"Es war kein dolles Jahr", leitet Dieter Nuhr seinen kabarettistischen Jahresrückblick in der ARD ein. Und kommt auch gleich zur Sache – seiner eigenen.
Die rheinische Frohnatur war zuletzt mit Scherzen über die Klimaaktivistin Greta Thunberg angeeckt. Zum Beispiel kündigte er an, seiner Tochter, die sich auch fürs Klima engagiert, dann im Winter mal den Strom im Kinderzimmer auszustellen.
Ob er das tatsächlich umgesetzt hat, verrät Nuhr nicht, seinen Witz findet er aber nach wie vor gut und lustig. Denn der würde doch die Widersprüche und die Komplexität des Themas aufzeigen. Den Shitstorm, der in der Folge über ihn hereinbrach, fand er dagegen nicht so witzig. Comedian Jan Böhmermann empfahl unlängst ja sogar, ihm mal die "Fresse zu polieren".
Dieter Nuhr sprach sich für ein "Menschenrecht auf unbedachte Äußerungen" aus. Sein Rundumschlag an diesem Abend lässt ahnen, dass er dieses weiterhin kräftig in Anspruch zu nehmen gedenkt. Er bezeichnet Shitstorms als die "digitale Pogromstimmung der aufgepeitschten pöbelnden Masse" und das sei das Gegenteil einer offenen Gesellschaft.
Jeder, der gerade noch Datenvolumen übrig hat, würde sich in Kommentaren schnell mal zum Oberlehrer aufspielen. Wenn solche Kommentare jeweils 5 Cent kosten würden und die User zum Freischalten dann noch an die nächste Straßenecke laufen müssten, wie einst zum Briefkasten, würde es sicher schnell ruhiger.
Apropos Post. Die Deutsche Post hat eine Studie veröffentlicht („weil die ja nichts zu tun haben“), den Glücksatlas 2019. Und in dem stellt sich heraus, dass die Deutschen so glücklich wie nie sind. 71,4 Prozent glückliche Landsleute sind wohl der bislang höchste gemessene Wert. Woher das auf einmal kommt? In den Medien würden ja immer nur im Negatives und Katastrophen gezeigt und Menschen, denen es daher schlecht geht, sagt Nuhr.
Da muss der Zuschauer oder Leser zu dem Schluss kommen, dass er weit und breit der einzige ist, dem es gut geht – und das macht ihn dann wohl glücklich, so Nuhrs Analyse. Die höchsten Glückswerte verzeichnet im Übrigen die Gruppe der "Verwitweten mit neuem Partner". "Bitte! Alles, was Sie jetzt denken ist verboten", beschwört Nuhr sein Publikum da sicherheitshalber. "Trennen reicht", denn am zweitglücklichsten sind die "Geschiedenen mit neuem Partner".
Zum Ende der Sendung kommt Nuhr noch einmal auf den Dauerbrenner Klimawandel zurück. Er zweifle nicht daran, aber er fände den Umgang damit "gruslig". Kein Zweifel an den Problemen, aber an denen, die sie lösen wollen. Und auch Greta Thunberg bekommt noch einmal ihr Fett weg.
In ihrer New Yorker Rede hatte sie den Staatsoberhäuptern "How dare you" entgegengeschleudert, unter anderem, weil sie ihr die "Kindheit gestohlen" hätten. Nuhr hätte besser verstanden, wenn ein 11-Jähriger aus Bolivien, der in einer Mine arbeitet, diesen Satz geäußert hätte. Greta würde auf Wissenschaft setzen, das täte er auch. Aber im Gegensatz zu ihr nicht nur auf Klimaforschung, sondern auch auf Wirtschaft- und Geschichtswissenschaften.
Die Maßnahmen, die für das Klima getroffen werden sollen, müssten im globalen Zusammenhang gesehen werden und dürften zum Beispiel nicht den Rückfall in Armut für Millionen von Menschen bedeuten, findet der Comedian. Nuhr hofft auf eine "rationale Zukunftsplanung" und entlässt uns dann mit den besten Wünschen fürs neue Jahr.