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"Markus Lanz": Thomas de Maizière räumt Fehler in der Russland-Politik ein

Thomas de Maizière sprach nun bei "Lanz" über die deutsche Russland-Politik der letzten Jahre.
Thomas de Maizière sprach nun bei "Lanz" über die deutsche Russland-Politik der letzten Jahre.Bild: ZDF
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"Markus Lanz": Thomas de Maizière räumt Fehler in der Russland-Politik ein

29.04.2022, 08:0029.04.2022, 08:09
Bleranda Shabani
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Der Bundestag stimmt für die Lieferung harter Waffen an die Ukraine. Dieser Entschluss wirft Fragen in der Intention der Bundesregierung auf. In dieser Sendung diskutiert Markus Lanz mit seinen Gästen über die Rationalität politischer Entscheidungen, die Bundeswehr und den Wandel der deutschen Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Vergangene politische Vorgänge werden ebenfalls aufgegriffen. Beim letzten Punkt gibt es eine interessante Erkenntnis des ehemaligen Verteidigungsministers.

Im Studio anwesend:

  • Thomas de Maizière, ehemaliger CDU-Abgeordneter und Verteidigungsminister von 2011 bis 2013
  • Claudia Major, Sicherheitsexpertin und Leitung der Stiftung Wissenschaft und Politik
  • Alice Bota, Journalistin und Moskau-Korrespondentin
  • Wolfram Weimer, Verleger und Publizist

"Die Ukraine hat keine Zeit"

Zu Beginn der Sendung berichtet die Journalistin Alice Bota von der aktuellen Lage in Mariupol. Dort gebe es derzeit eine Lagerhalle, in der über 100 Zivilisten gefangen seien. Sie würden ohne Wasser und Essen auskommen müssen. Es gebe keinen humanitären Korridor, um die Gefangenen da rauszuholen: "Die Menschen harren monatelang in irgendwelchen Kellern." Unter den Zivilisten in der Ukraine herrsche eine große Enttäuschung von Europa. Außerdem macht sie deutlich, dass die Ukraine keine Zeit habe.

Jeder Tag ohne jegliche Entscheidungen der Bundesregierung sei ein schmerzhafter Tag für die Ukraine. Der ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Thomas de Maizière schließt sich der Aussage an und äußert sich entsetzt über die aktuelle Herangehensweise der Koalition. Er nennt die Kommunikation und die Handlungen der Politik einen "großen Schaden".

Alice Bote berichtet von der aktuellen Lage in Mariupol.
Alice Bote berichtet von der aktuellen Lage in Mariupol.Bild: ZDF

Abschreckung als Strategie

Bundeskanzler Scholz bleibt Thema und wird für seine Äußerungen in einem "Spiegel"-Interview kritisiert. Er habe in dem Interview geäußert, dass er alles tun würde, um eine Eskalation und einen Atomkrieg zu verhindern. Die Anwesenden sind sich einig: Man müsse die Bevölkerung jetzt vor einer Panikmache hüten und politisch mehr dafür tun, dass es wirklich nicht zu einer Zuspitzung des Krieges kommt. In diesem Zusammenhang erläutert die Sicherheitsexpertin Claudia Major die Hintergründe der Abschreckungsstrategie, welche von westlicher und russischer Seite genutzt werde. Eine Warnung vor nuklearen Waffen solle für Unsicherheit im Westen sorgen.

Wissenschaftlich betrachtet habe diese Abschreckung in der Vergangenheit immer hervorragend funktioniert. Die Abschreckung sei eine gängige Kriegsverhinderungsstrategie: "Eine Eskalation mit der Nato ist für Russland genauso unattraktiv wie eine Eskalation mit Russland für den Westen." Aus russischer Perspektive sei ein enormes Bedrohungspotential vorhanden.

"Jeder Konflikt mit einer Atommacht ist gefährlich. Das sollte man gar nicht klein reden. Aber wir sollten uns auch vor einer Panikmache hüten, denn einer der Gründe, warum er von dieser nuklearen Erpressung spricht, ist, dass man die westlichen Staaten und die Öffentlichkeit einschüchtern möchte."
Claudia Major
Claudia Major analysiert in der Sendung die rhetorische Macht der Politik über nukleare Waffen.
Claudia Major analysiert in der Sendung die rhetorische Macht der Politik über nukleare Waffen.Bild: ZDF

"Unechte Symbolpolitik der Koalition"

Der Publizist Wolfram Weimer äußert seine Kritik und Bedenken bezüglich des Beschlusses über die Lieferung von schweren Waffen an die Ukraine. Die Militärpanzer "Geparden", welche der Ukraine bereitgestellt werden sollen, würden der Ukraine in ihrer Situation nicht weiterhelfen. Der Beschluss sei eine "reine politische Nebelkerze", denn die Geringfügigkeit und Sinnlosigkeit der Waffen sei bekannt. Es sei absurd, diese Waffen zu liefern, so Weimer.

