Joey Kelly ist nicht nur Sänger und begeisterter Extremsportler, der 50-Jährige setzt sich auch seit Jahren für sozial Benachteiligte ein. Gemeinsam mit "Stern TV" lud Kelly zehn Suchtkranke zu einem gemeinsamen Segeltörn durch die Ostsee auf seinem Schiff, der Santa Barbara Anna, ein.
Mit 16 Jahren heroinabhängig, mit 13 Jahren im Heim, jahrelang spielsüchtig: Das sind die Geschichten, die sich Joey Kelly von seiner Crew anhört. Der Sänger wirkt gefasst und gleichzeitig geschockt, schließlich ist der Kampf gegen die Sucht ein lebenslanger.
Bevor es aber aufs Schiff geht, ist Joey im berüchtigten Frankfurter Bahnhofsviertel unterwegs. Junkies sieht man hier einige, die Polizei ist gefühlt machtlos. Joey Kelly war schon vor einem Jahr dort und hat mit Süchtigen gesprochen. Seine bittere Bilanz: "Ich habe das Gefühl, es ist noch schlimmer geworden."
Mit der 35-Jährigen Kristina kommt Joey tiefer ins Gespräch – Sie ist Crack-süchtig und in einem schlechten gesundheitlichen Zustand. Mehrmals versichert sie Joey, einen Entzug machen zu wollen, um mit ihm nach Marburg in eine gemeinnützige Einrichtung für Suchtkranke zu gehen.
Joey bucht ihr ein Hotel, doch am nächsten Morgen folgt die böse Überraschung. Völlig benommen und nicht ansprechbar liegt Kristina auf dem Bett. Joey entscheidet sich dazu, den Notarzt zu rufen. Ins Krankenhaus will Kristina aber nicht. Geschockt sagt er:
Dann tritt er seine Reise nach Marburg allein an.
Um sich besser in die Lage seiner Mitreisenden zu versetzen, will Joey vier Tage auf dem Bio-Hof "Fleckenbühl" verbringen. Der gemeinnützige Verein bei Marburg bietet Erwachsenen und Jugendlichen mit Suchtproblemen einen geregelten Alltag mit festen Strukturen und Regeln. Jeder, der sich der Gemeinschaft anschließt, darf so lange bleiben, wie er möchte. Viele bleiben über Jahre. Die Voraussetzung: Konsequente Rauschgift-Abstinenz.
Auf dem Hof leben 120 Bewohner:innen, einer von ihnen ist Sergej. "Ich habe mit zwölf Jahren angefangen zu konsumieren. Mitte zwanzig war die schlimmste Zeit, wo ich auch echt vier, fünf Flaschen Wodka täglich konsumiert habe", erzählt der 35-Jährige. Joey Kelly ist fassungslos, fragt lieber noch einmal nach: "Wie viel?" Sergej wiederholt: "Fünf Flaschen Wodka."
Einen Grund zum Trinken habe er immer gefunden. Mittlerweile lebt er seit neun Monaten in der gemeinnützigen Einrichtung "Die Fleckenbühler" und seine Sucht beschäftigt ihn weiterhin.
"Ich denke immer noch jeden Tag an Alkohol und habe immer noch jeden Tag Suchtdruck", berichtet Sergej. Solange der Suchtdruck da ist, wolle er auf jeden Fall auf dem Bio-Hof bleiben. Die strengen Regeln in der Einrichtung helfen ihm dabei, sich ein neues Leben aufzubauen.
Geschätzt zehn Prozent der Neulinge bleiben clean. Sport ist in der ersten Zeit untersagt – zu groß die Sorge, dass eine Suchtverlagerung stattfinden könnte. Stattdessen sollen Arbeit und feste Zeiten den Tag der Bewohner strukturieren. "Entweder man fügt sich, oder man ist nicht mehr hier", so Joey.
Der Hof finanziert sich aus einer Mischkalkulation, zum Teil auch durch den eigenen Hofladen und Spenden. Die Leiterin des Hofladens, Angie, war vor Jahren ebenfalls drogenabhängig: "Ich hatte so meine Probleme dadurch und deswegen bin ich auf dem Hof." Inzwischen lebt sie gemeinsam mit ihrem Sohn auf Fleckenbühl – auch das ist möglich. "Ich habe auf jeden Fall früher die Kellys gehört… Ich finde das toll, dass du da bist", freut sich Angie.
Nach vier Tagen endet Joeys Ausflug nach "Fleckenbühl". Zehn Bewohner nimmt er mit nach Rostock, um einen Segeltörn nach Dänemark zu unternehmen. Die Crew um Joey Kelly besteht aus neun Jungs und einem Mädchen.
1993 hat Joey Kelly die Santa Barbara Anna gekauft, benannt ist sie nach seiner früh verstorbenen Mutter. Mehrere Tage verbringt Joey gemeinsam mit seinen Schützlingen auf See. "Es wird hart bei dem Wellengang und dem Wind. Wir werden die ganze Nacht durchsegeln", erklärt Joey. Auf dem Schiff herrscht Schichtbetrieb, während die einen schlafen, arbeiten die anderen. Das klappt gut. Nach drei Tagen kommt das Schiff in Dänemark an.
An Land gilt es für die Suchtkranken, immer wieder neuen Versuchungen zu widerstehen. Kneipen und Restaurants zum Beispiel, in denen es Alkohol gibt. Die harten Regeln aus Fleckenbühl gelten auch außerorts. Zwar gibt es keine Ausbrüche, doch Joey Kelly ist sich am Ende sicher: "Ich glaube, dass die Hälfte vielleicht leider wieder zurück rutschen werden." Das hat jeder selbst in der Hand.