Es ist eine in vieler Hinsicht spezielle Folge, zur Krönung von Charles Windsor, die das "ZDF Magazin Royale" am Freitagabend brachte. Das Studio in Ehrenfeld wurde gegen einen pastellrosafarbenen Salon getauscht und Carolin Worbs und Jan Böhmermann moderierten im Doppel. Keine Tischnummer dieses Mal, sondern mehr und weniger humorvolle Einspieler. Im Lauf der Sendung machte sich Böhmermann auf den Rückweg zu seinen Wurzeln: Den neuen britischen König sprach er als "Charles III. Verteidiger des Mundgeruchs, Herzog Wurstfinger von Schloss Inzucht und nobler Mörder von Diana Spencer" an.
"Pervers, verlaust und zoophil – Recep Fritzl Priklopil. Sein Kopf so leer wie seine Eier, der Star auf jeder Gangbang-Feier", trug er 2016 noch auf ZDFneo vor und handelte sich eine Anzeige wegen Majestätsbeleidigung ein. Der Straftatbestand wurde 2018 abgeschafft und der Buckingham-Palast mit seiner Kommunikationspolitik sich nie zu erklären und auch nie zu beschweren, wird ihm das kaum nachtragen.
Im Gegensatz zum Schmähkritik-Gedicht war es auch nicht inhärent rassistisch. Mal sehen, ob sich im Vereinigten Königreich etwas regt, insbesondere da er das nationale Heiligtum Diana Spencer, um deren Unfalltod sich Verschwörungserzählungen Ranken, mit hineingezogen hat.
Ganze fünf Minuten dauert es, bis der erste Brite im Interview mit Carolin Worbs den ersten revisionistischen Witz reißt. Worbs ist für einen Einspieler am Tag der Krönung nach London gefahren. "Wir haben einmal versucht, die ganze Welt britisch zu machen, aber dann haben sie uns das wieder weggenommen", meint der interviewte Engländer. Britischer Humor oder unreflektiertes Verhältnis zum kolonialen Erbe. Das Union-Jack-Sakko des Mannes ist vielleicht ein Hinweis auf Letzteres. Bei den Monarchen lässt Worbs wenig Gags liegen, als sie sich am Krönungstag in London herumtreibt.
Den Antimonarchisten hätte man sicher noch die ein oder andere Punchline entlocken können. Hätte sie ihnen mal eine Frage gestellt und nicht nur royalistisches Cheerleading betrieben. Aber wenigstens krankt dieser Einspieler nur an vergebenen Chancen.
Leicht anarchisch war der Blick von Miguel Robitzky hinter die Kulissen des Medienrummels rund um die Krönung. Als Adelsexperte Freiherr Steffen Glamour von Bickendorf schlich er sich im Auftrag von Böhmermann in niederländische Livenachrichten und hüpfte dem Zentralorgan der US-Rechten Fox News vor die Kamera.
Robitzkys Stück fängt wie Worbs die "fiebrig aufgeregte Stimmung", wie es die London-Korrespondentin der ARD Anette Dittert nennt, ein. Robitzky nennt es "reich aber inzüchtig, statt arm, aber sexy". In die Kategorie Anarchocomedy fällt auch die Mockumentary zur Geschichte Großbritanniens, die das Verhältnis zwischen Deutschen und Brit:innen auf Jürgen Klopps Auswanderung herunterbricht: "Wir schenken ihnen zum Dank für die Industrialisierung unser bestes Pferd im Stall." Die Industrialisierung begann selbstverständlich damit, dass James Watt mit Hitzeblick eine Bong angezündet hat.
Eine eigene Würdigung verdient das Moderationsduo. Worbs und Böhmermann nehmen so gut wie jede Referenz zu antifeudalen Revolutionen mit. Sie setzen so einen satirischen Punkt gegen die mediale Selbstunterwerfung gegenüber einem "verkommenen System aus dem Mittelalter", wie Worbs sagt. Die beiden stehen im "Nazi-Kostümlager von Prinz Harry", wie Worbs den Salon nennt, und "fegen die letzten Pointen zusammen". Worbs gelingt das besser als Böhmermann.
Sie steigt mit einer langen, doppelbödigen Passage, die mit "der ganze Adel gehört bei nächster Gelegenheit enthauptet" endet ein. Böhmermann spielt den monarchistischen Gegenpol und wird auch zunehmend zum Klischee des alten weißen Mannes, die Stelle läuft auf eine sehr unangenehm ironisch-erzwungene Anmoderation seines Anti-ESC-Tracks "Allemagne Zero Points" hinaus.
Davor zieht sich ein böhmermannzentrischer Beitrag im Stile der "Aspekte"-Sendung voller Anspielung auf die Londoner Musikszene doch gefühlt länger hin, als die realen vier Minuten. Herauszuheben ist der Gastauftritt von Ross Antony, der in der Sendung als Ed Sheeran erscheint – inklusiver Tattooärmel
Das Ganze mündet in den Song, den Böhmermann bereits diese Woche veröffentlicht hat, der sich mit dem kollektiven Trauma des deutschen Bildungsbürgertums auseinandersetzt: Das ständige Versagen beim Eurovision Song Contest.