"Der Gepard ist bereits vor zehn Jahren ausgemustert worden und steht auf irgendeinem Schrottplatz. Die brauchen wochenlang, um hergerichtet zu werden. Darüber hinaus benötigt man viele Wochen zur Ausbildung. Wir haben gar keine Munition. Die Schweiz hat die Lieferung der Munition untersagt. Die nutzen der Ukraine rein gar nichts. Das wurde nur entschieden, um in Ramstein und in der Öffentlichkeit zu sagen, die Deutschen tun jetzt doch etwas."
Wolfram Weimer

Thomas de Maizière stimmt in Bezug auf die Überflüssigkeit der Panzer überein. Daraufhin ergreift Claudia Major das Wort und kritisiert die allgemeine Handlungsweise der Politik. Es würde immer nur überlegt werden, was jetzt getan werden muss. Man müsse vorausschauend handeln. Sie fordert eine langfristige Koordination, um der Ukraine tatsächlich helfen zu können.

Wolfram Weimer lehnt die Lieferung der "Geparden" ab.
Wolfram Weimer lehnt die Lieferung der "Geparden" ab.Bild: ZDF

Die Bundeswehr und die Verteidigungsfähigkeit

"Wie kann es sein, dass die Bundeswehr so schlecht ausgestattet ist?", fragt der Moderator den ehemaligen Verteidigungsminister, der, unter anderem, die Verantwortung für diesen Zustand trägt. Thomas de Maizière lenkt auf die Rüstungsindustrie. Viele Lieferungen für die Bundeswehr seien an der Rüstungsindustrie gescheitert. Als Beispiel nennt er den "Puma", einen Schützenpanzer.

Dass dieser so schlecht in die Bundeswehr integriert wurde, sei die Schuld der Industrie. Sicherheitsexpertin Major ergänzt, dass der Zustand der Bundeswehr das Produkt von Mangel und Fehlmanagement des Geldes sei. Die politischen Vorgaben, die sich oftmals widersprechen würden, seien ebenfalls schädlich für eine gelungene Formierung der Bundeswehr. Außerdem erläutert sie das Zusammenspiel von Bundeswehr, Ministerium und Industrie: "Alle wollten irgendwie mitreden und das Produkt davon sind die vielen Probleme in der Bundeswehr." Man müsse sich darauf konzentrieren, ein Militär aufzubauen, das keine Angriffskriege führt, sondern das verteidigt, was man in Europa aufgebaut habe.

"Es wird nicht gehen, dass wir die Bundeswehr ausrüsten und währenddessen der Ukraine helfen. (...) Wir haben die Bundeswehr marginalisiert in unserem Bewusstsein. Das bedeutet, dass wir Landes- und Bündnisverteidigung wieder ernst nehmen müssen und dass wir lernen, was Landesverteidigung heißen könnte."
Thomas de Maizière

Nord Stream 2, ein historisches Versagen?

Es werden nicht nur die aktuellen politischen Entscheidungen besprochen, sondern auch vergangene, die in indirekter Verbindung zur heutigen Außenpolitik stehen: Nord Stream 2, ein Geschäft des Altkanzlers und Lobbyisten Gerhard Schröder. Wolfram Weimer äußert sich entsetzt, über die Abwicklungen im Nord Stream 2 Prozess: "Es war die erfolgreichste und korrupteste Lobbyaktion in der Bundesrepublik Deutschland." Es sei einer der größten Skandal der deutschen Geschichte, denn Schröder verdiene jedes Jahr Millionen mit Gazprom und pflege eine gute Freundschaft mit Putin.

Thomas de Maizière räumt diesen Fehlschluss aus der Vergangenheit ein: "Es war ein Fehler, da stimme ich zu. Die Annexion der Krim hätte ein Wendepunkt sein müssen. Putin redet nicht nur nur von großrussischen Träumen, sondern er macht es. Und wenn er es jetzt macht, wird er es auch weiter machen." Es herrscht Einigkeit im Studio. Zum Schluss hinterfragt Markus Lanz den Begriff "Fehler". Er würde dies eher ein "historisches Versagen" nennen.

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