als würde man die Ukraine im Stich lassen."
"Wieso kommt es denn so rüber?", stichelt Will. Und wieder gerät der SPD-Politiker in Erklärungsnot und weicht auf den Klassiker aus: "Scholz überlegt im Kanzleramt und handelt intern." Man müsse besser in "Szenarien" denken, führt er weiter aus. Keiner wisse nämlich, zu was Putin fähig ist und wie er auf die Lieferungen reagieren wird:
Neitzel stimmt zu, lässt aber nicht locker. Der Krieg werde noch lange dauern, warnt er. Man müsse alte sowjetische Panzer mit Neueren aus dem Westen ersetzen. "Wir haben gar keine andere Wahl als zu liefern. Damit es die Ukraine nächstes Jahr noch gibt."